Trotz Bestzeit: Wird Mercedes Sonntag wieder ausgestochen?

Mercedes hat Barcelona wie bei den Testfahrten in seiner Hand, doch die Konkurrenz ist näher dran: Longruns könnten Anlass zur Sorge geben

(Motorsport-Total.com) - Mercedes hat sich zum Europaauftakt der Formel 1 wieder in starker Form präsentiert und sich gleich beide Bestzeiten beim Freien Training in Barcelona (Formel 1 2018 live im Ticker) gesichert. Valtteri Bottas war am Morgen der Schnellste, Teamkollege Lewis Hamilton holte sich am Nachmittag die schnellste Zeit - damit liegen beide Silberpfeile auch in der Tagesgesamtwertung auf eins und zwei, knapp vor den beiden Red Bulls.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas

Mercedes hat heute die schnellsten Rundenzeiten hingelegt Zoom

Damit knüpfte Mercedes an die Eindrücke der Wintertestfahrten an, wo man die schnellsten Zeiten setzte und sich zum Favoriten für die Saison 2018 mauserte. Zwar kommt Lewis Hamilton als WM-Führender nach Spanien, doch den besten Eindruck machte in den vergangenen Wochen ein anderes Team: Ferrari.

Auch jetzt am Grand-Prix-Wochenende könnte die Mercedes-Bestzeit nur ein Schein sein, denn bei den wichtigen Longruns hatte man nicht die Nase vorne. Red Bull sah bei vergleichbarem Material deutlich stabiler aus - und das auf allen Reifensätzen. Somit gilt Mercedes zwar als heißer Kandidat auf die Pole-Position am Samstag, könnte am Sonntag aber Probleme bekommen. Glücklicherweise für die Silberpfeile gilt die Pole statistisch als sogar wertvoller als in Monaco.

"Alles in allem war es ein guter Tag", sagt Bottas über den Freitag. "Das erste Training war besonders vielversprechend, da sich das Auto von Anfang an gut anfühlte. Für das zweite Training haben wir einige Änderungen vorgenommen, die das Auto nicht verbessert haben. Entsprechend sind wir zum ursprünglichen Set-up zurückgegangen."

Wind gibt Rätsel auf

Wie aussagekräftig die Zeiten heute waren, ist aber nicht gänzlich abzuschätzen, denn bei allen Fahrern knickten die weichsten Reifen ziemlich früh ein, sodass kaum ein Pilot eine gute Runde zu Ende fahren konnte. Hinzu kam der Wind, der heute ein großer Faktor war und ebenfalls einige Dinge verblasen hat. "Wenn du ein Auto mit so viel Downforce hast, und dann bläst der Wind von hinten auf den Heckflügel, hast du ein Problem", erklärt Mercedes-Sportchef Toto Wolff.

"Wir haben es auf den schnellen Runden gesehen: Verstappen hat einen Fehler gemacht, unsere beiden haben einen Fehler gemacht. Es waren heute schwierige Bedingungen", so der Österreicher weiter. Es bleibt festzuhalten, dass Daniel Ricciardo als schnellstem Verfolger heute 0,244 Sekunden auf die Bestzeit fehlten, bei gleichen Bedingungen in FP2 waren es sogar nur 0,133 Sekunden.

Der Vorsprung der Wintertestfahrten ist somit definitiv kleiner geworden, wenn er nicht sogar ganz aufgebraucht ist. "Wir waren bei den Tests hier sehr gut und haben uns seitdem definitiv verbessert, aber wir spüren, dass Red Bull und Ferrari von den Tests bis nach Melbourne größere Fortschritte als wir gemacht haben", sagt Valtteri Bottas, der daher wieder einen engen Kampf erwartet.

Weiter konstante Updates

Gerüchten zufolge habe Mercedes vor dem Saisonstart etwas an seinem Motor verändern müssen, was rund eine Sekunde an Performance gekostet haben soll, doch solche Meldungen verweist Wolff ins Reich der Fabeln: "Nein, das ist nicht wahr", stellt er klar. Mercedes sei bei seinen Motoren wie sonst auch unterwegs gewesen. "Es gibt keine Wunderwaffe", betont er. "Es gibt viele Gerüchte: Wer macht was? Aber es gibt keine einzelne Entwicklung, die den Unterschied macht."

Die Silberpfeile sind in Sachen Entwicklung auf jeden Fall konservativer als die Konkurrenz unterwegs. Während Ferrari etwa auffällige Updates bei den Rückspiegeln gebracht hat, setzt Mercedes in Barcelona auf kleinere Schritte bei Frontflügel und Unterboden. Das Team verbessert sein Auto lieber konstant Rennen für Rennen, als plötzlich mit einem großen Update um die Ecke zu kommen, wie es etwa in Barcelona bei den meisten Rennställen Usus ist.


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Laut Toto Wolff ist ein auffälliges Update auch nicht immer hilfreich. Ferrari landete heute etwa nur auf den Plätzen fünf und sechs, was Hamilton aber mit Sandbagging abtut. "Was funky aussieht, trägt am Ende manchmal nicht so sehr zum Abtrieb bei", meint Wolff. "Du musst bei deinen Wurzeln bleiben, und wir sind in dieser Hinsicht etwas konservativ - aber das hat uns geholfen."

Hamilton trotz WM-Führung nicht glücklich

Und obwohl Mercedes bislang in dieser Saison noch nicht auf Höhe der gewohnten Performance war, führt Lewis Hamilton die WM seit dem Rennen in Baku an. Trotzdem fühlt sich der amtierende Weltmeister derzeit "absolut unwohl", wie er sagt. An seine Führung habe er bislang keine Sekunde gedacht, weil das für ihn derzeit nicht wichtig sei, solange das Team noch Probleme habe. "Es kommt darauf an, wo man am Ende des Jahres steht", betont er.

"Wenn wir die Probleme an diesem Wochenende in den Griff bekommen sollten und anfangen, konstanter zu werden, dann bin ich glücklicher, weil ich dann weiß, dass ich wieder in meiner Gewichtsklasse oder sogar darüber kämpfen kann", so Hamilton, der derzeit unter seinen Möglichkeiten bleibe. "Und das ist nicht genug, um den WM-Titel zu gewinnen", sagt er. "Derzeit profitieren wir enorm von den Umständen im Rennen. Das nehme ich jetzt gerne mit, aber langfristig kann ich mich nicht darauf verlassen."


Grand Prix von Spanien

Sollte Mercedes seine heutige Stärke auch ins Qualifying mitnehmen können (obwohl man auf dem Supersoft kaum Fortschritte zum Soft sah), dann hat man den Rennsieg am Sonntag zumindest in seiner eigenen Hand. Und noch soll Performance im Fahrzeug drin sein: "Das Auto war heute nicht perfekt", sagt der Leitende Renningenieur Andrew Shovlin. "Hoffentlich können wir über Nacht ein paar Fortschritte erzielen und dann Red Bull sowie Ferrari morgen das Leben schwer machen."

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