• 13.03.2014 11:58

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Viel Geld, keine Fannähe: Kaltenborn rügt die Krösusklasse

Die Regeländerungen 2014 hält die Sauber-Teamchefin für unausgereift, zu teuer und zu kompliziert: "Hätte ausgereicht, den Verbrauch zu reduzieren"

(Motorsport-Total.com) - In der letzten Reihe sitzen und nur Bahnhof verstehen: Was jeder Pennäler bestens kennt, erleben in Zeiten der "neuen" Formel 1 gestandene Teamchefs. Monisha Kaltenborn ist da keine Ausnahme. Die Sauber-Verantwortliche muss im Technikmeeting passen, wenn es um Feinheiten von ERS, MGU-H, KERS und MGU-K geht. "Man hat kaum die Chance, mit normalem Wortschaft mitzukommen", klagt Kaltenborn vor dem Saisonauftakt. "Alles ist entweder abgekürzt ist oder man kann es nicht zuordnen."

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborn hat eine Menge Diskussionsbedarf mitgebracht Zoom

Überhaupt hat die Österreicherin wenig Gefallen gefunden an der Regelnovelle der Königsklasse, die das Ganze teuerer und kompliziert gestaltet. Zwar räumt sie ein, dass es wichtig sei, Trends aus der Automobilbranche aufzugreifen. Kaltenborn kritisiert mit Blick auf die Testfahrten in Jerez und Bahrain aber: "Wenn man sieht, wie viele Probleme es gibt, dann stellt sich die Frage, ob der Weg der richtige war." Hinzu kommt, dass für Sauber als Privatteam das Urteil der Fans eher maßgeblich ist das der Herstellervorstände, denen mit Hybridtechnik ein teueres Engagement schmackhaft gemacht werden soll.

"Ich stelle dahin, wie viele von den Regeländerungen den Fan eigentlich interessieren", erklärt Kaltenborn und macht sich außerdem Sorgen, dass bei sechs Komponenten des Antriebsstrangs irgendwann der Durchblick fehlt - zumal alle vom Reglement speziell berücksichtigt werden und Einfluss auf das sportliche Geschehen haben, etwa beim straffreien oder mit einer Rückversetzung verbundenen Austausch. "Vielleicht hätte es ausgereicht, wenn man den Verbrauch reduziert hätte", wünscht sich Kaltenborn und sieht darin eine transparentere Maßnahme als die Einführung von gefühlter Weltraumtechnik.

Kränkelt das System Formel 1?

Damit nicht genug: Wie immer ist Sauber, führende Kraft in der Diskussion um eine fixe Kostenobergrenze, auch auf den finanziellen Aspekt erpicht. Kaltenborn erkennt wenig Gründe, die für die umgesetzten Maßnahmen sprechen. "Hinzu kommt die enorme Kostenexplosion", weiß die 42-Jährige, die sich in den entsprechenden Gremien aber einer Übermacht beugen musste: "Es gibt Teams, die es nicht akzeptiert haben. Nur können wir nichts daran ändern, weil die Mehrheit bestimmt." Kaltenborn beschreibt die Verhältnisse und Standpunkte als "sehr unklar", weil das Thema nie offen diskutiert wurde.


Fotostrecke: So funktioniert ERS

Ihr geht es nicht nur um die V6-Turbomotoren mit einem halben Kraftwerk an Bord. Ihr geht es um das System Formel 1. "Schauen Sie sich doch an: Welchen Motor wollte man ursprünglich?", fragt Kaltenborn. In der Tat war in den im Jahre 2004 von Tony Purnell und Peter Wright ausgearbeiteten Vorschlägen von einem Reihenvierzylinder die Rede - also dem Konzept mit den wenigsten Teilen und dem geringsten Verbrauch. "Und wie schnell hat man sich dann zu einem V6 durchgerungen und wie lange hat es gebraucht, bis man überhaupt wusste, was das Reglement genau ist?", hadert Kaltenborn und sieht darin einen Denkanstoß.

Kein Sparpotenzial mehr vorhanden

Dass sogar einen Tag vor der Homologation noch über eine Verschiebung nachgedacht wurde, wertet sie als Beweis dafür, dass das Ganze unausgereift ist. "Wir lernen nicht, dass wenn wir eine Änderung vornehmen, wir gleich sehen, wohin die Kosten gehen. Es hätte für mich Priorität, eine Reduktion herüberzubringen", fordert Kaltenborn mit Blick auf mehr Fannähe, aber auch zugunsten der kleinen Teams. Geldgeber und Investoren machen sich rar, sogar eine Traditionsmannschaft wie McLaren bleibt ohne Hauptsponsor: "Gut, dass wir alle da sind und es nicht in einer Serie mit drei oder vier Teams endet."

"Gut, dass es nicht mit drei oder vier Teams endet." Monisha Kaltenborn

Trotz aller Sparzwänge: Kaltenborn sieht nicht, dass die Budgets gekürzt werden. Die Rede ist von rund acht Millionen Euro pro Saison, die die Teams jetzt mehr aufbringen müssen. Kompensiert wird das durch neue Partner und damit durch höhere Einnahmen, schließlich dreht sich die Spirale immer weiter: "Man geht Kompromisse ein, damit sind Zusatzkosten bei der Entwicklung vorprogrammiert. Nach einer gewissen Zeit beginnt man mit einem Gewichtsreduktions-Programm, was immer zu den teuersten Dingen zählt. Es gibt kaum etwas, das man einsparen kann."

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