• 23.05.2002 20:24

  • von Fabian Hust

Todt: "Unser Vorteil ist nicht groß"

Ferrari-Rennleiter Todt verrät, warum er immer noch große Sorgen hat, dass Ferrari und Schumacher nicht Weltmeister werden

(Motorsport-Total.com) - Auf der offiziellen FIA-Pressekonferenz sprach Teamchef Jean Todt in Monaco über den engen WM-Kampf.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt: Angst vor dem Scheitern als Verfolungswahn

Frage: "Jean, waren sie von der Intensität der Reaktion nach Österreich überrascht?"
Jean Todt: "Ja, es wäre falsch zu behaupten, dass wir eine solche Reaktion erwartet hätten. Wir haben vielleicht nicht genügend darüber nachgedacht, aber passiert ist passiert und wir werden das in Zukunft in Betracht ziehen."

Frage: "Würden sie in Zukunft bestimmte Dinge anders machen?"
Todt: "Wissen sie, ich werde ihnen nicht andeuten können, wie die Strategie von Ferrari in Zukunft sein wird. Definitiv ist dies hier ein Spiel, in dem man mit Strategie arbeiten muss, zumindest Ferrari ist der Meinung, dass man Strategie braucht, wenn man bestimmte Umstände hat, was in diesem Fall der Fall war. Wir dachten in diesem Moment, dass wir es nicht zulassen können, dass wir vier Punkte verlieren. Ob das nun eine gute oder schlechte Entscheidung war ? es war unsere Entscheidung und dazu stehen wird. Ich habe von meinen Kollegen gehört, wie hart die Formel 1 ist. Die Formel 1 ist hart, sie war hart zu Ferrari. Ferrari ist seit vielen Jahren in der Formel 1. Wir hatten gute Zeiten und wir hatten schlechte Zeiten."

Frage: "Hat sich Ferrari beim Bürgermeister von Spielberg für das entschuldigt, was auf dem Podium passiert ist?"
Todt: "Nein. Wir haben uns nicht entschuldigt. Wir haben bemerkt, dass wir das Podiumsprotokoll nicht zu 100 Prozent befolgt haben. Und ich werde das auch nicht hier beantworten, denn ich denke nicht, dass es der richtige Platz dazu ist, bedenkt man, dass wir am 26. Juni vor den Weltrat treten, wir werden die Fragen also dann beantworten."

Frage: "Natürlich war es eine jener Erinnerungen in Österreich gewesen, dass im Jahr 1998 McLaren weit, weit zu Saisonbeginn vor euch lag, aber ihr die Lücke schließen konntet. Denken sie, dass der Vorsprung, den ihr im Moment habt, ähnlich dem ist, den McLaren damals hatte und ihr aus diesem Grund den Wechsel in Österreich machen musstet?"
Todt: "Wie notwendig war es? Wir werden das nie wissen, zumindest jetzt nicht, erst später in der Saison. Ich denke nicht, dass man 1998 mit jetzt vergleichen kann, denn wenn ich mich richtig erinnere, so gab es 1998 keinen Reifenkrieg und wir wissen sehr gut, wie sehr sich der Reifen auf die Saison auswirkt. Wir sind vielleicht das stärkste Team auf den Bridgestone-Reifen. Wir treten gegen ein paar andere sehr starke Teams an, die mit Michelin unterwegs sind, wir wissen also sehr gut, dass wenn die anderen ein besseres Paket haben, wir eine Menge Autos vor uns haben. Damit will ich sagen, dass wir wissen, dass wir ein gutes Auto haben, dass wir aber es auch verbessern müssen. Das versuchen wir jeden Tag, sowohl am Motor als auch am Chassis, aber der Reifeneffekt ist sehr wichtig und wir können nicht vorhersagen, wie groß er sein wird. Und glauben sie mir, ich denke nicht, dass irgendjemand denken wird, dass eine Reifenfirma aufgeben wird. Wir wissen nicht, was passieren kann und es kann in den kommenden Rennen so kommen, dass der Gegner dominiert und darauf müssen wir vorbereitet sein."

Frage: "Nachdem nun Österreich Geschichte ist, würden sie die gleiche Entscheidung wieder treffen?"
Todt: "Ich versuche präzise zu sein. Ich habe nicht das Gefühl, dass unser Vorteil in der Weltmeisterschaft nach sechs Rennen so groß ist. Was die Hersteller angeht, so würde ich sagen, dass es da gar keinen Unterschied gibt. Sie würden natürlich sagen, dass dies die Sache bei den Konstrukteuren gar nicht ändert und da würde ich ihnen Recht geben. Aber bei den Fahrern sieht es so aus, als hätten wir einen größeren Vorsprung, aber wir hatten das auch im Jahr 2000, als Michael glaube ich mit 22 oder 24 Punkten führte, dann aber nach drei Rennen zurücklag. Und ich erinnere mich, dass ich vor Monza meinen Leuten sagte, dass wir bei verbleibenden Rennen zwei gewinnen müssen, wenn wir Weltmeister werden möchten. Zum Glück haben wir drei der drei Rennen gewonnen und wurden Meister. Wissen sie, es liegt also noch ein langer Weg vor uns und wir kennen das Business so gut, dass man den Titel nicht sicher hat, bevor man ihn nicht wirklich eingefahren hat."