Todt: "Es war ein schwieriges Wochenende"
Ferrari-Teamchef Jean Todt über den Grand Prix von Malaysia, die Probleme mit dem Motor, die Aufregung um den Frontflügel und vieles mehr
(Motorsport-Total.com) - Mit den Plätzen fünf und sechs wurde Ferrari nach dem Superauftakt in Bahrain gestern in Malaysia wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt, auch wenn ohne Strafversetzungen wahrscheinlich wesentlich mehr möglich gewesen wäre. Nach dem Rennen stellte sich Teamchef Jean Todt wie immer den Fragen einer kleinen Journalistenrunde.

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Sorgenfalten bei Jean Todt: Ferrari war in Malaysia eindeutig nicht siegfähig
Frage: "Jean, wie zufrieden bist du mit eurer heutigen Leistung?"
Jean Todt: "Ich würde sagen, dass wir in der 20. Runde ganz gut begonnen haben, aber das Rennen fängt nun mal in der ersten Runde an. Ohne Frage müssen wir angesichts unserer Startpositionen mit diesem Resultat zufrieden sein. Natürlich ist es kein zufrieden stellendes Resultat, aber es ist das Maximum, was heute möglich war."#w1#
Beide Fahrer mussten den Motor wechseln lassen
"Es war ein schwieriges Wochenende, denn wir mussten bei Michael ein potenzielles Zuverlässigkeitsrisiko feststellen, welches zuvor schon bei Felipe aufgetreten ist. Felipes Motor mussten wir wechseln, heute Morgen dann noch einmal, um wirklich kein Risiko einzugehen. Ansonsten war unser Paket ganz gut, auch wenn wir noch ein bisschen konkurrenzfähiger werden müssen. Reifenseitig hat Bridgestone Fortschritte gemacht. Es ist interessant, denn es gibt jetzt auch andere gute Bridgestone-Teams - und wir können schon erste Resultate davon sehen."
Frage: "Stört es dich, dass Michael Schumacher hinter Felipe Massa ins Ziel gekommen ist?"
Todt: "Felipe konnte seine Chance auf den Sieg in Bahrain leider nicht wahren. Hier hat er meiner Meinung nach einen ziemlich guten Job gemacht. Ich freue mich für ihn. Er steht ja auch unter viel Druck, daher ist es wichtig für ihn, Punkte zu sammeln und zu beweisen, dass er ein guter Fahrer ist. Zwei Boxenstopps waren auf dem Papier schneller, aber den Überrundungsverkehr kann man nicht vorhersagen. Wegen des Verkehrs konnte Michael seine Strategie nicht ausschöpfen, Felipe seine Einstoppstrategie aber schon."
Frage: "Lassen sich eure Motorenprobleme einfach aussortieren oder nicht?"
Todt: "Ich denke, dass uns mit dem heutigen Motor schon ein erster Schritt gelungen ist. Wir verstehen schon viel, weshalb die Fabrik derzeit hart arbeitet. Manche Teams hatten hier Motorenprobleme, manche nicht. Wir müssen uns aber darauf konzentrieren, unser Bestes zu geben - die Probleme anderer dürfen uns nicht beschäftigen."
Frage: "Wo genau liegt eigentlich das Problem?"
Todt: "Es geht um den Kolben. Es gibt ein spezifisches Problem um dieses Element, das wir zu beheben versuchen."
Malaysia-Motoren entsprachen einer neuen Spezifikation
Frage: "Wurden die heutigen Motoren eine Woche später gebaut als die von Bahrain? Kamen sie aus einer anderen Produktionspalette?"
Todt: "Nein, es war keine andere Produktion, sondern eine andere Spezifikation."
Frage: "Ist das Problem produktions- oder konstruktionsbedingt?"
Todt: "Im Moment analysieren wir das noch."
Frage: "Dann gibt es da auch die Aufregung um euren Frontflügel. Stimmt es, dass ihr in Australien einen neuen Frontflügel verwenden werdet?"
Todt: "Ross (Brawn; Anm. d. Red.) stand in Kontakt mit der FIA. Sie sind der Meinung, dass unser Auto legal ist. Wenn sie wollen, dass wir handeln, dann werden wir das tun, aber wenn wir wirklich außerhalb des Reglements wären, dann würden wir jetzt wohl kaum über unser heutiges Resultat sprechen. Ich bin Teamchef, kein Techniker. Unser Technikteam wird einen Vorschlag machen. Man muss seine Grenzen kennen."
Frage: "Aber acht Teams haben der FIA einen Brief geschrieben, dass sie möglicherweise Protest einlegen werden..."
Todt: "Ja, sie haben einen Brief geschrieben, von dem alle Journalisten eine Kopie haben. Wenn sie Protest einlegen wollen - okay. Entweder man legt Protest ein oder nicht. Nichts hält sie davon ab, wenn sie es wollen."
Frontflügelaffäre zieht weiterhin ihre Kreise
Frage: "Werdet ihr also in Australien mit einem neuen Frontflügel fahren?"
Todt: "Wir sind nicht in Melbourne. Fragt mich in Melbourne wieder."
Frage: "Es gibt also keinen Handel zwischen euch und den acht Teams?"
Todt: "Ich würde in diesem Geschäft niemals einen Handel eingehen - nur mit Leuten, die bei Ferrari unter Vertrag stehen."
Frage: "Welches Team schätzt du momentan am stärksten ein?"
Todt: "Renault hat einen guten Job gemacht. Sie sind die, die es zu schlagen gilt. Es gibt vier starke Teams, sogar fünf, denn Williams war in Bahrain sehr stark und hier auch wieder. Sie hatten ein Problem mit der Zuverlässigkeit, sind aber vom Speed her sehr gut aufgestellt. Ich sehe fünf Teams als echte Anwärter und ein paar andere mit gutem Potenzial."
Frage: "Wird 2006 eine besonders hart umkämpfte Saison?"
Todt: "Jede Saison ist hart umkämpft."
Frage: "Und Renault macht den stärksten Eindruck, nicht wahr?"
Todt: "Ich sehe keinen Grund, weshalb sie nicht konkurrenzfähig sein sollten. Sie waren schon vergangenes Jahr sehr stark. Dort herrscht Kontinuität - es haben noch dieselben Leute das Sagen."

