Teams bekennen sich zu Sparkurs in der Formel 1

Während Force India fordert, die Kosten weiter zu senken, befürchtet Ross Brawn, dass sich die Teams mit den FOTA-Austritten geschwächt haben könnten

(Motorsport-Total.com) - Schon seit Jahren gibt es die Diskussion, dass die Kosten in der Formel 1 limitiert werden sollten, weil vor allem die mittelständischen und kleinen Teams einen permanenten Überlebenskampf führen. Eine der Folgen davon ist der Trend, dass immer mehr Paydriver zum Zug kommen, weil viele Teams auf deren Gelder angewiesen sind, um in die Weiterentwicklung ihrer Autos voranzutreiben.

Titel-Bild zur News: Robert Fernley

Robert Fernley plädiert für eine weitere Senkung der Kosten in der Formel 1

Daher gibt es schon lange einen Konsens, der folgendermaßen beschrieben wird: "Ich persönlich finde, dass die Kosten in der Formel 1 immer noch zu hoch sind. Die gehören gesenkt", sagt Robert Fernley, stellvertretender Teamchef von Force India, im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Wenn du aus den TV-Geldern und aus den Sponsoreneinnahmen keinen Gewinn generieren kannst, dann stimmt mit diesem Sport etwas nicht. Ich finde, die Kosten sind immer noch zu hoch."

Haug plädiert für Singapur-RRA-Abkommen

Auch Norbert Haug findet die aktuelle Situation "nach wie vor nicht ideal. Wir denken, dass es für die Zukunft der Formel 1 entscheidend ist, dass es Restriktionen gibt. Wir alle arbeiten daran und hoffentlich finden wir die richtige Lösung", unterstreicht der Mercedes-Teamchef. "Ich finde, die aktuellen Restriktionen, auf die wir uns in Singapur (2010; Anm. d. Red.) geeinigt haben, sind eine gute Basis. Wir sollten das als Ausgangspunkt sehen."

Selbst die aus der Teamvereinigung FOTA ausgetretenen Teams Red Bull, Ferrari, Sauber, Toro Rosso und HRT bekennen sich grundsätzlich zum Ressourcen-Restriktions-Abkommen, das allerdings keine FIA-Vorschrift, sondern derzeit lediglich ein formalisiertes Gentlemen's Agreement ist. Divergierende Meinungen gibt es immer noch über Details des RRA und vor allem darüber, wie und von wem die Einhaltung überwacht werden beziehungsweise welche Strafen es für Verstöße geben soll.

Dass nur noch sieben von zwölf Teams der FOTA angehören, macht die Verhandlungen nicht einfacher. Ross Brawn ist einer der Teamchefs, die diese Spaltung sehr bedauern: "Wir sind sehr in der FOTA engagiert", spricht er für seinen Arbeitgeber Mercedes, der wie Force India nicht vorhat, aus der Teamvereinigung auszutreten. "Es ist schade, dass wir einige Mitglieder verloren haben. Das werden eines Tages vielleicht alle bereuen."

"Während der Wirtschaftskrise gab es großen Druck von außen. Damals sind die Teams enger zusammengerückt. Jetzt, wo der Druck von außen nicht mehr so hoch ist, tritt der Wettbewerb unter den Teams wieder ein den Vordergrund", argumentiert er. Denn im Fahrerlager wird gemunkelt, dass gerade Red Bull und Ferrari die Befürchtung hatten, das FOTA-RRA könnte ihnen einen finanziellen Wettbewerbsvorteil rauben.

Brawn bedauert Ausstieg einiger Teams

Aber: "Rational betrachtet spielt die FOTA auch heute eine wichtige Rolle", findet Brawn. "Es liegt leider in der Natur der Formel 1, dass es schwierig ist, auf einen Nenner zu kommen. Ich glaube an die FOTA und bin daher enttäuscht von dem, was in den vergangenen Monaten geschehen ist. Ich hoffe, dass die Formel 1 das nicht eines Tages bedauern wird. Eines der Ziele der FOTA war, die richtigen Lösungen für die Formel 1 und nicht für einzelne Teams zu erarbeiten."

"Das RRA ist sehr wichtig", fügt er an. "Wir müssen Mittel und Wege finden, die Kosten der Formel 1 zu begrenzen. Das technische und sportliche Reglement muss auch dieses Ziel verfolgen. Das Konzept des RRA ist dafür sehr wichtig, aber es müssen sich alle dazu bekennen. Wir können nur gemeinsam ein wirkungsvolles RRA entwickeln. Wir engagieren uns sehr in diesem Bereich, denn meiner Meinung nach ist das die Zukunft der Formel 1. Darauf zu verzichten, ist sehr riskant."

Ross Brawn

Ross Brawn bedauert, dass einige Teams aus der FOTA ausgetreten sind Zoom

Gegründet wurde die FOTA ursprünglich, damit alle Teams in den Verhandlungen über ein neues Concorde-Agreement mit einheitlicher Stimme sprechen und Bernie Ecclestone so stärker gegenübertreten zu können. Die Inhaber der kommerziellen Rechte schütten derzeit 50 Prozent aller Einnahmen (zum Beispiel aus TV-Rechten, Bandenwerbung oder dem Paddock-Club) an die Teams aus. Diese wollen ab 2013 aber 75 Prozent kassieren.

FOM-Geld alleine reicht nicht aus

Für Fernley steht aber der Faktor Kostensenkung über dem Faktor höhere Einnahmen: "Selbst wenn man die Einnahmen, die wir vom Inhaber der kommerziellen Rechte erhalten, erhöhen würde, bliebe unterm Strich ein Defizit stehen. Die Kosten sind zu hoch", betont er gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Ein durchschnittliches kleines Team gibt wahrscheinlich 80 bis 100 Millionen Dollar aus. Das FOM-Geld kann das nicht einmal annähernd abdecken."

Die Verhandlungen über das neue Concorde-Agreement werden seiner Ansicht nach im März beginnen. Jetzt sei es "noch zu früh, um schon über die Verhandlungen mit Bernie zu sprechen. Meiner Meinung nach sollten die Teams mit Bernie zusammenarbeiten, um ein ausgewogenes Programm zu finden", fordert Fernley und verrät: "Ich glaube, wir haben acht Mitglieder, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass HRT der FOTA beitreten wird. Es würde für sie Sinn machen."

Doch während vielerorts vermutet wird, dass es primär um die Verteilung der Einnahmen geht, haben die Teams noch ganz andere Anliegen, die sie mit den Inhabern der kommerziellen Rechte besprechen wollen. Ein solcher Punkt ist die Promotion des Sports und die Erschließung neuer Einnahmequellen wie etwa des Internets. Denn mehr Einnahmen für die FOM bedeuten unterm Strich auch mehr Geld für die Teams.


Fotos: Testfahrten in Barcelona, Mittwoch


Daher soll der große Themenkomplex Promotion der Formel 1 im Zuge der Concorde-Verhandlungen ebenfalls besprochen werden. "Wir werden mit den anderen Teams eine Strategie ausarbeiten", kündigt Fernley an. "Wenn die einmal steht, dann setzen wir uns mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte zusammen. Derzeit sind wir noch nicht dazu bereit, uns auf Einzelgespräche mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte einzulassen."