Und was soll das nun heißen, Michael?

Michael Schumacher hält mit seinen Aussagen den Formel-1-Zirkus in Atem - Spekulationen und Expertenmeinungen zu den neuesten Entwicklungen

(Motorsport-Total.com) - Das bisherige Highlight des Rennwochenendes in Barcelona war nicht Felipe Massas Freitagsbestzeit, sondern vielmehr eine Aussage von Michael Schumacher: "Ferrari hat mir die Möglichkeit gegeben, mit meiner Entscheidung bis zum Ende des Jahres zu warten, und ich habe sie dankend angenommen", so der siebenfache Weltmeister am Donnerstag vor versammelten Medien.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Als achtfacher Weltmeister würde Michael Schumacher möglicherweise abtreten

Naturgemäß stürzten sich diverse Internetmedien und Tageszeitungen wie hungrige Wölfe auf dieses Thema, auch wenn Schumacher ein allzu rasches Ausbrechen des Spekulationsfeuers verhinderte, in dem er entsprechenden Folgefragen aus dem Weg ging. Doch eines ist klar: Weil sich der 37-Jährige keine Hinweise hinsichtlich seiner Zukunftsentscheidung entlocken lässt, wird jede einzelne seiner Aussagen auf die goldene Waagschale gelegt.#w1#

Alle fragen sich: Sagen die Beteiligten die Wahrheit?

Michael Schumacher

Belagert: Michael Schumacher steht im Mittelpunkt des medialen Interesses Zoom

Doch was hat die plötzliche Wende - ursprünglich hatte Schumacher seine Entscheidung ja für Mitte des Jahres angekündigt - ausgelöst? Eines steht fest: Sollte die offizielle Version mit dem übereinstimmen, was teamintern vor sich geht, dann befindet sich Ferrari jetzt in einer schwierigen Position, denn je länger man auf die Entscheidung der Nummer eins warten muss, desto mehr ist man in Sachen Flexibilität am Transfermarkt eingeschränkt.

Absolutes Horrorszenario aus Ferrari-Sicht: Kimi Räikkönen springt in letzter Minute doch noch ab, Valentino Rossi bleibt im Motorradsport und Felipe Massa sucht sich in der Annahme, dass er sowieso nicht bleiben kann, einen neuen Arbeitgeber - und wenn dann auch noch Schumacher in Interlagos das Ende seiner Karriere erklärt, stünden die Roten aus Maranello Ende Oktober plötzlich ohne Fahrer für die bevorstehende Saison da!

Dass es ein ausgebuffter Profi wie Jean Todt niemals dazu kommen lassen würde, ist jedem klar, weshalb die Annahme auf der Hand liegt, dass hinter den Kulissen längst alle Weichen gestellt sind, man damit aber noch nicht an die Öffentlichkeit gehen möchte. 'F1Total.com'-Experte Marc Surer ist beispielsweise davon überzeugt, "dass sich Michael schon entschieden hat", und auch Ex-Weltmeister Jackie Stewart glaubt, dass es "am Saisonende viel zu spät" wäre.

Ferraris erste Alternative zu Schumacher ist Räikkönen

"Dass Michael mit seinem achten WM-Titel abtritt, ist natürlich eine Möglichkeit." Willi Weber

Wie Ferraris Notfallplan, der zweifellos in irgendeiner Schublade in Maranello liegt, aussieht, wissen momentan nur einige wenige Insider, doch internen Quellen zufolge ist der Vertrag mit Räikkönen ja ohnehin schon lange unter Dach und Fach. Sollte dieses Gerücht stimmen, dann ginge es für Schumacher nur noch darum, ob er sich zwei weitere Jahre an der Seite des aufstrebenden Finnen im Spätherbst seiner Karriere noch einmal antun würde.

Für Manager Willi Weber ist dies gar keine Frage: "Michael fürchtet niemanden! Der Grund für den Aufschub ist ganz einfach: Michael will einfach noch mehr Sicherheit haben, dass er die richtige Entscheidung über seine nächsten Jahre trifft", sagte er der 'Bild'-Zeitung. "Dass Michael mit seinem achten WM-Titel abtritt, ist natürlich eine Möglichkeit. Mein Gefühl sagt mir derzeit aber, dass er dazu tendiert, noch weiterzufahren."

Brawn sieht keine Motivationsprobleme bei Schumacher

"Michael ist so motiviert wie eh und je." Ross Brawn

Darauf hoffen zumindest die Ferrari-Verantwortlichen wie beispielsweise Ross Brawn: "Michael ist so motiviert wie eh und je. Über diese Dinge wird doch jedes Jahr geredet", relativierte er die aktuellen Spekulationen. Felipe Massa betonte, dass man sich im Team sowieso "nur auf das Hier und Jetzt" konzentriere, und Testfahrer Marc Gené fügte an: "Ich glaube, es ist richtig, dass er sich nicht unter Druck setzen lässt, sondern er sollte sich entscheiden, wann immer er will. Michael ist die Nummer eins!"

Gerhard Berger, der ursprünglich 1996 an der Seite von Schumacher für Ferrari hätte fahren sollen, hält von diversen Verschwörungstheorien nichts und glaubt an die offizielle Version: "Mich überrascht das nicht. Wenn er sich bis zum Ende der Saison Zeit nehmen will, dann muss man ihm die Zeit seitens Ferrari auch geben", betonte er - und schwamm damit auf einer Linie mit Ralf Schumacher, der seinerseits kurz und bündig grummelte: "Mir ist das alles egal. Es ist seine Entscheidung."

Als "unmöglich" bezeichnete Williams-Testfahrer Alexander Wurz die Situation, quasi eine öffentliche Entscheidung treffen zu müssen. Und: "Ob es wirklich bis zum Jahresende dauern wird, weiß ich nicht. Vielleicht möchte sich Michael einen Medienpolster herausholen, denn in Wirklichkeit muss er sich schon vorher entscheiden", äußerte er einen Verdacht. "Vielleicht pokert er aber auch nur um sein Gehalt, denn man muss eigentlich innerlich spüren, ob man noch will oder nicht."

Wurz amüsiert über Auswucherungen der Gerüchteküche

Alexander Wurz

Kann über einige der aktuellen Gerüchte nur lachen: Alexander Wurz Zoom

Amüsiert zeigte sich der Österreicher über die Tatsache, dass inzwischen jede kleinste Bewegung Schumachers von den Medien beobachtet und analysiert wird. So sorgte am Donnerstag sogar das schwarze Outfit des Spekulationsobjekts für angeregte Diskussionen im Fahrerlager. Wurz hält jedoch nichts davon, derartigen Kleinigkeiten so viel Bedeutung beizumessen: "Ob Michael jetzt schwarz gekleidet ist, grün oder rot, ist wirklich gehüpft wie gesprungen", grinste er.

Dass Schumacher "einfach seine Ruhe haben und sich auf sein Geschäft konzentrieren" will, vermutet Mercedes-Sportchef Norbert Haug, der sich selbst als Fan des siebenfachen Weltmeisters bezeichnet: "Michael wurde vor nicht allzu langer Zeit von vielen, die vielleicht vorschnell urteilen, sehr hart kritisiert. Er war aber immer gut dabei und hat in seiner Karriere viel geleistet. Am Nürburgring waren Michael und Ferrari das beste Paket", lobte der Deutsche.

Fazit: Dass Räikkönen bereits bei Ferrari unterschrieben hat, ist durch die jüngsten Schumacher-Aussagen fast anzunehmen, weil die Herren Todt und Brawn die Möglichkeit, den "Iceman" zu verpflichten, nicht im Ungewissen für die Wartezeit auf die Entscheidung ihres derzeitigen Superstars riskieren würden. Die Nebel über Schumachers Zukunftsperspektive lichten sich aber weiterhin nur sehr zögerlich - wobei die Rücktrittsvariante an Wahrscheinlichkeit eher zu- als abgelegt hat...