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  • 16.10.2014 11:30

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Technik-Clous aus Sotschi: Mercedes König im Affenhaus

Experte Craig Scarborough über den "Monkey Seat" an den Silberpfeilen, Ferraris Alternative zum angeblasenen Diffusor und McLarens Frontflügel-Experimente

(Motorsport-Total.com) - Trotz der Unwägbarkeiten, die die neue Strecke in Sotschi bereithielt, wagten es zahlreiche Teams, interessante Teile beim Russland-Grand-Prix einzusetzen. Obwohl die Pause nach dem Rennen im japanischen Suzuka und die strengen Zollvorschriften es teilweise verhinderten, dass neue Komponenten eingeflogen wurden, gab es noch immer überarbeitete Teile und Verbesserungen an den Autos, die am Schwarzen Meer zum Vorschein kamen: Technik-Experte Craig Scarborough erklärt, welche Stellschrauben an den einzelnen Boliden gedreht wurden.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nico Rosberg musste im Freien Training einige Experimente mitmachen Zoom

Nicht wissend, wie genau sich die Herausforderung Sotschi und die Tagesform der Konkurrenz darstellen würden, brachte Mercedes verschiedene Versionen seines Heckflügels mit. Eine größere Ausgabe und ein Zusatzflügel über den Auspuff-Endrohr, der so genannte "Monkey Seat", kamen im Freien Training zum Einsatz. Nach dem starken Auftritt von Williams jedoch überdachte Mercedes seine Vorgehensweise vor dem Qualifying und setzte auf einen aus Spa-Francorchamps bekannten Heckflügel mit weniger Abtrieb.

Mercedes: Affenartig gut

Ausgestattet ist die Komponente mit dem bogenförmigen Unterteil und einem kleineren "Monkey-Seat". Der Vorteil: mehr Topspeed und mehr Überholmöglichkeiten im Rennen, die Nico Rosberg geholfen haben werden, sich in Sotschi nach seinem Not-Boxenstopp in der ersten Runde durch das Feld zu wühlen. Das Risiko war schnellerer Abbau der Hinterreifen durch mehr Rutschen, die Leistung der Pirelli-Reifen jedoch entkräftete diese Bedenken. Der 52-Runden-Stint Rosbergs auf den Medium-Pneus war der Beweis für diese Tatsache.

Ferrari: Leibwache für den Diffusor

Ferrari hatte einige neue Unterboden-Planken um die Hinterreifen herum am Auto, die schon Teil des größeren Update-Paketes von Suzuka waren. Ohne die Nutzung der Auspuffgase zum Anblasen des Diffusors zwischen der Achse und dem selbigen ist es der nächstbeste Lösungsweg, den Freiraum zu füllen, indem man einen Luftstrom etabliert. Die neuen Teile sammeln Luft, die über den Unterboden strömt, leiten sie in die konstruktionsmäßige Lücke und schützen so den Diffusor vor den Verwirbelungen um die Hinterreifen herum.

Ferrari F14T Sotschi

Ferrari F14T Zoom

Red Bull: Viel Wirbel um Vettel und Co.

Ein kleineres Update des Paketes, das bereits in Japan gebracht wurde, war eine Detailveränderung des Luftleitbleches am Frontflügel des RB10. Beim vergangenen Rennen war eine stufenförmige Konstruktion durch zwei kleinere Bleche ersetzt worden, die leicht achsversetzt gestaltet sind. Obwohl die ursprüngliche Lösung sofort für mehr Abtrieb sorgte, hat sie den Sinn, um die Vorderachse herum eine Reihe von Wirbeln zu generieren, indem der Luftstrom gedreht wird. Die neuen Bleche verfeinern diesen Effekt einfach.

Red Bull RB10 Sotschi

Red Bull RB10 Zoom

McLaren: Am Ende des Abtriebs

Bei McLaren wurde am Frontflügel zuletzt viel experimentiert. In Sotschi kam eine überarbeitete Version deutlich häufiger zum Einsatz als zuletzt. Auf den ersten Blick von seinem Vorgänger nicht unterscheidbar wurden die Veränderungen durch die verräterischen Zeichen blanken Karbons und Halterungen aus Metall deutlich. McLaren war im Saisonverlauf meistens mit dem maximalen Abtrieb am Frontflügel unterwegs. Häufig verlangten die Fahrer nach einer steileren Einstellung.

Red Bull RB10 Sotschi

Red Bull RB10 Zoom

Die Ingenieure jedoch konterten, dass man sich am Ende der Fahnenstange befände. Die Version in Sotschi ist mehr eine Weiter- als eine Neuentwicklung, scheint im Verhältnis zum fixierten Mittelabschnitt aber tiefer angebracht zu sein. Zwei gestufte Verbindungsstücke zwischen dem Flügel und diesem Teil bewirken, dass die äußeren Enden um einige Millimeter abgesenkt werden. So ist der Flügel etwas effizienter, wenn es darum geht, für Abtrieb zu sorgen.

Es braucht korrespondierende Änderungen an den Endplatten, um sicherzustellen, dass er nicht zu tief hängt. Zusatzflügelchen wurden auch deshalb angebracht, um eine subtile Überarbeitung der Geometrie zu erwirken. Am anderen Ende des Autos wiederholte McLaren seine Versuche mit seiner pilzförmigen Verkleidung der Aufhängung. Auf einigen Strecken war der obere Teil noch ganz verschwunden. Für den Abtrieb relevant half die Sache, selbigen zu reduzieren. In Russland fuhr das Team mit einer engeren Version samt großem, pilzförmigen Querschnitt auf halber Länge. Es scheint ein Kompromiss in Sachen Abtrieb an der Hinterachse zu sein.

Toro Rosso STR9 Sotschi

Toro Rosso STR9 Zoom

Toro Rosso: Trends aufgegriffen

Nach den Updates in Japan stellte Toro Rosso einige weitere Verfeinerungen der Aerodynamik vor - mit neuen, gewundenen Luftleitblechen. Unter der Nase gibt es dank des neuen und von Red Bull inspirierten Modells aus Suzuka einen größeren Luftstrom. Die umlenkenden Bleche unter dem Vorderteil des Chassis wurden überarbeitet. Zuvor befanden sich dort drei stark verdrehte Elemente mit einer großen, flachen Endplatte, die die Luft gesammelt und entlang des Autos geführt haben.

Toro Rosso STR9 Sotschi

Toro Rosso STR9 Zoom

Mittlerweile sind sie weniger aggressiv und die Endplatte fehlt. Die größeren Luftleitbleche verfügen über zwei vertikale Schlitze am oberen Rand. Dieses Tricks bemächtigen sich viele andere Teams, um den Luftstrom um die Seitenkästen zu leiten.