• 09.05.2005 17:43

Todt: "Wir müssen einen besseren Job machen"

Im Interview analysiert Jean Todt die derzeitige Krise seines Ferrari-Teams - Bridgestone braucht seiner Meinung nach mehr Partner

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jean, wie schätzt du eure Chancen in der Weltmeisterschaft nach dem Grand Prix von Spanien ein?"
Jean Todt: "Es wird schwieriger. Jedes Rennen, in dem unsere Rivalen sechs, acht oder zehn Punkte sammeln, macht es uns schwieriger. Aber es ist eine lange Meisterschaft, noch sind ja 14 Rennen zu fahren."

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt kommen langsam erste Zweifel, was den nächsten Titel angeht...

Frage: "An euren Ressourcen kann es ja nicht hapern, oder?"
Todt: "Wir haben alles. Es liegt an uns. Wir machen unsere Hausaufgaben nicht gut genug, das ist klar. Dafür gibt es keine Entschuldigungen. Es fehlt aber nicht mehr viel. Wir müssen einmal vorne starten. Wenn uns das wieder gelingt, werden wir wieder stark sein."#w1#

Performance in der ersten Runde das größte Problem

Frage: "Was ist denn im Moment eure größte Schwäche?"
Todt: "Die erste Runde, würde ich sagen. Dadurch kommen wir in schwierige und kritische Situationen. Wenn man vorne startet, ist alles so viel einfacher, denn dann bleibt man auch vorne. In Sachen Beständigkeit sind wir bis zu einem gewissen Grad sehr gut, aber wir müssen untersuchen, was in Barcelona passiert ist. Bei Rubens hatten wir ein Motorenproblem, das sein Rennen komplett kaputt gemacht hat, auch wenn es nicht durch fundamental neue Teile an seinem Motor verursacht worden ist. Ich würde nicht sagen, dass das Dinge sind, die leider Gottes manchmal passieren können, denn wir hatten diese Probleme lange nicht, aber jetzt kommen sie auf einmal. Es liegt in unserer Macht. Wir müssen einen besseren Job machen."

Frage: "Inwieweit hat eure Krise damit zu tun, dass ihr das einzige Top-Team von Bridgestone seid?"
Todt: "Wir kämpfen alleine mit den Bridgestone-Reifen. Bridgestone ist ein großartiger Partner, denn wir hatten gemeinsam viele Erfolge. Wenn wir aber auch nur das geringste Problem haben, stehen gleich acht Autos vor uns. Das ist im Moment leider so. Aber beschwere ich mich deswegen? Nein. Wir haben das gewusst und haben uns bewusst auf diese Situation eingelassen. Dazu muss ich aber auch sagen, dass wir nichts gegen ein weiteres Top-Team bei Bridgestone einzuwenden hätten. Beim Testen würde uns das definitiv helfen. Bei Bridgestone arbeiten sie hart, aber die Resultate sind derzeit ein Fragezeichen. Das kann zwei, drei, fünf oder mehr Rennen dauern."

Wechselt Red Bull auf Wunsch von Ferrari zu Bridgestone?

Frage: "Wünschst du dir, dass Red Bull 2006 zu Bridgestone wechselt? Sie fahren ja dann mit euren Motoren."
Todt: "Fahren wir erst einmal dieses Jahr zu Ende, dann werden wir sehen. Es hängt immer alles davon ab, wie viele starke Teams man hat. Im Moment scheinen vor allem zwei Teams stark zu sein..."

Frage: "Hat dich die Vorstellung von Kimi Räikkönen überrascht?"
Todt: "In Imola, als Räikkönen vorne lag, war es ja nicht anders. Außerdem hatte Alonso heute phasenweise Probleme."

Frage: "Als Michael Schumacher ausgeschieden ist, war er Dritter. Hätte er Zweiter werden können?"
Todt: "Ich will nicht schätzen. Das Einzige, was ich sicher weiß, ist, dass er schwerer war als andere Fahrer. Darum konnte er überhaupt erst auf Platz drei nach vorne kommen. Wenn nicht ein Problem aufgetaucht wäre, hatte er versucht, seine Situation weiter zu verbessern. Ob er es tatsächlich geschafft hätte, weiß ich auch nicht."

Schumachers Reifenschäden sind noch nicht geklärt

Frage: "Habt ihr schon herausgefunden, wie es zu seinen Reifenschäden gekommen ist?"
Todt: "Michael kam in Runde 44 an die Box, um den Hinterreifen wechseln zu lassen, denn er hatte einen Reifenschaden. In Runde 46 ist dasselbe mit dem linken Vorderreifen passiert. Die Gründe dafür kennen wir noch nicht. Es ist entweder ein Problem in der Konstruktion - oder aber er ist über Wrackteile gefahren."

Frage: "War er auf einer Ein-Stopp-Strategie?"
Todt: "Er ist spät zum ersten Stopp reingekommen. Ob er ein zweites Mal hätte kommen müssen, werden wir nie erfahren (grinst). Jedenfalls war er nicht auf drei Stopps!"

Frage: "Rubens Barrichello konnte das Rennen mit seinen Reifen auch beenden. Warum nicht Michael Schumacher?"
Todt: "Die Reifen von Rubens waren okay, aber der Speed seines Rennens war auch ein anderer. Uns war aber klar, dass für Rubens die einzige Chance sein würde, viel Benzin mitzunehmen, denn er musste ja von ganz hinten starten."

Keine Zweifel am Speed des neuen F2005

Frage: "Wie zufrieden seid ihr bisher mit der Performance des F2005?"
Todt: "Solange wir in Bahrain im Rennen lagen, waren wir sehr konkurrenzfähig. Auch in Imola waren wir konkurrenzfähig, aber wir mussten zu weit hinten starten. Heute waren wir wieder bis zum Ausfall konkurrenzfähig, aber wieder sind wir zu weit hinten gestanden. Es ist genau wie ich gesagt habe: Wir sind schnell, holen aber keine Punkte, was nicht gut ist. Mir wäre lieber, nicht konkurrenzfähig zu sein, aber maximale Punkte zu holen. Das passiert aber auch nicht..."

Frage: "Wie werdet ihr euch jetzt auf Monaco vorbereiten?"
Todt: "Wir werden ein spezielles Monte-Carlo-Paket mit einigen speziellen Teilen haben, auch spezielle Reifen. Wir wollen einen besseren Startplatz erreichen, denn das ist dort ungemein wichtig."

Momentan kein zweites Ferrari-Kundenteam geplant

Frage: "Werdet ihr 2006 neben Red Bull auch Sauber mit Motoren beliefern?"
Todt: "Wenn Sauber unsere Motoren will, verhandeln wir natürlich gerne mit ihnen. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Grundsätzlich ist die Frage, welche Teams unseren Motor wollen und wer für uns als Kunde in Frage kommen würde. Mit Red Bull haben wir einen sehr guten Partner, über den wir uns sehr freuen, denn es war ihr Wunsch, zu uns zu kommen, und unser Wunsch, sie mit Motoren zu beliefern."

Frage: "Viele empfinden die Sperre von BAR-Honda durch die FIA als zu hart. Wie stehst du zu diesem Thema?"
Todt: "Ich bin kein Richter, daher will ich mich dazu nicht äußern. Wenn ich aber etwas dazu sagen müsste, dann folgendes: Ferrari würde nie in eine solche Situation kommen. Es geht bei diesem Spiel immer darum, wie weit man sich an das Limit heranwagen will. Sie haben ein Risiko genommen und müssen jetzt dafür bezahlen. Ob die Strafe hart genug ist oder nicht, dazu werde ich nichts sagen. Wir haben das Rennen in Imola wegen BAR-Honda verloren, denn wenn man sich anschaut, wie viel Zeit Michael hinter Button eingebüßt hat... Aber das ist Geschichte. Man kann ein Rennen nicht noch einmal austragen."