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  • 10.11.2014 11:14

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Techniktrends aus Brasilien: Teams sammeln Daten für 2015

Während Mercedes weiterhin für die Saison 2014 entwickelt, bestücken andere Teams die Autos mit Sensoren, um Daten für das nächste Jahr zu sammeln

(Motorsport-Total.com) - Zwei Rennen vor dem Saisonende schien beim Großen Preis von Brasilien, wie schon eine Woche zuvor, das große Entwicklungsrennen zum Erliegen gekommen zu sein. Lediglich Mercedes verbessert weiterhin sein 2014er-Auto. Überall sonst erblickte man in der Boxengasse an den Autos die unterschiedlichsten Sensoren, mit denen wichtige Daten für das Design der nächstjährigen Autos ermittelt werden.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Mercedes überarbeitete die Luftleitbleche unter der Vorderachse Zoom

Die Weiterentwicklung des Mercedes F1 W05 Hybrid wurde während der gesamten Saison kontinuierlich vorangetrieben. Von verschiedenen wichtigen Teilen gab es 2014 drei verschiedene Versionen. Am vergangenen Wochenende wurden die Luftleitbleche unter der Fahrzeugnase verändert. Während bisher Abweiser aus drei Elementen unterhalb der Vorderradaufhängung angebracht waren, wurde das Bauteil nun in vier Elemente aufgeteilt.

Die aerodynamisch wirksame Oberfläche aufzuteilen, kann verschiedene Gründe haben. Bei Flügeln dient dies vor allem dazu, eine Aufteilung des Luftflusses an der Unterseite zu vermeiden. Bei Luftleitblechen, die vor allem den Luftstrom steuern sollen, dient es vor allem dazu, die von ihnen erzeugten Luftverwirbelungen zu verändern.

Anstelle eines einzigen Luftleitbleches, welches eine große und schwer zu kontrollierende Verwirbelung erzeugt, teilen die Teams die wirksame Oberfläche auf, um mehrere, besser kontrollierbare Luftwirbel zu erzeugen. Die Frage ist, wie komplex dieser Bereich 2015 nach den Entwicklungen während des Winters werden wird.

Ferrari

Ferrari setzte bei den beiden Autos erneut unterschiedliche Hinterradaufhängungen ein. Während Fernando Alonso mit der herkömmlichen Hinterradaufhängung fuhr, kam bei Kimi Räikkönen eine neuere zum Einsatz. Wahrscheinlich kann die überarbeitete Geometrie nur mit einem speziell dafür ausgelegten Getriebe eingesetzt werden, weshalb es schwierig ist, sie innerhalb des Zyklus von sechs Rennen pro Getriebe von einem Auto aufs andere zu übertragen.

Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen fuhr erneut mit der neuen Hinterradaufhängung Zoom

Eine genauere Untersuchung fördert kleinere geometrische Veränderungen zu Tage, während bei der Performance kaum ein Unterschied festzustellen ist. Es scheint, als habe sich der obere Querlenker am stärksten verändert. Die V-Stellung ist nun steiler, die inneren Befestigungen sind tiefer angebracht und die äußeren Befestigungen wanderten weiter nach innen.

Das bedeutet, dass die Befestigungen an der Oberseite des Getriebes an Räikkönens Auto verändert wurden. Instinktiv würde ich behaupten, dass durch das neue Design der Radsturz größer wird, was dazu führt, dass sich die Reifen schneller aufwärmen, aber auch stärker abbauen. Doch genau dieses Problem versucht Ferrari in den Griff zu bekommen.

Lotus

Die neue Fahrzeugnase in 2015er-Spezifikation setze Lotus dieses Mal nicht ein, dafür waren während der Freien Trainings aber Weiterentwicklung der Aerodynamik an der Fahrzeugfront zu sehen. Beide Fahrzeuge waren rund um die Vorderreifen mit Messvorrichtungen und Sensoren ausgerüstet. Das Messgitter für die Aerodynamik entsprach dem üblichen Typ und war unten vor den Seitenkästen angebracht. Damit wird die Luftströmung des Frontflügels auf dem Weg zur Vorderkante des Unterbodens vermessen.

Romain Grosjean

Romain Grosjean war am Freitag als rollendes Labor unterwegs Zoom

Interessanter war ein Sensor, der am Auto von Pastor Maldonado montiert war. Er war an der Bremsscheibe angebracht und zielte in Richtung der Innenseite des Reifens. Diese Vorrichtung enthielt eine Kamera, welche die Verformung der Reifenflanke auf Bodenwellen, unter aerodynamischer Belastung und in den Kurven aufzeichnet.

Das Profil der Reifen zu verstehen ist entscheidend, da der Luftstrom hinter dem Frontflügel durch die sich verändernde Oberfläche stark beeinflusst wird. Da sich die Reifen im nächsten Jahr nicht verändern, werden diese Ergebnisse vor allem bei der Entwicklung von Details des Frontflügels für 2015 nützlich sein.

McLaren

Wie Lotus durchlief auch McLaren mit Kevin Magnussen am Freitag ein Aerodynamik-Programm. Zu Beginn des Trainings waren an seinem Auto hinter den Vorderreifen auf beiden Seiten einige Aerodynamik-Sensoren angebracht. Diese Messgitter sind mittlerweile eingewohnter Anblick, sind aber meist asymmetrisch und werden nur an einer Seite des Autos montiert.

Kevin Magnussen

McLaren montierte die Messgitter auf beiden Seiten des Fahrzeugs Zoom

Der paarweise Einsatz wie bei McLaren ist eher ungewöhnlich. Damit kann der Einfluss der Luftströmung auf beiden Seiten des Autos direkt und simultan gemessen werden, während man bei einem Sensor auf nur einer Seite die Messungen auf die andere Seite übertragen muss.

Das Messgitter befand sich auf einer Linie mit der Innenseite der Vorderreifen und konnte daher die Luftverwirbelungen des Frontflügels, der inneren Bremsbelüftung und der Vorderreifen erfassen. Dieser Luftstrom an der Grenze zwischen dem sauberen Luftstrom dicht an der Verkleidung des Autos und der turbulenteren Luft an der Außenseite der Vorderreifen ist einer der entscheidendsten.

Es ist nun zu erwarten, dass McLaren beim Grand Prix in Abu Dhabi einen neuen Frontflügel einsetzt, der bereits die Handschrift des neuen Chef-Aerodynamikers, des Ex-Red-Bull-Manns Peter Prodromou, trägt. Angesichts der kurzen Zeit, seit der Prodromou für McLaren tätig ist, wird es spannend zu sehen sein, welchen Einfluss er auf ein Bauteil wie den Frontflügel hat, der eine längere Entwicklungszeit benötigt.