• 25.09.2008 13:32

  • von Christian Nimmervoll & sid

Vettel: "Wir müssen auf dem Boden bleiben"

Monza-Sieger Sebastian Vettel erwartet für Singapur kein weiteres Wunder und spricht über die Tage nach seinem großen Triumph

(Motorsport-Total.com/sid) - Er gehört jetzt zum erlesenen Kreis der Grand-Prix-Sieger, sein Husarenstück von Monza ist in aller Munde, in seiner Heimatstadt Heppenheim bittet man zum Public Viewing - nur Sebastian Vettel selbst lässt der Rummel um seine Person kalt: "Ich habe davon kaum etwas mitbekommen. Ich bin ja gleich ins Exil nach Spanien gegangen, das war vielleicht auch besser so", sagte der 21-Jährige vor der Formel-1-Premiere in Singapur.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel kommt quasi als "Titelverteidiger" nach Singapur

Nach seinem sensationellen Triumph in Monza und einem ruhigen Dinner mit seiner Familie war der jüngste Formel-1-Sieger aller Zeiten gleich wieder bei Testfahrten in Jerez für Toro Rosso und sein künftiges Red-Bull-Team im Einsatz. Danach ging es weiter nach Singapur, wo ihn in der Box und im Teampavillon große Fotos an den Wänden stets an den bislang größten Moment seiner Karriere erinnern. "Ich fühle mich aber nicht anders", sagte Vettel. "Es ist schön, aber wir dürfen uns jetzt nicht auf der Euphorie ausruhen."#w1#

Die Gefahr abzuheben, besteht nach Vettels Meinung nicht: "Es kommt immer darauf an, was man für ein Mensch ist und was für ein Umfeld man hat", sagte er. "Ich glaube zu verstehen, was passiert ist vor zwei Wochen. Ich sehe keinen Grund, warum ich mich ändern, abheben oder die Füße nicht auf dem Boden lassen sollte. Wir sind geerdet genug, um zu verstehen, dass es in der Art nicht weitergehen kann."

Lob von höchster Stelle

"Sebastian hat das Zeug, ein ganz Großer zu werden." Michael Schumacher

Die wird er aber in nächster Zeit nur schwer bremsen können, viele Experten prophezeien ihm eine große Zukunft in der Königsklasse: "Sebastian hat das Zeug, ein ganz Großer zu werden", sagte Rekordweltmeister Michael Schumacher in einem Interview mit der Fachzeitung 'auto motor und sport', führte aber auch an: "Es ist ein ganz wichtiger Punkt, zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Auto zu sitzen. Da ist manchmal auch Fügung und Glück dabei."

Im nächsten Jahr rückt Vettel von Toro Rosso ins große Schwesterteam Red Bull auf. Auch die Topteams McLaren-Mercedes, Ferrari und BMW, wo er bis Mitte letzten Jahres noch Testfahrer war, haben ein Auge auf ihn. "Er hat sich gut entwickelt", sagte sein früherer Teamollege Nick Heidfeld, der Vettel den Erfolg gönnt: "Ein bisschen Glück gehört sicher dazu, aber man muss es dann auch packen."

Der Test in Jerez sei wichtig gewesen, was die Vorbereitung auf nächstes Jahr angeht: "Das Auto ist ja ziemlich ähnlich, also war der Hauptunterschied die Crew, die Leute. Das war der Hauptgrund für meinen Test im RB4. Ich musste einmal ein Feeling für das Team bekommen, denn das ist viel wichtiger als das reine Fahren. Ich bin wirklich zuversichtlich für nächstes Jahr und sehe den Wechsel nicht als Rückschritt."

Auf den Spuren von Michael Schumacher

"Sebastian ist der neue Vettel." Michael Schumacher

Im Regen von Monza fuhr Vettel wie einst Schumacher fehlerlos, Vergleiche mit dem siebenmaligen Champion wehrt aber unter anderem Schumacher selbst ab: "Sebastian ist der neue Vettel. Ich mochte nie die Vergleiche, die mit mir angestellt wurden. Warum sollte ich das jetzt mit Sebastian tun?" Vettel habe "seinen Weg auf seine Art und Weise gemacht", meinte Schumacher: "Er hat die Dinge kontinuierlich und konsequent durchgezogen. Da kann man nur sagen: genial."

Auch der frühere Weltmeister Keke Rosberg ist voll des Lobes: "Sebastian Vettel ist sicherlich ein Highlight der jungen Generation. Wir haben von ihm schon viel Tolles gesehen in dieser Saison. Nur geht das oft unbemerkt vorüber, wenn man nicht gerade gewinnt. Jeder redet nur vom Sieg", sagte der TV-Experte und Vater von Nico Rosberg.

Der Sieg von Monza hat auch Vettels Heimatstadt Heppenheim in Hochstimmung versetzt. Seine frühere Schule firmierte für ein paar Tage als Sebastian-Vettel-Gymnasium und Bürgermeister Gerhard Herbert könnte sich irgendwann sogar eine Sebastian-Vettel-Allee vorstellen: "Man kann sich durchaus vorstellen, dass irgendwann auch einmal eine Straße nach ihm benannt werden könnte. Aber da haben wir noch ein bisschen Zeit", sagte das Stadtoberhaupt, das darauf verwies, dass Straßen nach wichtigen Persönlichkeiten schließlich oft erst nach deren Ableben benannt werden.

Public Viewing in Heppenheim

Bereits am Sonntag gibt es dagegen eine andere Premiere in der 26.000-Einwohner-Stadt: Public Viewing auf einer Großbildleinwand in der Stadiongaststätte "Sportlertreff". "Das ist erstmal ein Versuch, danach werden wir sehen, ob sich daraus etwas Größeres entwickelt", sagte Herbert. "Davon wusste ich noch gar nichts", meinte Vettel: "Aber das ist schön."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Singapur


Vettel will von künftigen WM-Ehren aber noch nichts hören: "Es ist ein Riesenunterschied, ein Rennen oder die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Für den Titel musst du das ganze Jahr konstant gute Punkte sammeln. Das erfordert Konstanz und ein gutes Auto. Wir sind momentan im Mittelfeld, also haben wir keine Chance, um den Titel zu kämpfen. Aber mein Ziel ist natürlich, eines Tages in einem starken Auto zu sitzen und Weltmeister zu werden."

Zunächst einmal steht aber Singapur im Vordergrund: "Wir müssen auf dem Boden bleiben", dämpfte er die Erwartungen. "Aber selbst wenn man das Monza-Resultat vergisst und die Performance der Rennen davor anschaut, dann sieht man, dass das Paket Potenzial hat. Jetzt liegt es an uns, dieses zu nutzen. Wenn wir in die Top 10 fahren, dann fein. Wenn wir Punkte holen, noch besser. Aber wenn es uns nicht gelingt, müssen wir es auch akzeptieren."