Vettel: "Sich zu verstellen ist der falsche Weg"

In der Saison 2010 hat Sebastian Vettel bisher viele prägende Erfahrungen gemacht - Im Regen von Suzuka analysiert er seine Saison und den harten WM-Kampf

(Motorsport-Total.com) - Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel hat bisher ein aufregendes Jahr mit Höhen und Tiefen hinter sich. Mit zwei Triumphen ist er hinter Rekordweltmeister Michael Schumacher in der Siegstatistik zum zweiterfolgreichsten Deutschen in der langen Formel-1-Historie aufgestiegen. Neben Pole-Positions und Podiumsfeierlichkeiten passierten aber auch einige Fehler. Mit seinen 23 Jahren kämpft Vettel bereits zum zweiten Mal um den WM-Titel. In der kurzen Zeit hat der Heppenheimer das Pulverfass Formel 1 schon von vielen Seiten erlebt.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel hat aus dem bisherigen Saisonverlauf einige Lehren gezogen

Diese Erlebnisse, egal ob positiver oder negativer Natur, haben den jungen Mann auf seinem Weg an die Weltspitze geprägt. So hat Vettel auch aus der laufenden Saison einige Lehren gezogen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele gibt. Nicht was das Fahren an sich angeht, sondern im Umgang mit Situationen. Es gab gute Rennen, aber auch einige, die aus verschiedenen Gründen weniger gut verlaufen sind. Damit umzugehen und die Lehren daraus zu ziehen, wie man das nächste Rennen angeht, war im Grunde genommen schon ein wichtiges Jahr. Ich möchte das nicht mehr missen", sagt Vettel gegenüber 'RTL'.

Die mediale Aufmerksamkeit rund um den Globus ist ein Teil davon. "Was man vielleicht unterschätzt, gerade wenn man noch sehr jung und neu in der Formel 1 ist, ist wie viel Aufmerksamkeit herrscht und welche Wellen es schlagen kann. Es gibt ja das Sprichwort, dass man aus einer Mücke einen Elefanten macht."

"Ich glaube, man muss genau wissen, was passiert ist. Für mich ist ganz wichtig, dass ich die Wahrheit kenne. Damit kann ich auch ehrlich umgehen. In zwei Wochen, einem Monat oder zwei Jahren kann ich darauf zurückblicken und es akzeptieren - egal ob gut oder schlecht", meint Vettel. "Jeder muss schließlich seinen Weg finden, ich bin wie ich bin. Man sagt ja so schön, dass Wahrheit am längsten währt. Sich zu verstellen wäre zumindest für mich der falsche Weg."

In der Öffentlichkeit wird der Fahrertitel höher eingeschätzt als die Teamwertung. Am Ende kommt es in der hoch komplizierten Formel 1 auf den Menschen an. "Ich glaube in jeder Sportart kommt es auf den Athleten und den Kopf an. Man sollte das alles nicht zu kompliziert machen und versuchen sich treu zu bleiben."

"Jetzt etwas Neues auszuprobieren wäre falsch", blickt Vettel auf den WM-Endspurt. "Man muss dabei bleiben, wo man sich auskennt und auf sich vertrauen. Wenn ich mich daran halte, dann geht es aus meiner Position eben gut, oder nicht. Es lag dann zumindest nicht an den letzten vier, fünf Rennen."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Japan


"Es sind noch vier Rennen zu fahren und es gibt noch 100 Punkte zu holen. Ich liege 21 Zähler zurück und habe also noch einiges zu tun. Das Ziel lautet ganz klar, bei jedem Rennen das Beste aus mir und dem Auto herauszuholen. Idealerweise gewinne ich alle Rennen, denn dann sind auch alle Fragen beantwortet."

"Es kommt natürlich auch darauf an, wo die anderen die Rennen beenden. Wir sind noch zu fünft und alle haben noch eine sehr gute Chance auf den Titel. Für die Zuschauer ist das eine optimale Situation, sehr, sehr spannend. Für uns ist es genauso. Man spürt schon, dass die Anspannung da ist. Man darf sich aber nicht verrückt mach und muss sein Ding durchziehen."

McLaren-Pilot Lewis Hamilton hat nach seinem Sieg in Spa-Francorchamps zwei Nullrunden geschrieben und sich einen Rückstand eingehandelt. Das Beispiel zeigt, wie schnell sich das Blatt wenden kann. "Außenseiter ist keiner der fünf Piloten", schätzt Vettel seine Konkurrenz ein.

"Mit dem neuen Punktesystem sehen die Abstände größer aus als sie tatsächlich sind. Man hat gesehen, wenn jemand zwei schlechte Rennen hat, dann kann alles ganz anders aussehen. Ich glaube meine Position ist nicht schlecht und mir gefällt sie auch. Wenn ich nach dem Suzuka-Wochenende etwas näher dran bin, wäre mir das natürlich etwas lieber. Im Moment kann ich gut schlafen."

Red Bull will in den verbleibenden Rennen die Taktik aufteilen. WM-Spitzenreiter Mark Webber soll taktisch ruhiger fahren, während Vettel aggressiv auf Angriff fahren soll. "Man muss immer soviel Risiko eingehen, wie es für einen selbst richtig ist. Fehler macht niemand freiwillig, aber manchmal passiert es eben. Wenn man so nah am Limit ist, hart kämpft, um das Letzte aus dem Auto zu quetschen, dann geht es manchmal in die Hose", stellt der zweifache Saisonsieger klar, dass die Piloten auch nur Menschen sind.

¿pbvin|512|3150|vettel|0|1pb¿"Wenn man mit 20 Sekunden Vorsprung führt, durch den Acker fährt und zwei Sekunden liegen lässt und trotzdem gewinnt, dann interessiert sich keiner dafür, obwohl es ein großer Fehler war. Wenn man auf der anderen Seite auf Position zwei oder drei liegt und es unterläuft einem der gleiche Fehler und verliert dabei in paar Plätze, dann ist es natürlich gravierender."

"Es kommt immer darauf an. Fehler passieren. Derjenige, dem die wenigsten Schnitzer unterlaufen und trotzdem immer am Optimum fährt, kann dann verdient gewinnen - oder auch nicht. Entscheidend ist, dass man sich selbst in das Fenster bringt, wo man immer annähernd 100 Prozent aus sich herausquetschen kann."