• 07.06.2010 19:28

  • von Britta Weddige

Boxenfunk: McLaren widerlegt Stallorder-Gerüchte

Ein McLaren-Insider weist Spekulationen zurück, dass über Codewörter Stallregie ausgeübt wird und erläutert, was in Istanbul aus welchen Grund wie passiert ist

(Motorsport-Total.com) - Nachdem die offizielle Internetseite der Formel 1 'formula1.com' Mitschnitte des McLaren-Boxenfunks aus dem Istanbul-Rennen veröffentlicht hat, keimten Spekulationen auf, das Team hätte verdeckte Stallregie angewendet. Lewis Hamilton war in Führung liegend in Runde 48 über Funk dazu aufgefordert worden, Sprit zu sparen und bekam auf Nachfrage versichert, Teamkollege Jenson Button würde ihn nicht überholen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Lewis Hamilton

Janson Button und Lewis Hamilton holten für McLaren in der Türkei den Doppelsieg

Kurz darauf startete Button eine Attacke und konnte sich zumindest kurzzeitig an Hamilton vorbei an die Spitze schieben. Das hinterließ bei manchen den Eindruck, Hamilton sei vom Team bewusst ausgebremst worden, um Button an seinem Teamkollegen vorbeizulotsen. Andere Beobachter spekulierten in die genau entgegengesetzte Richtung - nämlich dass Hamilton eigentlich wirklich nichts zu befürchten hatte, da Button vom Team die Order bekommen haben könnte, nicht anzugreifen. Sie sehen in dem Funkspruch an Hamilton eine Bestätigung dieser Theorie und greifen auch die Schlussphase des Rennens auf, in der Button die Anweisung bekam, Gas rauszunehmen, Sprit zu sparen und die Reifen zu schonen.#w1#

Viele sehen in Funksprüchen wie "Sprit sparen, Reifen schonen" die Anweisung an die Piloten, sich nicht mehr gegenseitig anzugreifen und damit eine verdeckte Stallregie. Doch ein McLaren-Insider weist diese Spekulationen zurück. Es sei wirklich nötig gewesen, dass die beiden Fahrer vom Gas gehen, erklärt die anonyme teaminterne Quelle gegenüber 'Autosport'. Denn sowohl bei Hamilton als auch bei Button seien die Tanks nach der Zieldurchfahrt fast leer gewesen. So hätte Hamilton demnach keine weitere Runde mehr drehen können, Button hätte nur etwas mehr Sprit übrig gehabt.

Jenson Button, Lewis Hamilton

Überraschung: In Runde 48 startete Button seinen Angriff auf Hamilton Zoom

Tatsächlich sei McLaren vom hohen Spritverbrauch im Türkei-Grand-Prix etwas überrumpelt gewesen. Dieser hatte seine Ursache unter anderem im Highspeed-Duell gegen Red Bull. Der teaminternen Quelle zufolge habe McLaren bereits in Runde zehn gemerkt, dass wesentlich mehr Kraftstoff verbraucht wird als zuvor errechnet. Schon da habe man sowohl Hamilton als auch Button angewiesen, die Motoreinstellungen zu ändern, um Sprit zu sparen.

Als die beiden dann in Runde 40 nach dem Unfall der beiden Red-Bull-Piloten Mark Webber und Sebastian Vettel die Führung übernommen hatte, wies McLaren der Quelle zufolge Hamilton und Button an, den Motor ganz in den Sparmodus zu stellen und auch spritsparend zu beschleunigen und schalten. Außerdem habe man die Fahrer gebeten, in Kurve acht besonders aufzupassen, da man fürchtete, die rechten Vorderreifen könnten in dieser Extrem-Kurve Schaden nehmen.

Zu diesem Zeitpunkt fand dann auch die veröffentlichte Funk-Konversation statt. Hamilton wurde angewiesen, sparsamer zu fahren und fragte nach, ob ihn Button dann nicht überholen würde. "Nein, Lewis, nein", lautete die Antwort von Ingenieur Phil Prew. Laut der McLaren-Quelle von 'Autosport' war das aber keine versteckte Andeutung, dass Button die Order habe, nicht anzugreifen. Sondern Prew habe dies nur deshalb gesagt, weil er persönlich der Meinung war, Button würde von sich aus nicht überholen. Schließlich fuhren beide Piloten im Sparmodus.

Es habe aber keine ausdrückliche Order an Button gegeben, hinter dem Teamkollegen zu bleiben - auch weil das in der Formel 1 verboten ist. Sprit zu sparen und Reifen zu schonen seien die einzigen Anweisungen gewesen, die ihm das Team über Funk gab. Da Hamilton in Runde 48 aber extrem langsam fuhr, nutzte Button die sich dadurch bietende Chance und startete sein Überholmanöver.