• 17.09.2004 10:59

Villeneuve: "Ich habe nichts zu beweisen"

Jacques Villeneuve über seine Testfahrten in Silverstone, die nächsten Schritte bei Renault, Jenson Button und das Sauber-Team

(Motorsport-Total.com) - Jacques Villeneuve ist zurück und hatte nach dem zweiten Testtag für Renault allen Grund zur Freude. Der Kanadier widmete sich am ersten Tag ausschließlich seiner Sitzposition, erst am Donnerstag arbeitete man am Setup des R24. Offenbar auch mit Erfolg, denn der Kanadier sicherte sich den dritten Rang im Tagesklassement, war nur 36 Tausendstelsekunden langsamer als Takuma Sato im BAR-Honda. Nach seinem zweiten Testtag stellte sich der Weltmeister von 1997 wiederholt den Fragen der Medienvertreter.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve zeigte sich mit den Testfahrten sehr zufrieden

Frage: "Du scheinst hier ziemlich entspannt zu sein. Wie fühlst du dich gerade jetzt?"
Villeneuve: "Ja, ich bin sehr entspannt. Es gibt ja nichts zu verlieren, nichts Negatives. Daher gibt es auch keinen Grund, nicht entspannt zu sein."#w1#

Sitzprobleme auch am zweiten Testtag

Frage: "Wurde es heute, am zweiten Testtag, einfacher?"
Villeneuve: "Heute Morgen war es schwer, weil der Sitz nicht ordentlich fixiert war. Aber zur Mittagszeit war das gelöst und dann war es fantastisch."

Frage: "Was genau war mit dem Sitz nicht in Ordnung?"
Villeneuve: "Er ist umhergerutscht. Es war, als ob ich im Sitz eines anderen (Fahrers) sitzen würde. Ich habe mich dann in den Kurven am Lenkrad festgehalten, aber so kann man nicht fahren. Jedenfalls nicht so, dass man auch das Auto spürt. Das war das Problem, so konnte ich nicht richtig arbeiten."

Frage: "Als du im vergangenen Jahr vor Suzuka aufhörtest, war da die Pause anfänglich schön?"
Villeneuve: "Was, das ganze Jahr?"

Frage: "Nein, nur zu Beginn."
Villeneuve: "Ja, das war definitiv gut. Bis dahin waren es fünf Jahre mit politischen Spielen. Nicht mit den Mechanikern oder Ingenieuren, aber mit der anderen Seite, und dabei kam immer Negatives heraus. Am Ende äußert sich das dann und die Leute erwarten, dass du etwas Negatives sagst, also werden sie das auch hören. Selbst dann, wenn du das gar nicht sagst und eigentlich positiv sein möchtest. Es war wie eine Schneekugel, die größer und größer wurde. Die Pause war daher gut und wichtig."

Villeneuve kann Buttons Wechselwunsch verstehen

Frage: "Wie lange dauerte es, bis du gedacht hast: 'Ich will wieder zurück ins Auto'? Zwei oder drei Monate? Oder vielleicht länger oder kürzer?"
Villeneuve: "Darüber habe ich nie nachgedacht. Beim Rennen in Suzuka war ich schon wieder zu Haus und habe mir das Rennen angesehen und mich gar nicht schlecht dabei gefühlt. Im Winter habe ich bei einer Mannschaft Eishockey gespielt, oder fuhr Ski. Den Adrenalinschub hatte ich also ohnehin, es war halt nur nicht auf einer professionellen Ebene sondern für meine eigene Befriedigung. Natürlich habe ich bei jedem Rennen daran gedacht, was ich wohl hätte erreichen können."

Frage: "Glaubst du, dass du in diesem Jahr ein Rennen für BAR hättest gewinnen können?"
Villeneuve: "Ich denke, dass Jenson (Button) einen fantastischen Job gemacht hat. Ich kann das nicht einschätzen, aber es wäre schwer gewesen, es besser zu machen als Jenson in diesem Jahr."

Frage: "Warum verlässt er (Jenson Button; d. Red.) dann das Team?"
Villeneuve: "Vielleicht wegen politischen Angelegenheiten gewisser Teile im Team? Ich weiß es nicht ..."

Frage: "Warst du davon überrascht?"
Villeneuve: "Ich war überrascht, weil er im Team immer Rückhalt zu haben schien. Er hat bei Williams begonnen und geht nun dahin zurück. Sehr überrascht sollte man also nicht sein. Er hat das Gefühl, dass er dort besser aufgehoben ist, und nur das zählt."

Frage: "Aber man könnte meinen, das BAR-Honda die bessere Option für das nächste Jahr wäre."
Villeneuve: "Die Dinge können sich so schnell ändern. Wenn das Team wieder politisch wurde, dann kann das viel zerstören. Das ist schade, ich hoffe, dass ist nur kurzfristiger Natur. Aber wir werden es sehen."

Villeneuve hat "nichts zu beweisen"

Frage: "Wann hast du begonnen, mit Peter Sauber ernsthaft zu verhandeln?"
Villeneuve: "In den vergangenen beiden Wochen."

Frage: "Du warst aber schon vor zwei Monaten dort, um den Windkanal zu sehen."
Villeneuve: "Ist das zwei Monate her? Wir haben da nicht gleich begonnen, das passierte erst später."

Frage: "Wie sehr warst du von der Anlage begeistert?"
Villeneuve: "Oh, der Windkanal ist sehr beeindruckend. Ich war auch von den Leuten und Peter beeindruckt, wegen der ganzen Einstellung."

Frage: "Warum kommst du zurück. Hast du noch etwas zu beweisen?"
Villeneuve: "Warum ich zurückkomme? Nun, zu beweisen habe ich nichts, aber ich bin ein Racer."

Frage: "Hast du das Rennfahren vermisst?"
Villeneuve: "Ich habe dieses Jahr (Pause; d. Red.) gebraucht. Aber ich begann es zu vermissen. Im März habe ich mit dem Training begonnen, und das ohne einen Vertrag zu haben, da vermisst man schon etwas. Ich muss es also vermisst haben, sonst hätte ich mit dem Training nicht angefangen."

Frage: "Hast du dir die Rennen im Fernsehen angesehen?"
Villeneuve: "Die meisten davon."

Villeneuve erkennt keinen Rhythmus in den Rennen

Frage: "Hast du es als langweilig empfunden?"
Villeneuve: "Ich empfand es als schwierig, wegen der Boxenstopps einen Rhythmus im Rennen zu finden. Wenn alle in Runde acht hereinkommen, und man im Rest des Rennens nur Boxenstopp auf Boxenstopp sieht, dann erkennt man keinen Rhythmus. In der Vergangenheit konnte man sehen, dass jemand zehn Sekunden verlor und 15 Runden später holte er wieder auf, weil er zum Beispiel seine Reifen besser einteilte. Das sieht man nicht mehr - man erkennt den Rhythmus nicht mehr. Ferrari war außerdem beeindruckend, nichts ist mit ihrer Art der Arbeit vergleichbar."

Frage: "Was passiert nun weiter? Du hast jetzt zwei Tage mit Renault getestet, was passiert jetzt?"
Villeneuve: "Ich denke, dass ihr das herausfinden werdet."

Frage: "Heißt das, du weiß es noch nicht?"
Villeneuve: (schmunzelt, gibt aber keine Antwort; d. Red.)

Steht das Renault-Debüt schon fest?

Frage: "Du möchtest doch aber sicher in den kommenden drei Rennen antreten?"
Villeneuve: "Darum geht es beim Testen."

Frage: "Wie groß war die Umstellung auf dieses Auto? Auch die Reifen waren dir ja unbekannt."
Villeneuve: "Es ist alles viel schneller. Ich habe von einigen Fahrern gehört, welche die Reifenmarke wechselten, dass sie bei den Wintertests nach 30 Runden eine Pause machen mussten, weil es körperlich zu anstrengend wurde. Das ist die größte Veränderung. Daher bin ich froh über diese beiden Tage und auch über mein Training. Hätte ich das nicht gemacht, dann wäre es die Hölle gewesen. Es zeigt auch, dass mein Training gut war. Sonst fährt man ja ohnehin, das ist dann auch ein Teil des Trainings. Aber ich habe das nebenher gemacht, da ist es schwer einzuschätzen, wie gut das geht. Aber es hat sich bezahlt gemacht."

Frage: "Hast du in diesem Jahr einen Grand Prix besucht?"
Villeneuve: "Nein, im Paddock habe ich nichts zu suchen. Ich bin ein Rennfahrer."

Frage: "Und als Zuschauer?"
Villeneuve: "Ich war ein Zuschauer - ein Fernsehzuschauer."

Frage: "Erwartest du für ein ganzes Rennen körperliche Probleme?"
Villeneuve: "Das ist eine er körperlich forderndsten Strecken. Wenn ich hier an den beiden Tagen zurechtkam - und wir fuhren immerhin 70 und 60 Runden - dann sollte das kein Problem sein."

Der Kanadier ist zufrieden mit beiden Testtagen

Frage: "Du bist also mit der Arbeit an den vergangenen beiden Tagen zufrieden?"
Villeneuve: "Ich bin besonders mit dem letzten Nachmittag zufrieden, weil ich begann, mit dem Ingenieur zu arbeiten. Ich habe ja seit 1996 nur mit Jock Clear gearbeitet, da musste ich mich auch erst eingewöhnen."

Frage: "Und die ganzen Knöpfe am Lenkrad und alles drumherum?"
Villeneuve: "Das war in Ordnung. Wenn man genug Computerspiele gespielt hat, dann ist das gar nichts."

Frage: "Hast du am Setup gearbeitet?"
Villeneuve: "Am Nachmittag etwas, ja. Aber nichts Großes. Gestern haben wir einfach mit dem Setup von Alonso begonnen."

Frage: "Was ist dein Eindruck vom Renault verglichen mit dem BAR?"
Villeneuve: "Das liegt zu weit zurück. Außerdem sind die Reifen und alles andere unterschiedlich. Das möchte ich nicht vergleichen."

Frage: "Aber wie schätzt du den Renault ein?"
Villeneuve: "Am Ende hat er sich wie ein richtiges Rennauto angefühlt. Gestern war er schwer zu fahren, aber wohl auch wegen mir, weil ich mich wieder an das Fahren gewöhnen musste."

Frage: "Könnte es dir helfen, dass die Strecke in China für alle neu sein wird?"
Villeneuve: "Ich weiß es nicht, dass kann man von zwei Seiten aus betrachten. Dass die Strecke für alle neu ist, ist sicher kein Nachteil. Da sie aber für alle neu ist, sollte man sein Auto und die Reifen gut kennen."