Toro Rosso: Großes Handicap durch den Vorjahresmotor?

Bei Toro Rosso ist man mit den Wintertests in Barcelona zufrieden, hat allerdings trotzdem Sorgen - Wird der Ferrari-Vorjahresmotor noch zu einem großen Nachteil?

(Motorsport-Total.com) - Toro Rosso wird in der Formel-1-Saison 2016 mit Ferrari-Motoren an den Start gehen. Was im Vergleich zum Renault-Antrieb zunächst wie ein Schritt nach vorne aussieht, könnte sich im Laufe der Saison allerdings sogar als Nachteil erweisen. Denn die Scuderia wird von Ferrari lediglich Vorjahresmotoren erhalten und keine aktuellen Antriebe. Während die anderen Teams sich also auf Upgrades freuen dürfen, muss Toro Rosso sich mit dem vorhandenen Material begnügen.

Titel-Bild zur News: Carlos Sainz

Carlos Sainz überzeugte in Barcelona mit einem starken vierten Platz Zoom

"Uns ist bewusst, dass alle anderen bei der Power Unit Fortschritte machen werden", erklärt Technikchef James Key und ergänzt mit einem Seitenhieb auf Renault: "Aber bei allem Respekt vor unserem alten Motorenhersteller: Im vergangenen Jahr war unsere Situation ähnlich, und trotzdem waren wir am Ende der Saison noch einigermaßen konkurrenzfähig."

"Dieses Jahr ist die Entwicklung etwas freier, was ein Nachteil für uns ist. Wir müssen uns das ansehen und schauen, ob wir es durch das Chassis ausgleichen können. Die Regeln für 2017 werden das erschweren, denn da gibt es auch eine Menge Arbeit zu erledigen. Man muss die richtige Balance finden. Das Wichtigste ist, dass wir so gut wie möglich in das Jahr starten."

Wechsel auf 2016er-Motor kein Thema

Weil Toro Rosso im Laufe des Jahres auf der Motorenseite keine Upgrades erhalten wird, muss das Team aus Faenza beim Saisonstart so viele Punkte wie möglich sammeln. "Ich machte mir immer größere Sorgen um die zweite Saisonhälfte, weil dieser Motor nicht weiterentwickelt wird", erklärt auch Teamchef Franz Tost und ergänzt: "Ob das ein großer Nachteil sein wird, kann man jetzt nicht sagen. Wir haben eine sehr professionelle Business-Partnerschaft mit Ferrari und sind sehr zufrieden mit ihnen."

"Wenn Ferrari neue Updates bringt, dann würde ich mich natürlich freuen. Ich schätze aber, dass sie sich auf die Entwicklung ihres Motors konzentrieren werden. Es wäre eine positive Überraschung, wenn sie mit neuen Updates kommen. Ich wäre natürlich nicht dagegen", so Tost, der einen Wechsel auf den neuen Motor von 2016 aber ausschließt. "Nein, dafür müsste man ein komplett neues Auto bauen", erklärt er.


Fotostrecke: Alle Toro-Rosso-Präsentationen

"Das ist eine Frage von Zeit und Geld. Toro Rosso ist nicht in der Lage, viele Upgrades zu bringen und in einer Saison zwei neue Autos zu bauen", sagt Tost. Key präzisiert: "Die meisten Teams haben ihr Projekt für 2017 bereits gestartet, wir auch. Die Regeln sind zwar noch etwas unsicher, aber wir haben uns jetzt auf eine Richtung geeinigt. Jetzt müssen wir schauen, wo wir stehen. Dann werden wir unsere Strategie etwas verfeinern."

Barcelona-Test eine positive Überraschung

Ohnehin brachte die Entscheidung, von Renault zu Ferrari zu wechseln, bereits eine Menge Stress für die Crew in Faenza mit sich. "Ehrlich gesagt hatten wir keine Ahnung, wie gut das Auto hier funktionieren würde", erklärt Key nach den beiden Wintertests in Barcelona und verrät: "Unsere Priorität war es, dass wir das Auto so gut wie möglich vorbereiten. Wenn du so eine späte Entscheidung (beim Motor; Anm. d. Red.) hast, dann fehlt dir die Zeit, um diverse Systeme zu prüfen."

"Wir haben unser Bestes gegeben und die Berechnungen haben gestimmt. Aber das kann man nie genau wissen, bevor man auf die Strecke geht. Es war eine angenehme Überraschung, dass wir so viele Runden fahren konnten", so Key. Max Verstappen und Carlos Sainz spulten in den zwei Wochen in Barcelona 4.883 Kilometer ab. Noch mehr fuhr nur Mercedes (zur Statistik in unserem Testcenter).


Fotos: Toro Rosso, Test in Barcelona


Die Zuverlässigkeit des neuen STR11 - samt Ferrari-Motor - scheint also zu stimmen. Aber wie sieht es mit der Performance aus? "Wir wollten die Stärken des Vorjahresautos weiter ausbauen und sie nicht verlieren", berichtet Key. "Also ist unsere Performance bei hohen und mittelschnellen Geschwindigkeiten gleich geblieben. Wir hatten das Gefühl, dass wir bei niedrigen Geschwindigkeiten ein Defizit haben, also haben wir da angesetzt."

Keine Kompromisse auf der Chassis-Seite

In Barcelona fuhr Sainz in 1:23.134 Minuten die viertschnellste Zeit des Tests, sein Rückstand auf die Bestzeit von Kimi Räikkönen lag nur bei 0,369 Sekunden. Interessant: Trotz des neuen Motors ging Toro Rosso beim Chassis keine Kompromisse ein. "Der Motor hat andere Anforderungen. Insofern haben wir uns das Leben selbst schwer gemacht, indem wir unsere Philosophie nicht verändert haben", erklärt Key.

"Wir mussten den neuen Motor in das Auto einbauen, das wir vorher bereits entworfen hatten. Das haben wir hinbekommen. Aber mit einem anderen Motor wäre es trotzdem das gleiche Auto", versichert der Technikchef der Scuderia. Große Revolutionen sind seiner Meinung nach in diesem Jahr sowieso nicht möglich gewesen, da die Formel 1 nun bereits ins dritte Jahr mit fast identischen Regeln geht. "Es wird jetzt schwieriger", so Key.


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"Am Anfang hast du eine sehr steile Lernkurve, denn du siehst, was die anderen machen, und du erkennst deine eigenen Stärken und Schwächen. Du lernst mehr über die Power Unit und all diese Sachen. Dieser Prozess dauerte bis zum vergangenen Jahr. Ich denke, dass du jetzt weniger Fortschritte durch die Entwicklung erzielst. Es wird in diesem Jahr darum gehen, Details zu finden und clevere Ideen zu haben", so Key. 2017 soll es in der Königsklasse dann ein neues Reglement geben.