• 02.11.2023 20:57

  • von Ruben Zimmermann, Co-Autoren: Jonathan Noble, Filip Cleeren

Vor Brasilien: FIA schiebt Gebummel am Boxenausgang einen Riegel vor

Nachdem es in Mexiko im Qualifying wieder Ärger um Blockaden am Boxenausgang gab, hat Rennleiter Niels Wittich solche Aktionen nun eindeutig für illegal erklärt

(Motorsport-Total.com) - Seit einigen Rennen kommt es in der Formel 1 im Qualifying immer wieder vor, dass Fahrer den Boxenausgang blockieren. Zuletzt in Mexiko gab es deswegen sogar mehrere Untersuchungen gegen Max Verstappen, George Russell und Fernando Alonso.

Titel-Bild zur News: Oscar Piastri

Zu solchen Szenen am Boxenausgang soll es in Zukunft nicht mehr kommen Zoom

Letztendlich wurden alle drei Piloten freigesprochen, doch im Fahrerlager wurden trotzdem Nachbesserungen gefordert, um ähnliche Szenen in Zukunft zu vermeiden. Genau das ist vor dem Großen Preis von Brasilien an diesem Wochenende nun passiert.

In Zukunft ist es den Fahrern explizit untersagt, in der sogenannten "Fast Lane" am Boxenausgang anzuhalten. In den "Event Notes", die Rennleiter Niels Wittich vor jedem Grand Prix herausgibt, heißt es in Punkt 14 wörtlich:

"As per article 33.4 of the Formula 1 Sporting Regulations, drivers are not allowed to go unnecessarily slow, that includes stopping a car in the fast lane of the pit lane. During Shootout and Qualifying, drivers may create a gap between the pit exit lights and the SC2 line."

"Any driver who wishes to do so must drive as far to the left as possible to allow other drivers to pass them on the right side of the pit exit road."

Klarstellung eliminiert eine Grauzone

Übersetzt bedeutet das, dass es in Shootout und Qualifying ab sofort untersagt ist, in der Boxenstraße anzuhalten. Wenn ein Fahrer anhält, dann darf er das erst hinter der Boxenampel (und vor der zweiten Safety-Car-Linie) tun und muss dabei zudem so weit links wie möglich halten.

Das soll es anderen Piloten ermöglichen, ihn rechts zu überholen, damit kein Stau entsteht. Diese eindeutige Klarstellung schließt eine Grauzone, die zuvor existiert hatte. Auf diese hatten die Rennkommissare in Mexiko selbst aufmerksam gemacht.

Denn im Urteil der Fälle Verstappen, Russell und Alonso erklärten die Stewards jeweils: "Wir stellen fest, dass an die Fahrer gegensätzliche Anforderungen gestellt werden. Sie müssen die Mindestzeit einhalten, sie müssen versuchen, überschaubare Lücken zu den vorausfahrenden Fahrzeugen zu schaffen, aber sie müssen auch vermeiden, unnötig an der Boxenausfahrt anzuhalten oder unnötig langsam zu fahren."

Wegen dieser nicht eindeutigen Sachlage sah man in Mexiko von einer Strafe gegen die betroffenen Piloten ab. Mit der Nachschärfung von Rennleiter Wittich ist nun klar: Wer am Ausgang der Boxengasse anhält und andere Piloten aufhält, der muss mit einer Strafe rechnen.

Kern des Problems ist die vor einigen Rennen eingeführte maximale Rundenzeit, die die Piloten im Qualifying (und dem Shootout) nicht überschreiten dürfen. Diese sollte eigentlich verhindern, dass die Fahrer auf der Strecke selbst zu sehr bummeln.

Weniger Gebummel im letzten Sektor, aber ...

Doch gleichzeitig entstand damit das neue Problem am Boxenausgang, weil viele Fahrer ihre Lücke zu den anderen Autos seitdem dort lassen. McLaren-Teamchef Andrea Stella forderte deshalb bereits in Mexiko: "Ich denke, dass sofortige Maßnahmen ergriffen werden müssen."

"Es macht den Betrieb sehr schwierig, weil man sein Auto [aus der Box] schickt und nicht weiß, wann es auf die Strecke kommt. Und es macht alle Fahrer zu sehr von der Gnade der anderen Piloten abhängig. Und das empfinde ich als unfair", so Stella.


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Die Situation sei "unangemessen", kritisierte er, und auch die Piloten selbst sehen es ganz ähnlich. Max Verstappen betonte bereits vor der Klarstellung, dass die Fahrer wegen der maximalen Rundenzeit nur noch am Boxenausgang die Möglichkeit hätten, eine Lücke zu lassen.

Gleichzeitig sei die maximale Rundenzeit aber auch notwendig, weil es andernfalls "im letzten Sektor" ansonsten wieder zu gefährlichen Szenen kommen könnte. Es sei daher "ziemlich schwierig, einen guten Kompromiss zu finden", gesteht der Weltmeister.

Auch Charles Leclerc betont, dass es zuvor im letzten Sektor teilweise Situationen gegeben habe, die "verrückt" gewesen seien, weil Leute dort so stark verlangsamt hätten. Die maximale Rundenzeit sei daher "eine gute Lösung" gewesen - nur eben mit Nebenwirkungen.

Sainz: Jeder will eine Lücke von mindestens sechs Sekunden

Denn laut Leclerc geht es nicht nur um die Situationen am Boxenausgang. So entstehe auch dann ein Problem, wenn man auf die Strecke fahre und dort direkt ein anderes Auto vor einem sei, weil dann beide Fahrer versuchen würden, die Maximalzeit nicht zu überschreiten.

"Man kann keine Lücke lassen, und man muss entweder gegen das Auto kämpfen, wie ich es in Katar mit Fernando [Alonso] getan habe, oder deine Runde ist hinüber", erklärt Leclerc und fordert, dass man sich auch dieses Problem für die Zukunft ansehen müsse.

Teamkollege Carlos Sainz stimmt zu und verrät: "Wir hatten bereits einige Ideen, um es für das nächste Jahr zu verbessern." Dafür müsse man aber einige Regeln komplett ändert, erklärt er und betont: "Wir sitzen alle im selben Boot, wenn es um die Ausfahrt aus der Box geht."


Fotostrecke: Mexiko-Stadt: Die Fahrernoten der Redaktion

Das Problem sei, dass jeder Pilot immer eine Lücke von "sechs bis acht Sekunden" nach vorne haben wolle. Bei 20 Autos seien die meisten Strecken dafür aber gar nicht lang genug. "An irgendeinem Punkt wird man in Q1 oder Q2 immer Verkehr haben", betont er daher.

Lando Norris dürfte die neue Regelung gut finden, denn er erklärte bereits in Mexiko: "Alle reizen die Grenzen immer mehr aus, weil man damit durchkommt. Denn niemand wurde für irgendetwas bestraft, selbst wenn jemand im Unrecht war oder hätte bestraft werden müssen."

"Deshalb lassen die Leute nun riesige Lücken", so Norris. Zumindest am Boxenausgang ist das nun nicht länger möglich.