Technische Arbeitsgruppe arbeitet an "neuer Formel 1"
Heute trifft sich die die Technische Arbeitsgruppe der Formel 1, um über Reglementsänderungen für die Saison 2004 zu diskutieren
(Motorsport-Total.com) - Die Technische Arbeitsgruppe der Formel 1 trifft sich am (heutigen) Mittwoch, um über ein neues Reglement zu sprechen, das ab der Saison 2004 greifen soll. Angesichts weiterer drohender Teampleiten steht das Thema Kosteneinsparung ganz oben auf der Agenda. Es geht aber auch darum, die Formel 1 für das Publikum wieder attraktiver zu machen. Für beide Punkte gibt es erste Lösungsansätze, die nun vertieft werden sollen. Bereits zwei Tage danach will man sich noch einmal zusammensetzen.

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Die Technische Arbeitsgruppe bastelt heute an der "Formel 1 2004"
Um die Kosten zu senken hat man bisher nur halbherzige Veränderungen am Reglement vorgenommen. So können die Teams am Freitag vor einem Rennen zwei Stunden testen, aber auch nur dann, wenn diesem Vorschlag mindestens drei Teams zustimmen. Dies ist natürlich noch bei weitem zu wenig. Das Problem ist, dass man für Änderung am Technischen Reglement die Einigkeit aller Teams benötigt und es ist zu befürchten, dass Top-Teams wie Ferrari den einen oder anderen Vorschlag blockieren werden.
Die Formel 1 muss kostengünstiger werden
"Es ist traditionell sehr schwierig bei technischen Angelegenheiten Einstimmigkeit zu erzielen. Das ist ein langwieriger Prozess", so FIA-Pressesprecher Richards Woods gegenüber 'Bloomberg'. Besonders das Jordan-Team hat im Vorfeld der Sitzung intensiv daran gearbeitet, Druck auf die Arbeitsgruppe auszuüben: "Wir müssen damit aufhören, in ein bodenloses Fass Geld zu pumpen", so Jordan-Chefingenieur Gary Anderson. "Die Kosten könnten wir um 75 Prozent senken, die Öffentlichkeit würde das nicht einmal merken."
Nach Aussage des Briten gaben die Gelben in diesem Jahr 1,2 Millionen Euro für die Entwicklung der elektronischen Fahrerhilfen aus, 1,5 Millionen Euro für Bremsen. In der Summe kommen für alle neuen Teile am Auto 30 Millionen Euro zusammen. Wohlgemerkt handelt es sich bei Jordan um ein kleines Team. Gespart werden könnte beispielsweise durch die Verwendung von Einheitsbremsen und Elektronikboxen ? merken würden das die Zuschauer wahrlich nicht, denn sehen kann man diese Komponenten nicht.
Aerodynamik als Kostenfaktor Nummer 1
Um die Kosten in der Formel 1 stark zu reduzieren, verfolgt man auch andere Wege. Zum einen plant man, die Anzahl der erlaubten Testtage stark zu reduzieren, es soll in Zukunft nur noch ein Motor pro Rennwochenende verwendet werden und es wird überlegt, dass die Teams nur noch zwei Aerodynamikpakete einsetzen dürfen ? eines für viel und das andere für wenig Abtrieb ? und teure Windkanalsversuche in der Saison verboten werden.
Ohne Frage pumpen die Teams in die Aerodynamik so viel Geld hinein wie in keinen anderen Bereich, im Moment befindet sich zum Beispiel bei Sauber und Williams ein neuer Windkanal im Bau, Teams wie McLaren, Jaguar und Ferrari haben erst vor kurzem neue Windtunnel errichtet. Es bestünde jedoch die Gefahr, dass die Formel 1 noch langweiliger wird, wenn die Teams in der Saison nicht mehr weiterentwickeln können. Was ist, wenn ein Team überlegen oder unterlegen ist? Aus diesem Grund wird überlegt, ein neues Aerodynamik-Paket in der Saison zuzulassen.
Für das Auge des Fans soll mehr getan werden
Ein weiteres Thema heute ist die Abschaffung der Rillenreifen, die 1998 eingeführt wurden. Stattdessen will man auf Slicks zurückkehren. Diese sollen nicht nur das optische Erscheinungsbild der Autos verbessern sondern auch Überholmanöver erleichtern. Im Gegenzug fordert die FIA eine starke Beschneidung der Flügel. Dafür wiederum sollen andere Bereiche des Autos voluminöser werden, um die an den Flügeln eingebüsste Werbefläche zurückzugeben.
Ein weiterer Vorschlag, den es zu diskutieren gibt, ist die Freigabe des Boxenfunks, so dass dem Publikum mehr Rennsport rübergebracht werden kann. Bisher ist der Boxenfunk nur den Zuschauern digitaler Pay-TV-Kanäle vorbehalten und auch hier nur auszugsweise, da die Teams längst nicht alle Konversationen für das Fernsehen freigeben. Verboten soll hingegen wieder die bi-direktionale Telemetrie werden, um den Einfluss des Fahrers zu erhöhen.
Mehr Spektakel
Ferner soll die Durchflussgeschwindigkeit des Benzins beim Betanken von 12 auf 18 Liter pro Sekunde erhöht werden. Dies würde zu mehr Boxenstopps, flexibleren Tankstrategien und damit spannenderen aber teilweise auch unübersichtlichen Rennen führen. Das Abschaffen der Tankstopps ist wegen der spektakulär anzusehenen Arbeit an der Box kein Thema, auch wenn es Stimmen gibt, die das Betanken grundsätzlich untersagen wollen, nur Reifenwechsel erlauben möchten.
Denkbar wäre auch eine Einführung einer Standard-Elektronik-Box, gerade im Zusammenhang mit den geplanten Kostenreduktionen, so dass Fahrerhilfen wie die Startautomatik und die Traktionskontrolle sowie Automatikgetriebe kontrolliert verboten werden könnten. Dies würde den Einfluss des Fahrers erhöhen, mehr Fahrfehler provozieren und dadurch mehr Überholmanöver ermöglichen. Außerdem würden die Fans endlich wieder atemberaubende Drifts und Gummispuren zu sehen bekommen.
Brawn warnt vor Überreaktion
Ross Brawn, Technischer Direktor bei Ferrari, hat im Vorfeld der Sitzung vor überhasteten Entscheidungen gewarnt: "Die Formel 1 macht eine schwierige Zeit durch, aber sie ist immer noch sehr stark und wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht zu viele Veränderungen vornehmen. Wir befinden uns in keiner Krise, egal was die Leute sagen", so der Brite am Sonntag bei der Vergabe der 'Autosport Awards'.
Der Brite warnt auch davor, die aktuelle Dominanz von Schumacher und Ferrari zum Anlass zu nehmen, etwas über das Bein zu brechen: "Wann auch immer ein Team so dominiert wie wir in diesem Jahr ist und die WM nicht bis zum Ende geht, dann ist es nicht so aufregend. Ich hoffe, die Leute schauen auch auf andere Dinge als nur auf die Leistung des Autos und des Fahrers. Michael Schumacher ist ein sehr ehrgeiziger Kerl, aber leider sehen die Leute nicht alles von ihm. Seine Widmung ist in jeder Hinsicht unglaublich. Er ist ein sehr fairer Kerl und man sollte seine Fähigkeiten bewundern."

