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  • 22.06.2011 00:00

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Turbo oder V8: Entscheidung vor Gericht?

Wichtiges Meeting der Formel-1-Kommission: Bernie Ecclestone könnte das Turbo-Comeback ab 2013 mit rechtlichen Schritten verhindern

(Motorsport-Total.com) - Am 30. Juni läuft hinsichtlich des Motorenformats ab 2013 die am 3. Juni vom FIA-Motorsport-Weltrat gesetzte Frist ab, bis wann eine Entscheidung fallen muss. Doch das streitbare Kapitel könnte sich offenbar sogar noch länger hinziehen, denn Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone hat nun sogar vor, notfalls ein ordentliches Gericht einzuschalten.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone möchte an den aktuellen V8-Saugmotoren festhalten

Der FIA-Weltrat hat bereits zweimal (im Dezember 2010 und zuletzt Anfang Juni) beschlossen, dass Vierzylinder-Turbomotoren die aktuellen V8-Sauger ab 2013 ablösen sollen. Allerdings ließ man sich nach der letzten Abstimmung ein Hintertürchen offen: "In Übereinkunft mit den wichtigsten Interessengruppen könnte eine Faxabstimmung des Motorsport-Weltrats spätestens am 30. Juni über eine Neudefinierung der Implementierung dieser technischen Regeln entscheiden."

Viele Argumente gegen den Turbo

Hintergrund: Während FIA-Präsident Jean Todt und Renault unbedingt an der Idee festhalten wollen, der Formel 1 mit umweltfreundlicheren Turbos einen "Öko-Anstrich" zu verpassen, sind Ecclestone, Cosworth, Ferrari und Mercedes gegen eine solche Regeländerung. Ecclestone fürchtet wegen der Geräuschkulisse um die Attraktivität des Sports, Ferrari passt ein Vierzylinder nicht ins Marketingkonzept und Cosworth und Mercedes sorgen sich hinsichtlich der immensen Kosten.

Nun will Ecclestone seine Muskeln unter Umständen auch auf juristischem Weg spielen lassen und dies im Rahmen der heutigen Sitzung der Formel-1-Kommission in London zur Sprache bringen. Sein Argument: Im Concorde-Agreement steht, dass jede Regeländerung nur vom Weltrat beschlossen werden kann, wenn sie zuvor von den zuständigen Gremien (Technische Arbeitsgruppe und Formel-1-Kommission) ausgearbeitet und abgesegnet werden.

¿pbvin|512|3835||0|1pb¿In der Technischen Arbeitsgruppe sitzen neben den Technischen Direktoren der Teams FIA-Cheftechniker Charlie Whiting (sowie Ecclestone, der allerdings kein Stimmrecht besitzt). Die Formel-1-Kommission setzt sich aus Vertretern von zwölf Teams, acht Strecken, zwei Sponsoren, einem Motorenhersteller, Reifenhersteller Pirelli, Ecclestone und Todt zusammen. Ein mehrheitsfähiger Beschluss erfordert mindestens 18 von 26 Stimmen.

Juristen am Wort?

Die Kommission kann Vorschläge der Arbeitsgruppe lediglich zurückweisen oder zur endgültigen Abstimmung an den FIA-Weltrat weitergeben. Das ist in der Motorenfrage jedoch nicht passiert, weshalb Ecclestone nun die Bestimmungen des Concorde-Agreements verletzt sieht. Die FIA wiederum argumentiert, dass das Concorde-Agreement Ende 2012 ausläuft, der Motorenbeschluss aber erst die Zeit ab 2013 betrifft. Nun gilt es zu klären, wer im Recht ist.

¿pbvin|512|3834||0|1pb¿Innerhalb der Kommission könnte Ecclestone möglicherweise die größere Unterstützung genießen, denn er sollte mindestens die Stimmen von sechs Teams, zwei Sponsoren und seine eigene auf seiner Seite wissen. Dazu kommen noch acht Strecken, die vermutlich ein Interesse an einem weiterhin imposanten Sound haben, um ihre Tribünenplätze füllen zu können - zumal Ecclestone selbst sechs der acht Streckenvertreter (davon drei aus Europa) auswählen darf.

Von der finanziellen Überlebensfähigkeit der Streckenbetreiber profitieren wiederum die Teams, denn die sind zu 50 Prozent an den Grand-Prix-Gebühren beteiligt, die jeder Streckenbetreiber an Ecclestone überweisen muss. Sollte der Turbo - auf welchem Wege auch immer - doch noch kippen, wäre das vermutlich eine schwere sportpolitische Niederlage für FIA-Präsident Todt, der diesen unbedingt ab 2013 einführen wollte.