• 06.06.2002 11:02

  • von Marcus Kollmann

Villeneuve: Fahrer mit Persönlichkeit sind out

"JV" äußert Kritik an der Einstellung der Sponsoren und verrät warum ihn die Rückschläge bei BAR-Honda als Rennfahrer gefestigt haben

(Motorsport-Total.com) - BAR-Honda-Pilot Jacques Villeneuve ist der Überzeugung, dass sich die Einstellung der sich in der Formel 1 engagierenden Sponsoren im Laufe der 90er-Jahre zum Schlechten entwickelt hat, da seiner Meinung nach die Strategen in den Marketingabteilungen eindeutig die neuen jungen Piloten gegenüber den einst beliebten Fahrern mit Charakter vorziehen würden

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Villeneuve hat seinen Glauben an das BAR-Team noch nicht verloren

"Es gibt Sponsoren die vielleicht denken, dass die Fans nicht mehr glücklich sind und sich deshalb überlegen ihr Geld lieber in einen jungen Fahrer, den sie noch ihren eigenen Wünschen nach formen können, investieren. Zumindest ist das der Trend in den letzten Jahren gewesen, denn die Unternehmen wollen unbekannte Fahrer. Sie wollen ihre Marke einfach nur präsent und nicht zu sehr verbunden mit einem Fahrer sehen. Das ist nicht mehr gefragt", zitiert die englischsprachige Presse den Kanadier, der selbst als "schwierig" gilt was PR-Termine und Verpflichtungen gegenüber den Sponsoren anbelangt.

Darin sieht der 31-Jährige jedoch ein Vorurteil gegenüber seiner Person. Vor kurzem gewann ihn nämlich TAG Heuer als Werbeträger für die Sport Vision Sonnenbrillen-Kollektion und unterzeichnete einen Dreijahresvertrag mit dem Formel-1-Weltmeisters von 1997. Offensichtlich kam dieser Deal für den Franco-Kanadier zum richtigen Zeitpunkt, denn nachdem es von BAR-Teamchef David Richards zuletzt offen Kritik am hohen Gehalt, welches er an Villeneuve überweisen muss, gegeben hatte, könnte der 11-malige Grand Prix-Sieger durch die Sponsoren versuchen seinen weiteren Verbleib im Team zu sichern. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass Fahrer die Sponsoren - und damit Geld - in ein Team bringen, auch bei weniger guten Leistungen auf der Rennstrecke nicht um ihr Cockpit fürchten müssen.

Seiner Leistungen im BAR-Honda-Team seit 1999 wegen muss "JV" ganz sicher nicht um sein Cockpit fürchten, denn laut Einschätzung von David Richards liegt die zu wünschen übrig lassende Konkurrenzfähigkeit nicht am Einsatz der Fahrer. Der Brite selbst macht aber auch keinen Hehl daraus, dass ihn Villeneuve mehr Geld kostet als er eigentlich bereit ist zu bezahlen, andererseits ihm aber die Hände gebunden seien und der Kanadier doch eigentlich ein besseres Auto verdient hätte.

Auch wenn sich sein Festhalten am Team bislang noch nicht ausgezahlt hat, so sieht Villeneuve mangels Alternativen jedoch auch weiterhin sein Zukunft in Brackley und beschwört nach wie vor so motiviert zu sein wie 1996, als er bei Williams in der Formel 1 sein Debüt gab: "Ich habe die Lektion gelernt, dass man nie aufgeben darf. Selbst dann nicht wenn man nicht glücklich ist und die Dinge sich in die falsche Richtung entwickeln. Wenn man nämlich auf halbem Weg aufgibt, dann bleibt am Ende immer ein bitterer Nachgeschmack zurück", beschwört der 106-fache Grand Prix-Teilnehmer seinen nach wie vor ungebrochenen Willen mit British American Racing Erfolge feiern zu wollen.

Wie es um die Zukunft des 1 Meter 68 großen Piloten beim Team von David Richards bestellt ist, wird sich wohl erst in einigen Wochen zeigen. Dem Wunsch des Rennfahrers, im Team zu bleiben, steht der Wunsch des Teamchefs, der gerne mehr Geld in die Infrastruktur des Rennstalls investieren würde, gegenüber. Vielleicht finden Fahrer und Teamchef jedoch auch einen Kompromiss, mit dem beide Seiten gut leben können. Der könnte so aussehen: Villeneuve verzichtet auf Teile seines Gehaltsund BAR-Honda stellt ihm im Gegenzug endlich einen konkurrenzfähigen Boliden zur Verfügung mit dem er wieder um die Weltmeisterschaft kämpfen oder zumindest einzelne Siege erreichen kann.