• 28.01.2013 18:07

  • von Dominik Sharaf

Viele Laptops, wenig Sinn: Startvorbereitung in der Formel 1

Welchen psychologischen Nutzen das Vorstartprozedere hat und warum das Fahren von Schlangenlinien nicht genug Temperatur in die Reifen bringt

(Motorsport-Total.com) - Vielen Fans auf den Tribünen und vor den Fernsehern bleibt ihr wahrer Sinn verborgen. Doch die allsonntägliche Runde aus der Box in die Startaufstellung und die Einführungsrunde erfüllen für die Teams viel mehr Zwecke als die Sponsorenlogos zweimal rund um den Kurs zu tragen. "Das Wichtigste ist, herauszufinden, ob das Auto vernünftig eingestellt ist", erklärt Pat Symonds der Zeitschrift 'F1 Racing'. Der Ex-Renault-Technikchef und derzeitige Marussia war jahrelang selbst Taktgeber am Kommandostand.

Titel-Bild zur News: Pastor Maldonado

Für Fahrer gibt es in der Startaufstellung außer Interviews nicht viel zu tun Zoom

Wenn es maximal 30 Minuten vor dem Start zum ersten Mal auf die Strecke geht, praktiziert der Fahrer am Ende der Boxengasse zunächst einen Start. Eine Trockenübung für die Rennsituation kurz darauf ist das wegen der unterschiedlichen Beschaffenheit der Bahn und der zu diesem Zeitpunkt noch höheren Reifendrücke allerdings nicht. Es geht darum, die Funktion der Kupplung zu überprüfen. Anschließend steht im Vordergrund, die Streckenverhältnisse zu checken, allen voran bei nassen Bedingungen.

Wie ein Flugzeugpilot vor dem Start

Wenn Fahrer eine zweite Runde drehen, kann das mit dem Wetter zusammenhängen. "Sie wollen andere Linien ausprobieren oder den Intermediate-Reifen mit dem Slick vergleichen", erläutert Symonds. Ist die Piste trocken, droht bei einem weiteren Umlauf in der Regel Ungemach in Form eines technischen Problems. Sollte sich das als Fehlalarm herausgestellt haben oder behoben worden sein, wird der Formel-1-Boliden von den Mechanikern auf seinem Startplatz an Dutzenden Laptops verkabelt.

Maximal 48 Mechaniker - die von der Teamvereinigung FOTA für das gesamte Wochenende festgelegte Obergrenze - dürfen dann noch am Wagen arbeiten. "Viele davon haben keine vernünftige Aufgabe", weiß Symonds. "Sie überprüfen jeden Aspekt immer und immer wieder wie ein Pilot im Flugzeug, daher die Laptop-Sintflut." Was wirr aussieht, geschieht nach einem strikten Ablaufplan für jeden einzelnen Beteiligten. Doch das Reglement setzt enge Grenzen. Stichwort: Parc-fermé-Bestimmungen.

Gefahr von Überhitzung fast gebannt

Als früher wie wild an den Boliden geschraubt wurde, war das aber nicht unbedingt die Garantie für den Grand-Prix-Sieg. "Es war mehr ein psychologischer Effekt als ein physischer", gibt Symonds zu bedenken. Es gab ein gutes Gefühl für die Aufwärmrunde, bei der das Legen von Gummi auf dem Startplatz die finale Überprüfung aller Komponenten im Vordergrund stehen. Wieder im Fokus: die Kupplung und das Getriebe, schließlich wird jeder Gang bei vollem Gaspedaldruck durchgeschaltet.

Charakteristisch sind neben durchdrehender Reifen auch die Pendelbewegungen, die die Fahrer auf den Kilometern hinter dem Safety-Car absolvieren, um Temperatur in die Pneus zu bekommen. "Oft braucht es aber mehr als das", bemerkt Symonds. Ergo wird die Bremsbalance nach vorne verstellt und so aggressiv wie möglich verzögert. So erhitzen sich nicht nur die Reifen, sondern gleichzeitig auch die Bremsen. Für die Hinterachse funktioniert das mit maximaler Beschleunigung, was das typische Qualmen hervorruft.

Das Risiko: Wegen der relativ geringen Geschwindigkeiten in der Aufwärmrunde passiert es schnell, dass ein Auto überhitzt. "Früher war das ein größeres Problem", so Symonds. Denn mittlerweile ist es möglich, ganze Zylinder und Zylinderreihen abzuschalten, wenn nicht die maximale Leistung gefragt ist. So läuft der Bolide, wenn er an der roten Ampel wartet, nur auf vier Töpfen, was die Hitzeentwicklung drastisch reduziert.