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Dennis: "Das ist die Formel 1"
Der Teamchef von McLaren-Mercedes über die Zukunft von Kimi Räikkönen, die Leistungen seines Teams, die Regeln für 2008 und einiges mehr
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Auch ihr gehörtet vor der Saison zu den Favoriten. Wie ist eure Lage nun, wie ist die Stimmung, an was mangelt es euch?"
Ron Dennis: "Wir versuchen immer, jedem, mit dem wir sprechen, weniger zu versprechen und mehr zu leisten, ob das nun unsere Fahrer oder Sponsoren sind. Aber wir hatten im Vorjahr eine relativ starke Saison und wurden in den Meisterschaften nur knapp besiegt. Da gibt es dann eine Erwartung, aber diese tritt mehr in den Medien auf als bei uns selbst. Wir wissen, wie schwer es ist, in der Formel 1 zu gewinnen. Wir haben im Winter hart gearbeitet und wir konnten nur schwer feststellen, wie konkurrenzfähig oder nicht konkurrenzfähig wir beim Saisonstart sein würden. Wir alle haben ja auch miterlebt, wie schwierig der Auftakt für Ferrari war. Unsere Erwartung war, unser Bestes zu geben und versuchen, das erste Rennen zu gewinnen."

© xpb.cc
Ron Dennis relativierte den schwachen Saisonstart der "Silberpfeile"
"Bisher ist etwas mehr als ein Viertel der Saison absolviert und wir wissen, dass wir uns verbessern können. Wir wissen aber, dass wir nicht so gut sind, wie wir es sein können. Wir haben zwei Fahrer, die Rennen gewinnen können. Das wissen wir. Ihr Beitrag an diesem Prozess ist nicht nur, dass sie sich in das Auto setzen und gewinnen. Sie helfen auch und arbeiten mit dem Team, wenn man nicht gewinnt."#w1#
"Aber mit der Ungewissheit für Juan-Pablo und Kimi haben sie auch eine Wahl. Noch haben sie nicht entschieden, wo sie fahren werden. Und wir haben noch nicht entschieden, wer im nächsten Jahr für das Team fahren wird - abgesehen von Fernando. Wir versuchen, die Position des jeweils anderen zu respektieren, aber gleichzeitig versucht man, das auch bezüglich der Zukunft zu respektieren. Wir sind sehr konkurrenzfähig und wir wollen das letzte Rennen genauso gewinnen wie das erste, egal, wo wir in der Meisterschaft stehen."
Psychologischer Nachteil für die Fahrer
"Es ist aber nicht besonders clever, irgendjemanden und speziell auch McLaren und Mercedes nach nur fünf Rennen abzuschreiben. Wir haben noch nicht die Leistung erreicht, die wir im Vorjahr in der gleichen Zeit hatten, aber wir lagen punktemäßig noch weiter zurück. Unsere Motorenzuverlässigkeit war gut. Wir hatten nur einen Fehler im Rennen, als wir wissentlich die Parameter überschritten hatten. Aber das war es wert, denn wir lagen mit Juan-Pablo außerhalb der Punkte."
"Wir verbessern Auto und Motor ständig, und Kimi und Juan-Pablo gehen mit den Schwierigkeiten, die aus den neuen Regeln entstehen, um. Von einem psychologischen Standpunkt sind sie nicht so gut. Es ist nicht gut, an einem Freitag mit einer um 1.000 Umdrehungen abgesenkten Drehzahl zu fahren und mit einer Benzinmenge, die einem einen guten Eindruck über die Reifen vermittelt. So erscheint man langsam, und das schleppt man mental durch das Wochenende. Erst am Samstagnachmittag zeigt man dann das wahre Potenzial."
"Nur das Rennen zeigt, ob man konkurrenzfähig ist oder nicht. Am Freitag passiert für die meisten gar nichts, jeder konzentriert sich nur darauf, die Arbeit im Rennen hinzubekommen. Ansonsten achtet man nur auf den Motor. Dabei geht es nicht um Motorschäden, sondern je härter man den Motor rannimmt, desto mehr Topleistung nimmt man weg. Man muss sorgsam auf das Triebwerk achten, damit man am Ende des Zweirennen-Zyklus' den bestmöglichen Motor hat."
Michelin bereitet Sorgen
Frage: "Man sagt, Barcelona ist eine Michelin-Strecke. Stimmt das? Und wie wird sich das im weiteren Verlauf der Meisterschaft entwickeln?"
Dennis: "Wir müssen bis zum Sonntag warten, um zu wissen, welcher Reifen zu dieser Strecke passt, denn zu diesem Zeitpunkt weiß das noch keiner. Die Leistung der Reifen liegt eng beieinander. Beim vergangenen Rennen haben Renault und wir die falschen Reifen gewählt. Wenn wir eine andere Konstruktion gewählt hätten, die uns beiden zur Verfügung stand, dann wären wir gegenüber Ferrari konkurrenzfähiger gewesen. Da haben wir keine perfekte Wahl getroffen. Da haben wir Bridgestone in die Hände gespielt. Es ist unvermeidlich, dass es im Reifenkrieg immer hin und her gehen wird. Unser Bedenken ist aber, dass Michelin noch aufhören möchte. Wir hoffen, dass sie ihr Entwicklungstempo dennoch beibehalten werden, aber bisher sind sie allen Verpflichtungen nachgekommen."
Frage: "Welches Team ist leistungsmäßig derzeit besser, Renault oder Ferrari? Oder sind beide gleich?"
Dennis: "Ich persönlich denke, dass Renault die bessere Arbeit abgeliefert hat, speziell in den ersten Rennen. Die eigene Leistung misst man noch immer an Renault. Dabei missachtet man natürlich viele Unterschiede der Autos und deren Einsatz, aber ich denke, Renault ist noch der Maßstab."
Die Unverständlichkeit von Kimi Räikkönen
Frage: "Wenn du dir vorstellen würdest, du wärst in Kimis Position. Was müsste man dir sagen, damit du dich für zwei oder drei weitere Jahre bei McLaren entscheiden würdest?"
Dennis: "Wenn ich Kimi wäre? Es gibt nur sehr, sehr wenige Leute, die Kimi wirklich verstehen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er sich immer selbst versteht. Aber eines, was Kimi möchte, ist Weltmeister werden. Dreimal scheiterten wir knapp daran, ihm diese Weltmeisterschaft zu geben. Es gibt eine verständliche Frustration, die nur von wenigen gesehen wird. Ich möchte, dass er Weltmeister ist. Ich bevorzuge es natürlich, wenn er es in einem unserer Autos wird."
"Ich glaube, dass das Beste, was ein Fahrer tun kann, ist, in einem Team zu bleiben. Die Geschichte zeigt das, aber das ist nicht immer die Meinung, die ein Fahrer hat. Ich respektiere alles, was er getan hat, und alles, was er in das Team brachte. Ich werde das auch weiter respektieren, wenn er eines der Angebote annimmt, die er hat. Und ich denke auch, dass er uns respektieren wird. Die Position, in der wir beide uns befinden, ist gleich. Derzeit müssen wir keine Entscheidung treffen. Kimi kennt alles über das Team."
"Wir alle wissen aber, dass das Leben auf der anderen Seite des Zauns immer besser aussieht. Alle Dinge, die man von mir erwartet, habe ich ihm und seinem Management gesagt. Man kann davon ausgehen, dass die anderen Teams, die an ihm interessiert sind, ihm ähnliche Dinge gesagt haben. Das ist nicht immer die Wahrheit, aber so ist das Leben - das ist die Formel 1."
Dennis freut sich auf den "demokratischen Prozess"
Frage: "Es gibt Aussagen, dass im ersten Treffen der neuen 'Sporting Working Group' das Einfrieren der Motoren von der Mehrheit der Teams abgelehnt wurde, oder zumindest der Zeitraum. Ist damit diese Idee der FIA gestorben?"
Dennis: "Die Formel 1 schuldet mir nichts, und ich schulde der Formel 1 alles. Natürlich versuche ich, in der Formel 1 eine Rolle zu spielen, die einige als kontrovers oder zu aggressiv ansehen. Ich habe das Gefühl, dass ich mit meiner Rolle den Wunsch habe, die Formel 1 wachsen zu lassen. Wenn man sich den Prozess ansieht, der am Mittwoch in Gang gesetzt wurde, dann wurde ich durch die Tatsache ermutigt, dass es eine demokratische Abstimmung war."
"Alle, die dabei waren, mussten hart arbeiten, um die Themen zu verstehen. Sie nahmen sich viel Zeit, um sich auf das Treffen vorzubereiten. Ich bin sicher, dass ihre Ziele auch mit meinen und vielen anderen in der Formel 1 übereinstimmen. Wenn es die Zukunft der Formel 1 ist, dass wir mit einem demokratischen Prozess daran bauen und alle Meinungen erforschen, dann wird das positiv für die Formel 1 sein. Aber das alles muss demokratisch sein, darauf hoffe ich."
Frage: "Nach dem 1. Juli müssen neue Regeln aber wieder einstimmig durchgebracht werden. Stimmt das?"
Dennis: "Ich kenne diese Regeln nicht so gut. Die Zuständigkeit in diesen Teilen fällt in andere Bereiche unserer Organisation. Aber ich denke, da werden die Dinge für 2006 und 2007 durcheinander gebracht. Was 2008 betrifft, so habe ich nie ein formales Dokument gesehen, um ein klareres Verständnis von den Schritten dieses Prozesses zu bekommen. Aber soweit ich weiß, arbeitet die 'Sporting Working Group' nur mit einer Mehrheit."
Frage: "Das Einfrieren der Motoren wurde aber vom Motorsport-Weltrat schon abgenickt. Kann die 'Sporting Working Group' dennoch gewinnen?"
Dennis: "Das ist ein gefährliches Gebiet und ich kenne nicht alle Details. Ich denke aber, dass es dem Weltrat vorgelegt wurde. Es war ein Grundsatz, der den Prozess durchlaufen sollte, kein finalisiertes Konzept. Aber es stimmt, es gibt eine Unsicherheit. Wir werden es sehen, wenn das alles zum Weltrat geht. Ich hoffe, dass man es als einen Expertenrat ansieht, dem man folgt."
Fahrerwahl bei McLaren: Dennis schweigt
Frage: "Bis wann muss eine Entscheidung bezüglich eurer Fahrer gefallen sein?"
Dennis: "Ich denke nicht, dass ich in einer Position bin, in der ich eine Entscheidung fällen müsste. Es ist noch früh in der Saison. Wenn sich etwas anbietet, dann werden wir eine Entscheidung treffen."
Frage: "Einer eurer derzeitigen Fahrer muss ja gehen, denn Fernando Alonso kommt ja. Wer von beiden ist denn eure erste Wahl?"
Dennis: "Wenn wir eine Wahl treffen müssen, dann machen wir das. Es geht dabei nicht darum, wer erste Wahl ist. Wenn wir eine Entscheidung über unsere Fahrerpaarung treffen, werde ich diese Frage beantworten. Das ist meine Antwort. Sie ist vielleicht nicht befriedigend, aber es ist meine Antwort."
Dennis verteidigt Sicherheitslage bei Testfahrten
Frage: "Zwei andere Aspekte sorgten in der jüngsten Vergangenheit für Aufregung. Zum einen die Sicherheit bei Testfahrten, zum anderen Änderungen am Qualifyingsystem. Was denkst du über beide Themen?"
Dennis: "Was die Sicherheit betrifft, so haben wir ein Testabkommen, daran ist auch eine Empfehlung von Gary Hartstein (dem FIA-Arzt; Anm. d. Red.) gekoppelt. Eine Sache wurde etwas übersehen, nämlich die Trennung von Rennen und Test. Bei einem Rennen gibt es eine riesige Zuschauermenge, aber es gibt auch den Wunsch, dass das Rennen weitergeht. Wenn man dort einen Unfall hat, gibt es einen Arzt und stärkeres medizinisches Team bei einem Grand Prix."
"Ein Test wird im Falle eines Unfalls unterbrochen und das Team losgeschickt. Natürlich dauert es länger, das medizinische Team an den Unfallort zu bringen, als wenn ein Arzt direkt dort sein würde. Man kann sich aber vorstellen, wie schwer es ist, so viele Ärzte wie bei einem Rennen zu einem Test zu bringen. Ein Rennen ist ein nationales Event und die Ärzte geben uns ihre Zeit. Bei einem Test müssten sie zudem den ganzen Tag bleiben, nicht nur für ein Rennen über zwei Stunden. Dass ist der Unterschied zu einem Rennen, und diese Unterschiede muss man vernünftig erörtern. Es ist schwierig, dort die Balance zu finden, denn man kann es nie sicher genug haben."
"Was das Qualifying betrifft, so geht es in der Formel 1 immer um Änderungen - allein in einem Auto stecken 5.000 Komponenten. Warum sollte man also einen Teil ausnehmen. Aber jede Änderung sollte wohl überlegt sein und nicht zu häufig in einer Saison stattfinden. Wir können lange darüber diskutieren, aber ich denke, es ist besser, es auf eine Änderung zur Saisonmitte zu begrenzen."

