• 07.06.2010 17:33

  • von Britta Weddige

Todt: "Der Formel 1 fehlt der Wille zur Veränderung"

Jean Todt will in seiner Rolle als FIA-Präsident etwas bewegen, aber in der Formel 1 fällt ihm das schwerer als in allen anderen Bereichen seiner Arbeit

(Motorsport-Total.com) - Jean Todt hat sich als neuer Präsident der FIA zum Ziel gesetzt, mit dem Verband Dinge zu bewegen. Doch er musste feststellen: In der Formel 1 gestaltet es sich schwieriger als in allen anderen Bereichen, etwas voranzubringen. "Die Formel 1 ist so strukturiert, dass jede Entscheidung erst durch die Arbeitsgruppen, dann durch die Formel 1-Kommission und schließlich durch den FIA-Weltrat muss", begründet er im Interview mit 'auto, motor und sport'.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt will als FIA-Präsident auch in der Formel 1 Dinge vorantreiben

Doch das ist nicht der einzige Grund, warum es gerade in der Königsklasse so schwierig ist, Dinge voranzutreiben: "Ich muss leider feststellen, dass in der Formel 1 der Wille zu Veränderungen fehlt. Aber wir müssen uns ändern, weil sich die Welt weiter dreht." Konkret müsse gelingen, im Motorsport die Kosten zu reduzieren, die Show zu verbessern, neue Technologien einzuführen und "wenn möglich, das Image des Sports dazu nutzen, die Straßen sicherer zu machen."#w1#

Gelinge dies, würden auch die Hersteller, Zulieferer und Sponsoren den Weg zurück finden. "Wenn wird das nicht tun, bekommt der Motorsport ein echtes Problem", mahnt Todt. Und deshalb gehe er auch wichtigen Streitfragen nicht aus dem Weg, obwohl er sein Amt eigentlich "mit sowenig Kontroversen wie möglich führen will."

"Wir müssen uns ändern, weil sich die Welt weiter dreht." Jean Todt

Zu diesen aktuellen Streitfragen in der Formel 1 gehört KERS. Er setze sich persönlich dafür ein, dass die Teams noch einmal darüber nachdenken, der Energierückgewinnungssystem 2011 wieder einzuführen. "Wir können nicht die ganze Automobilweltwelt über umweltfreundliche Technologien diskutieren lassen, und in der Formel 1 stellen wir uns taub", so Todt. "Aber als einer, der an das Gesetz glaubt, habe ich nichts in der Hand, dass die Teams zwingen würde, Kers ab 2011 wieder einzusetzen. Das muss ich akzeptieren. Ich bin aber optimistisch, dass ich die Teams noch überreden kann."

Er wolle umweltfreundliche Technologien, gebe dabei aber nur "die grobe Richtung" vor, so Todt: "Unsere Ingenieure Gilles Simon, Charlie Whiting und Bernard Nicklaud müssen zusammen mit den Teams und den Herstellern mir den besten Weg dorthin zeigen. Das abzuschätzen, dazu fehlt mir das Fachwissen. Und dafür ist Zeit bis 2013, wenn wir mit einem weißen Blatt Papier beginnen."

Kooperation und Respekt

Auch wenn Todt den Willen zur großen Veränderung vermisst, ist er bisher mit der Zusammenarbeit mit den Teams zufrieden. Wichtig sei auch, dass die FIA und die Teams mit Rechteinhaber Bernie Ecclestone gut zusammenarbeiten - dabei aber die Kompetenzen des anderen respektieren: "Ich verspreche Ihnen, dass ich mich weder in die Belange von Bernie noch von den Teams einmischen werde. Gleichzeitig erwarte ich von ihnen, dass sie nicht im Territorium der FIA wildern."

"Ich verspreche Ihnen, dass ich mich weder in die Belange von Bernie noch von den Teams einmischen werde." Jean Todt

Gerade die Rechteinhaber wie Ecclestone stehen in der Kritik, weil für die der Profit im Vorderund steht. In der Folge sind die Eintrittskarten teuer und die Tribünen werden immer leerer. Das ist nicht im Interesse der FIA, aber Präsident Todt warnt davor, falsch über Ecclestone zu urteilen.

"Es ist einfach, Leute zu kritisieren, aber sehr schwierig, einen guten Job abzuliefern. Wenn ich sehe, wo die Formel 1 heute steht, dann muss ich der Arbeit von Bernie Ecclestone Respekt gegenüberbringen", sagt er. "Viele Leute, die Bernie kritisieren, haben aus dem Resultat seiner Arbeit einen enormen Vorteil gezogen." Doch er mahnt - auch in Richtung Ecclestone - an: "Die Zeiten haben sich geändert, und dem müssen alle Beteiligten Rechnung tragen. Was vor zehn Jahren gegolten hat, muss heute nicht mehr gelten."