• 21.06.2010 16:53

Unermüdliche Entwicklungsarbeit in den Fabriken

Obwohl kaum mehr getestet wird ist das Entwicklungstempo noch höher geworden - Jede noch so kleine Verbesserung wird sofort auf die Boliden geschraubt

(Motorsport-Total.com) - Der Wettkampf zwischen den Entwicklungsabteilungen der Grand Prix-Teams wird mit gleicher Intensität ausgetragen wie die Positionsduelle auf der Strecke. Tatsächlich hat der Erfolgsdruck, unter dem die Formel 1-Spezialisten arbeiten, in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen: Wer konkurrenzfähig und an der Spitze bleiben will, muss fortlaufend weiterentwickeln. Die Autos sind im Vergleich zum Saisonauftakt in Bahrain durchwegs um etwa eine Sekunde schneller geworden.

Titel-Bild zur News: Lotus-Modell im Windkanal

In den Fabriken läuft ebenfalls ein Wettkampf gegen die Zeit

"Die Rennställe haben erkannt, dass die unentwegte Weiterentwicklung während der Saison von ebenso großer Bedeutung ist wie die Konzeptionierung des nächsten Autos", erläutert James Allison, der Technische Direktor des bei Renault. "Heute halten wir für unseren R30 zu jedem einzelnen Grand Prix ein neues Teilepaket bereit, dessen Umfang in etwa jenen Verbesserungen entspricht, die wir in der Vergangenheit zu jedem dritten oder vierten Rennen eingeführt haben."#w1#

"Wir bilden da aber überhaupt keine Ausnahme. Jedes Team, das an der Spitze bleiben will, muss sich dieser Herausforderung stellen. Dies bedeutet für unsere Kollegen in den Workshops, dass sie so hart und unter einem so hohen Zeitdruck arbeiten müssen wie noch nie zuvor. Der neue Frontflügel, der in Valencia sein Debüt feiern wird, liefert hierfür ein ideales Beispiel: Er ist bereits die achte Variante, die in diesem Jahr zum Einsatz kommt - im neunten Saisonrennen!"

Doch woher rührt diese Eskalation? Einen wesentlichen Faktor liefert das neue technische Reglement, das zu Beginn des vergangenen Jahres in Kraft trat und damit noch immer vergleichsweise jung ist - und entsprechend viel Raum für Optimierungen bietet, die praktisch im Wochenrhythmus wichtige Entwicklungsschritte ermöglichen. Dies gilt im Speziellen für die Aerodynamik. Hinzu kommt: Da Modifikationen des Motors nicht erlaubt sind, konzentriert sich die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten fast ausschließlich auf das Chassis der Boliden.

"Da sich alle Fahrzeuge im Starterfeld mit unglaublich hohem Tempo immer weiterentwickeln, müssen wir jede gefundene Verbesserungsmöglichkeit unverzüglich zum Einsatz bringen, um konkurrenzfähig zu bleiben", betont Allison. "Früher haben wir die Optimierungen zu einem Paket gebündelt, das dann in eine Evolutionsstufe des Rennwagens geflossen ist. Dies können wir uns heute nicht mehr erlauben. Jeder Grand Prix, den du abwartest, bedeutet verlorene Performance."


Fotos: Großer Preis von Kanada


"Die enorme Arbeitsbelastung trifft jeden einzelnen", so Allison. "Die Werkstatt steht unablässig unter dem hohen Druck, ständig neue Teile entwickeln und produzieren zu müssen. Wir stehen daher stets vor der schwierigen Aufgabe, eine gesunde Balance zwischen großen Entwicklungsschritten und zumutbarer Arbeitsbelastung zu finden."

Dabei wirkt es fast wie eine Ironie des Schicksals, dass sich dieses nochmals erhöhte Entwicklungstempo mit dem Verbot von Testfahrten während der Saison einher geht. Doch während früher Tausende von Kilometern auf dem Grand Prix-Kurs von Barcelona abgeschrubbt wurden, laufen heute in den Team-Zentralen die Simulationsrechner auf Hochtouren, um neue Teile und Abstimmungen auf ihre Brauchbarkeit zu überprüfen.

¿pbvin|512|2844||0|1pb¿"Dank dieser hochmodernen Werkzeuge können wir den Vorteil, den uns einzelne Modifikationen auf der Rennstrecke bringen, mit einer Genauigkeit festlegen, die vom realen Abtrieb um weniger als 0,5 Prozent abweicht", erklärt Allison. "Bei mechanischen Teilen vertrauen wir auf rechnergestützte Simulationen, deren Ergebnisse anschließend auf Prüfständen überprüft werden. Mit speziellen Haltbarkeits-Testanordnungen können wir einzelne Komponenten auch jenen Belastungen und Kräften aussetzen, wie sie im Rahmen eines Grand Prix auftreten."

Neben der unentwegten Verbesserung des aktuellen Grand Prix-Renners laufen spätestens ab Sommeranfang auch die Arbeiten am nächstjährigen Monoposto an. "Wir stehen jedes Mal vor einem schwierigen Kompromiss, wie viel wir bereits in die Zukunft investieren wollen, ohne an Konkurrenzfähigkeit in der laufenden Saison einzubüßen", beschreibt Allison.