Concorde-Agreement: Die Zeit drängt

Eric Boullier drängt auf ein neues Concorde-Agreement, während Gerard Lopez erklärt, warum derzeit kein Formel-1-Team Gewinn abwerfen kann

(Motorsport-Total.com) - Ende 2012 läuft das Concorde-Agreement aus, also jener Grundlagenvertrag, der die Inhaber der kommerziellen Rechte, die Teams und die FIA aneinander bindet. Zudem ist darin unter anderem die Verteilung der Einnahmen geregelt. Derzeit gehen 50 Prozent aller Einnahmen der Formel 1 an die Rechteinhaber, während die andere Hälfte nach einem komplexen Modell unter den zwölf Teams aufgeteilt wird.

Titel-Bild zur News: Gerard Lopez

Gerard Lopez versteht auch die Argumente von CVC und Ecclestone

Die Rechteinhaber, also vordergründig (aber nicht ausschließlich) die Investmentgesellschaft CVC Capital Partners und Bernie Ecclestone, haben ein großes Interesse daran, ein neues Concorde-Agreement zu ratifizieren, weil ihr Produkt Formel 1 ohne verbindliche Verträge mit den Darstellern, also den Teams, dramatisch an Wert verlieren würde. Gleichzeitig benötigen auch die finanziell großteils ohnehin am Limit operierenden Teams gewisse Sicherheiten.

Nur noch wenige Monate Zeit

Das aktuelle Concorde-Agreement wurde im August 2009 unterschrieben und läuft von 2010 bis 2012. Der Ratifizierung vorangegangen ist jedoch ein jahrelanger Streit zwischen den damals noch von den großen Automobilherstellern angeführten Teams, Ecclestone und der FIA unter Ex-Präsident Max Mosley. Nun soll ein neuer Grundlagenvertrag innerhalb von wenigen Monaten verhandelt, aufgesetzt und von allen Parteien ratifiziert werden.

Ist man angesichts der immer knapper werdenden Zeit nicht besorgt? "Ja, bin ich", gesteht Lotus-Teamchef Eric Boullier, gleichzeitig Stellvertretender Vorsitzender der Teamvereinigung FOTA. Wie 2009 teilweise ohne Concorde-Agreement an den Start zu gehen, sei ab 2013 keine Option: "Diesmal ist es anders. Beim letzten Mal waren die Hersteller da - die konnten es sich leisten, kein Concorde-Agreement zu haben."

"Jetzt ist es so, dass sogar Ferrari das TV-Geld braucht, um überleben zu können. Das ist der große Unterschied", seufzt Boullier. Denn mit HRT, Marussia und Sauber gibt es mindestens drei Teams, die in akuten finanziellen Schwierigkeiten stecken, und selbst ein traditionsreicher Rennstall wie Williams kann nur deshalb beruhigt aufatmen, weil die Paydriver Pastor Maldonado und Bruno Senna versprochen haben, bis zu 40 Millionen Euro an Mitgift einzubringen.

Kein Wunder also, wenn die Teams mehr Geld fordern - angeblich 75 statt der bisherigen 50 Prozent. Aber: "Die Frage ist, was für die Teams nachhaltig ist und was für die Eigentümer", erklärt Lotus-Teameigentümer Gerard Lopez. "Ich glaube nicht, dass da schon eine Antwort gefunden ist. Die Diskussionen gehen weiter." Aber er stellt klar: "Mit weniger kommen die Teams nicht aus, das steht fest - es sei denn, der Sport ändert sich von Grund auf."

Keine Verluste sind das Höchste der Gefühle

Denn seiner Meinung nach ist es momentan für ein Formel-1-Team "nicht möglich", profitabel zu sein: "Ich hasse es zwar, das zu sagen, aber das Ziel ist eher, so kostenneutral wie möglich zu sein. Wir hoffen, dass es ein sehr strenges Ressourcen-Restriktions-Abkommen geben wird. Dann ist es vielleicht möglich. Wenn nicht, dann fährst du Rennen - und was immer du verdienst, wirst du investieren, um dein Auto schneller zu machen. Es ist wirtschaftlich eine schwierige Situation."


Fotos: Lotus, Testfahrten in Jerez, Donnerstag


"Ein starkes RRA wäre gut für den Sport", fordert Lopez. "Man sieht das auch in anderen Sportarten, zum Beispiel in der NBA, wo es eine sehr erfolgreiche Gehalts-Obergrenze gibt. Selbst ein hoch angesetztes RRA wäre okay, wenn es bedeutet, mehr darf einfach nicht ausgegeben werden." Aber das Ressourcen-Restriktions-Abkommen ist nur ein Teil des großen Puzzles, das am Ende das neue Concorde-Agreement ergeben soll.

"Wir müssen das Gesamtbild sehen", glaubt Boullier. "Die Formel 1 muss das Geschäftsmodell für die nächsten zehn Jahre entwickeln, um nachhaltig zu werden. Da geht es um mehr als um die Verteilung des Geldes. Das sagt sich leicht, aber es ist nicht so leicht umgesetzt. Und dann muss geklärt werden, wer was bekommt. Wir müssen über den Tellerrand schauen. Können wir es uns zum Beispiel leisten, dass die meisten Teams Verluste schreiben? Darüber müssen wir nachdenken, und das fehlt mir."