• 17.12.2001 14:28

Toyota Motorsport Präsident Ove Andersson im Interview

Toyota Motorsport Präsident Ove Andersson spricht über das neue Auto und über die Ziele der Japaner in der Formel 1

(Motorsport-Total.com/sid) - Frage: "Nach einem Jahr Vorbereitung und Testen: Wie fühlt man sich nun als offizielles Mitglied der Formel 1?"
Ove Andersson: "Wir haben schon eine Menge gelernt. Das Auto, mit dem wir getestet haben, glich mehr einem fahrenden Labor als einem echten Formel-1-Rennwagen. Es gibt viele Dinge, die wir in unser neues Auto einbauen mussten. Wo wir stehen, kann ich nicht sagen. Wir sollten in der Lage sein, uns für Rennen zu qualifizieren, hoffentlich nicht auf dem letzten Platz."

Titel-Bild zur News: Ove Andersson

Ove Andersson fiebert bereits dem Saisonauftakt 2002 entgegen

Frage: "Die Zeiten bei Ihren Testfahrten waren aber deutlich schwächer als die der Konkurrenz ..."
Andersson: "Man kann diese Zeiten nicht mit Qualifying-Zeiten anderer Teams vergleichen. Das war auch nie unsere Absicht. Wenn man Vergleiche ziehen will, dann mit den besten Rennrunden. Manchmal waren wir da relativ dicht dran, manchmal nicht. Wir sind zufrieden mit dem, was wir geschafft haben. Aber 2002 wird ein Lehrjahr."

Frage: "Ihr neuer Konstrukteur Gustav Brunner ist im Formel-1-Zirkus bekannt für revolutionäre Ideen. Kann man auch am Toyota 2002 Neuigkeiten sehen, oder ist es ein eher konventioneller Rennwagen?"
Andersson: "Wir brauchten eher eine gute Basis, um zu lernen, wie die Formel 1 funktioniert. Ab dem nächsten Auto kann Gustav Brunner seine Kreativität spielen lassen."

Frage: "Was ist das Ziel für die erste Saison?"
Andersson: "Wir haben ein komplett neues Team. Einige Leute kommen aus anderen Bereichen des Motorsports. Wir müssen zu einem funktionierenden Team zusammenwachsen, das ist unser erstes Ziel."

Frage: "Haben Sie einen Zeitplan wie zum Beispiel BMW bei der Rückkehr in die Formel 1: Im ersten Jahr lernen, im zweiten und dritten um Siege und im vierten oder fünften Jahr um die WM kämpfen?
Andersson: "Wenn wir in fünf Jahren vorn mitfahren könnten und Toyota als echter Wettbewerber anerkannt wäre, hätten wir einen guten Job gemacht."

Frage: "Toyota war Rallye-Weltmeister und hat in Le Mans um den Sieg gekämpft. Warum wagen Sie jetzt den Sprung in die Formel 1?"
Andersson: "Die Formel 1 ist die ultimative Herausforderung im Motorsport. In der Rallye konnten wir nichts mehr erreichen, vielleicht in Le Mans, aber die Formel 1 war der nächste Schritt."

Frage: "Sie bauen Motor und Auto selbst, was in der Formel 1 sonst nur Ferrari, Renault und Jaguar macht. Warum haben Sie sich so entschieden und sind nicht eine Partnerschaft mit einem erfahrenen Team eingegangen?"
Andersson: "Wenn man ein Team mit Motoren beliefert, erhält man nicht die gleiche Aufmerksamkeit als wenn man alles selbst macht. Es ist eine mutige Entscheidung. Außerdem, welche größeren Teams hätten zur Verfügung gestanden? Williams arbeitet mit BMW, McLaren mit Mercedes."

Frage: "Jordan oder BAR wären möglich gewesen ..."
Andersson: "BAR vielleicht. Aber um in die erste Reihe zu kommen, hätte ein Konzern wie Toyota auch in ein anderes Team viel investieren müssen. Ich weiß nicht, ob das so einen großen Unterschied gemacht hätte."

Frage: "Sie haben viel Geld in die Fabrikgebäude in Köln investiert..." Andersson: "Wir sind schon seit 1979 in Köln. Hier ist über 20 Jahre etwas aufgebaut worden. Schon vor dem Formel-1-Projekt hatte Toyota hier viel investiert, über die Jahre gesehen vielleicht 250 Millionen Mark. Wir sind hier, weil wir diese Investitionen nutzen wollen."

Frage: "Ist es schwieriger, ein Formel-1-Team in Deutschland zu betreiben anstatt im Motorsport-Mutterland England, wo die meisten Rennställe zu Hause sind?"
Andersson: "Das kann ich nicht beurteilen, weil ich nie irgendwo anders gearbeitet habe. Für mich ist Ferrari das derzeit beste Team, und das ist in Italien. Und Sauber aus der Schweiz ist 'Best of the Rest'. Deutschland ist ein High-Tech-Land mit Autoherstellern wie Mercedes, BMW, Audi. Wir sind im Zentrum Europas. Es ist einfacher von hier zu arbeiten als von England, wo man immer über den Kanal reisen muss, wenn man irgendwo hin will. Im Moment sehe ich für uns keinen Nachteil, höchstens, dass wir hier ein Netz von Zulieferern aufbauen müssen, das in England vorhanden ist. Aber als neues Team wären wir dort auch die letzten in der Reihe."

Frage: "Der deutsche Anteil an Ihrem Team beträgt rund 70 Prozent. Glauben Sie, dass die Fans Toyota als "deutsches" Team annehmen könnten?" Andersson: "Toyota sieht sich selbst nicht als japanischer Hersteller, sondern als Weltunternehmen. Vielleicht sollte unser Markenzeichen werden: Toyota - made in Köln. Natürlich hoffe ich, dass wir als in Deutschland arbeitendes Team akzeptiert werden. Warum sollte es nicht positiv für uns sein, dass wir das einzige Team sind, das komplett in Deutschland arbeitet?"

Frage: "Da fehlt dann nur noch ein deutscher Fahrer ..."
Andersson: "Das wäre der nächste Schritt, aber darauf müssen wir noch warten. Wenn es in ein paar Jahren einen guten deutschen Fahrer gäbe, einen neuen Schumacher, warum nicht?"

Frage: "Es gab im letzten Jahr mal Spekulationen in Italien, sie wollten Michael Schumacher verpflichten, später gab es Gerüchte um Heinz-Harald Frentzen."
Andersson: "Schumacher könnten wir auf der einen Seite nicht bezahlen, und auf der anderen Seite würde durch einen solchen Fahrer der Druck auf das Team ungeheuer groß. Frentzens Management hatte nach seiner Entlassung bei Jordan einmal mit uns Kontakt aufgenommen. Das war unsere einzige Verbindung."

Frage: "In der Formel 1 sind jetzt acht große Autohersteller vertreten. Könnte das ein Problem sein?"
Andersson: "Natürlich will jeder gewinnen. Aber wenn man ein Level erreicht, dass die Fans Toyota als eines von drei oder vier Teams ansehen, dass die Pole Position oder den Sieg holen kann, hätten wir viel erreicht. Um zu gewinnen, müssen so viele Dinge zusammenpassen: Fahrer, Auto, Reifen - alles muss perfekt sein."

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