Toto Wolff: "Ich schreibe kein einziges Team ab"

Toto Wolff rechnet vor der neuen Saison damit, dass jedes Team ganz vorne sein könnte - Handicap-System ein Nachteil für Mercedes, den man in Kauf nimmt

(Motorsport-Total.com) - Nach acht Konstrukteurstiteln in Folge geht Mercedes als kleiner Favorit in die neue Formel-1-Saison, doch Motorsportchef Toto Wolff weiß, dass die Erfolge aus den vergangenen Jahren durch das neue Reglement nichts mehr wert sind. Alle Teams beginnen mit einem weißen Blatt Papier, sodass laut dem Österreicher viele für Spitzenplätze infrage kommen - wenn nicht sogar alle.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und Red-Bull-Teamchef Christian Horner vor dem Formel-1-Saisonfinale in Abu Dhabi 2021

Gibt es wieder einen Kampf zwischen Mercedes und Red Bull? Zoom

"Persönlich schreibe ich kein einziges Team ab. Jeder könnte zu Saisonbeginn weit vorne sein", sagt er im Rahmen der Präsentation des neuen W13. Denn er kann sich noch gut an die Situation 2009 erinnern, als Brawn - aus dem ein Jahr später Mercedes wurde - dank des Doppeldiffusors plötzlich vorne war und die WM am Ende auch gewann.

"Wenn ein Team innovativ war und Möglichkeiten entdeckt hat, die zum Game-Changer werden könnten, dann kann jeder zu Beginn vorne sein", sagt er.

Wolff hofft auf schnellen Ferrari

Vor allem einem Team drückt er zum Wohle des Sports die Daumen, dass es wieder ganz vorne mitmischen kann: Ferrari. "Als Fan liebe ich Ferrari. Sie sind der größte Name in der Formel 1, und es kann nicht sein, dass Ferrari nicht um Siege und Titel kämpft", sagt Wolff und meint: "Für alle Fans des Sports muss Ferrari vorne dabei sein, und wir haben sie in den vergangenen Jahren vermisst."

Die Scuderia hatte bereits am gestrigen Donnerstag ihren neuen F1-75 vorgestellt und besitzt einen kleinen Vorteil gegenüber Mercedes. Als WM-Dritter des Vorjahres haben sie mehr Entwicklungszeit als die Silberpfeile. In der ersten Saisonhälfte 2021 konnten sie sogar noch deutlich stärker entwickeln, weil sie 2020 nur Sechster geworden waren.


Fotostrecke: Formel 1 2022: Der neue Mercedes W13 von Hamilton und Russell

Das liegt am neuen Handicap-System in der Aerodynamik-Entwicklung. Durfte Mercedes nur 90 Prozent der Referenzzeit entwickeln und 36 Windkanal-Runs pro Woche absolvieren, konnte Ferrari in der ersten Saisonhälfte 102,5 Prozent der Zeit nutzen und 41 Runs pro Woche absolvieren. Das hat sich im Sommer zwar etwas zusammengeschoben, dennoch besitzt Mercedes weiter einen Nachteil.

Mercedes im Entwicklungsnachteil

Denn in der ersten Jahreshälfte 2022 kommt Mercedes als Konstrukteursweltmeister nur noch auf 70 Prozent Entwicklungszeit (28 Runs), Ferrari auf 80 Prozent (32 Runs). Bei der erwartet steilen Entwicklungskurve könnte das einen entscheidenden Unterschied machen.

"Mehr Entwicklungszeit im Windkanal zu haben, ist etwas, das man definitiv im Hinterkopf haben muss", sagt Wolff und meint, dass der Unterschied zwischen Platz eins und sechs auf der Strecke nur ein paar Zehntelsekunden ausmacht. Dafür hat das schlechtere Team aber den Vorteil der Entwicklung.

"Du musst natürlich aufholen, aber wir waren ein Teil des Reglements", weiß Wolff, dass Mercedes dem System zugestimmt hat. Er betont: "Ich finde es gut, Wettbewerb zu erschaffen. Wir werden sehen, wo jeder stehen wird."


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Re-Live: Das war die Präsentation des Mercedes-Teams. Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll führen in deutscher Sprache durch den Livestream. Weitere Formel-1-Videos

Ob im zweiten Schritt auch das Racing besser wird, das bleibt für ihn ebenfalls abzuwarten: "Das Konzept ist komplett anders als das, was wir gekannt haben. Erst wenn wir gegeneinander fahren, werden wir sehen, ob das einfach geworden ist oder nicht", so der Motorsportchef. "Wer auch immer zu diesem Zeitpunkt vorhersagt, dass Überholen einfacher werden wird, ist mutig."