• 08.10.2011 13:14

Vettel: "Ich bin zufrieden und stolz"

Red-Bull-Fahrer Sebastian Vettel startet auch in Japan von der Pole-Position und spricht im Interview über die "enge Kiste" im Duell mit den McLaren-Piloten

(Motorsport-Total.com) - 26 Minuten vor dem Auftakt zur Qualifikation von Japan traf ein neuer Frontflügel für Sebastian Vettel in Suzuka ein. Der deutsche Rennfahrer hatte sein ursprüngliches Exemplar am Freitag beschädigt, doch Red Bull reagierte prompt. In einer Prozedur, die üblicherweise rund eine Stunde dauert, machte die Crew das Bauteil in nur einer knappen halben Stunde rennbereit und schickte den Fahrer damit auf die Strecke. Mit Erfolg: 0,009 Sekunden vor Jenson Button holte sich Vettel die Pole-Position.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel fuhr in Suzuka erneut auf die Pole-Position - aber sehr knapp

Frage: "Sebastian, du gehst 2011 zum 15. Mal in Folge aus der ersten Reihe an den Start und hältst deine Pole-Position-Serie in Suzuka aufrecht. Was für eine Runde..."
Sebastian Vettel: "Ja, was für ein Qualifying! Am Freitag hatte ich einen Abflug und beschädigte dabei meinen Frontflügel. Das war natürlich kein idealer Nachmittag, um das Auto auf den Samstag vorzubereiten. Ich denke, wir litten am Morgen ein bisschen darunter. Wir konnten uns im Hinblick auf die Balance zwar zurückkämpfen, aber das ging nur sehr langsam vonstatten."

"Nach dem dritten Freien Training setzten wir uns gemeinsam hin und brachten es zum Glück auf die Reihe. Wir konnten alles aus dem Auto herausholen, was unheimlich wichtig war. Zwischen Jenson und mir ist nicht mehr sehr viel Luft. Es war ein hartes Qualifying, doch ich genoss es sehr. Eine Runde hier ist sehr lang. Es beginnt mit diesem megatollen ersten Sektor."

"Wir zwar nicht das erste Mal hier, doch es ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung. Vor allem in der Qualifikation, um es wirklich auf den Punkt zu bringen. In Sektor eins hatte ich einen kleinen Wackler drin, doch das konnte ich im zweiten Abschnitt wieder wettmachen. Wir hatten schließlich noch einen starken dritten Sektor und das war's. Es ist fantastisch."

"Ein besonderer Dank geht an das Team, die den Frontflügel gerade rechtzeitig an die Strecke brachten. Viele Grüße auch an die Fabrik. Ohne all diese Leute würde ich heute nicht auf der Pole-Position stehen. Ich bin daher sehr zufrieden und stolz. Wir konnten heute alles herausholen. Das reichte gerade so, also darf ich mich glücklich schätzen."

Die Pole-Position-Serie hält an

Frage: "Nur Nigel Mansell, Ayrton Senna und Alain Prost erzielten in einer Saison mehr Pole-Positions als du 2011. Dir fehlt jetzt nur noch ein Punkt zum Titelgewinn. Wie sehr freust du dich auf den Renntag?"
Vettel: "Nun, was diesen einen Punkt betrifft: Darauf konzentriere ich mich eigentlich nicht. Am Freitag wurde mir eine Lektion erteilt. Ich machte keinen großen Fehler, war aber wohl einfach für einen Augenblick lang nicht zu einhundert Prozent konzentriert und verlor das Auto."

"Es ist ein langes Rennen auf einer sehr fordernden Strecke. Ich freue mich darauf." Sebastian Vettel

"Es ist ein langes Rennen auf einer sehr fordernden Strecke. Ich freue mich darauf. Wir reisen gerne hierher. In Suzuka hat man eine besondere Atmosphäre. Die japanischen Fans sind so leidenschaftlich und verrückt. Wenn wir morgens aus dem Hotel kommen, ist schon alles voller Menschen, die allesamt kreischen. Es ist ein nettes Gefühl, daran teilhaben zu können."

"Wie gesagt: Es ist ein langes Rennen und vieles kann passieren. In dieser Saison eröffnet der verstellbare Heckflügel gewisse Chancen, also schauen wir einmal, wo wir uns befinden. Ich freue mich auf jeden Fall auf das Rennen. Wir hatten schon am Freitag ein gutes Rennauto, also sollte es passen. Ich freue mich aber auf das Rennen und nicht auf den einen Punkt."

Frage: "Dein Teamchef Christian Horner hatte nicht damit gerechnet, dich heute auf der Pole-Position zu sehen. Wie gelang es dir dennoch? Ist dein Auto darauf abgestimmt, im Rennen die Reifen zu schonen? Wie konntest du das Ruder herumreißen?"
Vettel: "Es ist ganz einfach, denke ich. Wir waren nicht schnell genug. Besonders ich war am Freitag auf die eine Runde nicht schnell genug."

"Am Morgen war ich mit wenig Sprit ebenfalls noch nicht gut genug. Wir gingen daher im Kampf um die Pole von nichts Gewissem aus, denn wir waren uns nicht sicher, ob wir gegen McLaren bestehen würden. Sie schienen besonders gut zu sein. Wir konzentrierten uns darauf, alles aus uns selbst herauszuholen."

"Es spielte keine Rolle, ob das die Pole-Position oder etwas anderes zur Folge haben würde. Wichtig war, alles aus dem Auto und auch aus mir herauszuholen. Ich denke, das gelang uns, denn fuhren knapp auf die Pole-Position. Das ist eine schöne Belohnung für die harte Arbeit, die wir investieren. Wie ich schon sagte: Ein Flügel kam genau rechtzeitig hier an."

"Noch ist nicht einmal die Hälfte erledigt." Sebastian Vettel

"Alle gaben einhundert Prozent und es ist eine schöne Art und Weise, sich zu bedanken. Noch ist aber nicht einmal die Hälfte erledigt. Das Rennen findet erst am Sonntag statt, doch wir erhielten schon einmal einen tollen Schwung. Wir wissen nämlich... Am Freitag waren wir auf viel Benzin ziemlich konkurrenzfähig. Wir freuen uns daher auf den Grand Prix. Es wird aber ziemlich schwierig."

"Wahrscheinlich stehen drei bis vier Boxenstopps auf dem Programm. Es ist ein langes Rennen und viele Dinge können passieren. Vielleicht bist du zu Beginn sehr schnell und später recht langsam oder es dreht sich. Wir werden sehen. Wir müssen diese Reifen hernehmen und schauen, was wir damit tun können. Erst einmal sind wir mit dem Samstag aber sehr zufrieden."

Ein Crash wirft Vettel zurück

Frage: "Wie sehr stimmt dich dieses Ergebnis nach deinem bisherigen Wochenendverlauf zufrieden?"
Vettel: "Sehr. Für uns war es ein großartiges Qualifying, kein Zweifel. Speziell, weil diese Jungs hier (Button und Hamilton; Anm. d. Red.) von Anfang an sehr schnell waren. Am Freitag hatten wir ein bisschen mit dem Setup des Autos zu kämpfen und im ersten Freien Training unterlief mir ein Fehler. Das war natürlich keine Hilfe."

"Das Team setzte alle Hebel in Bewegung, um Ersatz zu beschaffen." Sebastian Vettel

"Ich verlor den Frontflügel, doch das Team setzte alle Hebel in Bewegung, um Ersatz zu beschaffen. Das Element kam gerade rechtzeitig zur Qualifikation hier an. Es ist der beste Weg, um 'danke' zu sagen. Alle leisteten klasse Arbeit und das Team hätte ich das heute nicht geschafft."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Japan


"Sobald du im Auto sitzt, einen frischen Reifensatz und die richtigen Einstellungen hast und dich in Q3 wiederfindest, geht es nur noch um dich, das Fahrzeug und die Strecke. Ganz ehrlich: Es machte mir unheimlich viel Spaß. Nach meiner ersten Runde in Q3 wusste ich, dass es möglich sein würde."

"Lewis' erste Bestzeit war gleich eine sehr starke. Mir war klar: Ich müsste eine Zeit in der Region von 1:30.5 Minuten fahren können, wenn alles glatt ginge. Mein Auftakt in die schnelle Runde war nicht ideal und im ersten Sektor büßte ich etwas ein, weil ich zu viel wollte. In Abschnitt zwei hatte ich aber das nötige Vertrauen und konnte es wieder wettmachen. Das musst du aber erst einmal hinkriegen."

"Beim Überfahren der Linie war es sehr eng. Auf den Bildschirmen rund um die Strecke sah ich, wie erst Lewis und dann auch Mark (Webber; Anm. d. Red.) über die Linie kamen. Dann wurde mir über Funk gesagt, dass wir es gerade einmal um 0,009 Sekunden geschafft hatten. Ich bin sehr zufrieden. Es war mir eine große Freude an diesem Nachmittag. Ich freue mich schon sehr auf den Sonntag."

"Wir zogen unser Ding durch." Sebastian Vettel

Frage: "Es hört sich so an, als ob das Team den Frontflügel zur Reparatur nach Großbritannien zurückschickte..."
Vettel: "Nein. Die Frontpartie, die ich am Freitagmorgen am Auto hatte, konnte man nicht mehr verwenden. Sie war hinüber. Ich hatte das Auto ja am Ausgang von Kurve acht verloren und war in den Reifenstapeln gelandet. Von meiner Seite her war das natürlich keine große Hilfe. Wir brachten aber rechtzeitig einen neuen Frontflügel hierher. Es war nicht einfach, doch zum Glück gelang es uns. Wir zogen unser Ding durch."

Frage: "Welchen Anteil hat der Frontflügel an deinem Erfolg?"
Vettel: "Das kann man nicht sagen. Es war nicht einfach, das Auto am Freitagnachmittag mit einem anderen Flügel abzustimmen, der sich ganz anders verhält. Es war uns klar, dass es so sein würde. Das kostete uns sicher etwas und störte auch unseren Rhythmus."

"Wir ließen uns dadurch aber nicht zu sehr aus der Ruhe bringen und auch nicht beunruhigen. Heute konnten wir mit dem richtigen Flügel noch einmal attackieren und nochmals einen Schritt nach vorne machen. Im Nachhinein muss ich sagen: Ohne Frontflügel hätten wir es sowieso nicht geschafft, ohne den richtigen Frontflügel wäre es sehr eng geworden."

Entscheiden die Reifen über Sieg und Niederlage?

Frage: "Die Reifen scheinen das Auto etwas schwieriger zu machen. Rutscht das Fahrzeug mehr oder ist es nicht so einfach zu kontrollieren?"
Vettel: "Ich würde schon sagen, dass es einen Unterschied zum vergangenen Jahr gibt. Das kann wohl jeder spüren. Insgesamt sind wir schneller, doch wenn man einen Blick in die Rundenzeiten wirft, dann erkennt man: Wir machen die Zeit vor allem auf den Geraden gut, wo wir hier doch den verstellbaren Heckflügel einsetzen dürfen."

"Es wird bestimmt nicht einfach." Sebastian Vettel

"In der Qualifikation ist das ein sehr starkes Hilfsmittel. In den Kurven sind wir wohl nicht ganz so gut aufgestellt wie 2010. Das liegt zum einen am Auto und zum zweiten wahrscheinlich an den Reifen. Das Rennen dürfte interessant werden. Es wird bestimmt nicht einfach. Im vergangenen Jahr absolvierte jeder nur einen Stopp und danach war es ein Rennen bis zur Zielflagge."

"In diesem Jahr könnte es ganz unterhaltsam werden. Was die richtige Strategie sein wird, steht in meinen Augen noch nicht zu einhundert Prozent fest. Es sollte aber auf jeden Fall mehr als einen Stopp pro Auto geben. Die Reifen sind das Limit. Es ist schwierig zu sagen, wie viele Runden die Reifen zu Beginn hergeben und wie sich das im weiteren Verlauf verhalten wird. Wir scheinen aber gut aufgestellt zu sein."

Frage: "Was sagst du dazu, dass einige Fahrer in Q3 keine schnelle Runde mehr antraten? Sollten für 2012 weitere Reifensätze bereitgestellt werden, um dies zu verhindern? Braucht es einen Qualifikations-Reifen?"
Vettel: "Ja, so scheint es. Ich denke, die Fahrzeuge, die nicht zweimal oder gar nicht fuhren - ich habe es nicht gesehen - hatten ihre Pneus bereits vorher aufgebraucht, um den Sprung in Q2 und in Q3 zu schaffen."

"Für uns gestaltet sich die Lage ein bisschen anders, denn unser Auto ist gut genug, sodass wir im ersten Abschnitt meist mit harten Reifen durchkommen. Ich denke nicht, dass wir einen anderen Reifentyp brauchen. Wir absolvieren schon genug Stopps im Rennen."

"Wenn ich aufwache, bin ich fröhlich - wie jeden morgen." Sebastian Vettel

Frage: "Dies ist der Abend vor deinem zweiten Titelgewinn. Zumindest sieht es ganz danach aus. Wie wirst du..."
Vettel: "Ich sehe das anders. Wenn ich aufwache, bin ich fröhlich - wie jeden morgen. Danach steht erst einmal ein tolles Rennen an, auf das ich mich schon sehr freue. Wir fahren von der Pole-Position aus los."

"Um unser Ziel oder was auch immer zu erreichen, müssen wir unser Bestes geben und sicherstellen, dass wir es auch erreichen. Ich konzentriere mich nicht auf das, was du ansprichst. Mein Fokus liegt auf einem guten Rennen, darauf, alles wie immer zu machen. Ich möchte so angespannt, so aggressiv und so aufmerksam sein wie sonst auch und im Rennen bestmöglich abschneiden. Darauf freue ich mich."¿pbvin|512|4141||0|1pb¿

Vettels Ziel: Einfach Punkte holen

Frage: "Wie viele Punkte wirst du am Sonntag abgreifen? Einer reicht ja schon zum Titelgewinn..."
Vettel: "Das Ziel sind immer 25 Punkte, um auf Nummer sicher zu gehen. Schauen wir einmal. Ich konzentriere mich nicht auf den einen Zähler. Der Sieg ist das Ziel. Egal, was man macht, verschlechtern möchte man sich ja nie. Wäre das Ziel, einen Punkt zu holen, dann wäre der zehnte Platz das Ziel. Damit wäre ich dann aber nicht zufrieden. Die Zielvorgabe ist eindeutig."

"Man kann nichts erzwingen." Sebastian Vettel

Frage: "Du willst unbedingt mit einem Sieg Weltmeister werden..."
Vettel: "Naja, ich will Weltmeister werden. Ich glaube, das Wort 'unbedingt' kann man in jeglicher Hinsicht streichen. Man kann nichts erzwingen. Wichtig ist, dass wir am Sonntag auf Sieg fahren."

Frage: "Auf dem Weg in die Garage wurdest du dabei beobachtet, wie du noch Musik hörtest. Was hattest du auf deinem iPod?"
Vettel: "Die Kastelruther Spatzen (lacht; Anm. d. Red.). Nichts Besonderes. Melodien, die ich schon sehr, sehr lange höre. Die geben einem das richtige Gefühl und die richtige Stimmung. Ich höre immer Musik, bevor es eng wird - und heute wurde es ja eng."

Frage: "Auf deiner Homepage ist ein Sonderbeitrag auf Japanisch zu finden - weshalb? Und was wirst du heute in dein Tagebuch für deine japanischen Fans hineinschreiben?"
Vettel: "Das ist schnell beantwortet. Schau dir nur einmal die Overalle, meinen Helm und andere Dinge an. Wir können natürlich nicht sehr viel tun, doch immerhin ein paar kleine Sachen wie diese."

"Die Fans sind hier einfach außergewöhnlich." Sebastian Vettel

"Wir alle versuchen, etwas zurückzugeben, zu helfen. Die Fans sind hier einfach außergewöhnlich. Sie haben eine große Leidenschaft. Vor dem dritten Freien Training sah ich zum Beispiel ein paar Jungs auf den Tribünen sitzen, die hatten Kameras, wie wir sie auf den Überrollbügeln haben, als Hüte auf ihren Köpfen. Das Besondere an Japan und den japanischen Fans ist einfach, dass sie immer etwas anders sind."

"Den meisten von uns gefällt das sehr. Die Katastrophe zu Jahresbeginn war schrecklich. Wir versuchen daher, etwas zurückzugeben und eine gute Show hinzulegen. Heute war es sehr eng zwischen Jenson und mir. Für uns - vielleicht nicht für alle Beteiligten - war es also eine gute Qualifikation. Wir können also für Unterhaltung sorgen und den Menschen vielleicht ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Das ist die einfache Antwort."