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Video aufgetaucht: Grüne Flagge war völlig korrekt

Ein Video zeigt den Unfall von Jules Bianchi in Suzuka in seiner vollen Brutalität - Laut Expertenmeinung korrekt angezeigte grüne Flagge sorgt für hitzige Diskussionen

(Motorsport-Total.com) - Auf YouTube ist heute Nachmittag ein Amateurvideo aufgetaucht (und gleich wieder verschwunden), auf dem der Unfall von Jules Bianchi beim Grand Prix von Japan in Suzuka zu sehen ist. Für große Aufregung sorgt seither eine grüne Flagge, die vom Marshall-Post (MP) 12, also direkt an der Unfallstelle, gezeigt wurde. Denn eine grüne Flagge bedeutet eigentlich Entwarnung.

Titel-Bild zur News: Jules Bianchi

Erst als der Safety-Car-Befehl kommt, wird eine gelbe statt der grünen Flagge gezeigt Zoom

Aber: "Die grüne Flagge wurde völlig korrekt angezeigt", erklärt Christian Ebner, lizenzierter Streckenposten auch bei internationalen Rennserien wie der Formel 1. "Das diskutierte Bild ist in Fahrtrichtung entstanden. Der Sportwart auf MP12 steht unmittelbar nach dem havarierten Wrack von Sutil. Ab dort darf man die Geschwindigkeit auf Renntempo erhöhen und muss nicht mehr anhaltebereit fahren. Nach MP12 war keine Gefahr mehr."

Oder, um einen Vergleich mit dem Straßenverkehr zu strapazieren: Erst wenn man an einem Verkehrsschild, das das Ende einer Geschwindigkeitsbegrenzung signalisiert, wirklich vorbei ist, darf das Tempo wieder erhöht werden. Auch wenn das aus dem YouTube-Video entstandene Bild also zunächst irritierend wirkt, liegt kein Fehlverhalten der Streckenposten oder der Rennleitung vor. Die grüne Flagge hat lediglich signalisiert: Nach diesem Punkt ist Doppel-Gelb aufgehoben.

Unmittelbar nach dem Sutil-Crash hatte sich der Sauber ein paar Meter nach MP12 in die Reifenstapel gebohrt. Folgerichtig schwenkte der unschuldig in die Kritik geratene Streckenposten zunächst auch zwei gelbe Flaggen. Erst als der Sauber am Haken des Radladers hing und sich dieser nach hinten bewegt hatte, sodass der Radlader auf gleicher Höhe mit MP12 war, wurde die grüne Flagge geschwenkt. "Völlig korrekt so", unterstreicht Ebner.

Unabhängig von der Diskussion um die grüne Flagge zeigt das Video vor allem, dass Bianchi nicht wie zunächst angenommen seitlich, sondern geradeaus unter den Radlader rutschte, mit erschreckender Brutalität. Laut Fahreraussagen beträgt die Geschwindigkeit an dieser Stelle selbst im Regen etwa 180 km/h. Der Aufprall war so hart, dass sogar der schwere Radlader um gut einen Meter versetzt wurde und der am Haken hängende Sauber zu Boden fiel.


Fotostrecke: Unfall von Jules Bianchi

Große Teile des Marussia wurden beim Rutschen unter den Radlader zusammengestaucht, inklusive Überrollbügel. Bianchis Kopf traf die Unterkante des Radladers. Die Einschlagkraft lag bei rund 50g. Der Helm des Franzosen sieht auf Twitter-Fotos, die wir aus Pietätsgründen nicht veröffentlichen, intakt aus, wurde durch den Schlag aber strukturell beschädigt. Zu Untersuchungszwecken wurde das Wrack noch am Sonntag von der japanischen Polizei beschlagnahmt.

Rekonstruiert werden kann nun auch, wie es überhaupt zu dem Unfall gekommen ist. Bianchi, der zu Beginn seiner 41. Runde noch exakt 0,5 Sekunden vor Sutil lag, verlor in der 42. Runde am Scheitelpunkt der Dunlop-Kurve das Heck seines Marussia. Instinktiv lenkte er gegen. Das Auto fand jedoch plötzlich Grip, es kam zum Gegenpendler und zum Abflug. Auf dem Kiesbett unmittelbar vor dem Sutil-Crash hob es leicht ab, sodass die Geschwindigkeit kaum noch reduziert wurde.


Nach dem Unfall von Jules Bianchi

Das Video zeigt übrigens auch, wie der Streckenposten von MP12 kurz nach dem Unfall von Bianchi die gelbe Flagge statt der grünen schwenkt. Auch das ist völlig korrekt. Denn als Rennleiter Charlie Whiting den Befehl gab, das Safety-Car auf die Strecke zu schicken, griff ein sogenanntes "Full-Course-Yellow" - und bei dem müssen nicht mehr nur betroffene Marshall-Posts Gelb schwenken, sondern entlang der ganzen Strecke alle.