• 01.03.2005 10:45

Symonds: "Melbourne ist ein untypischer Kurs"

Der Renault-Chefingenieur im Interview über das neue Reglement, das Setup im Albert Park und die Chancen beim ersten Rennen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Pat, der Winter war durch die neuen Änderungen im Reglement gekennzeichnet. Welches sind die wichtigsten Punkte?"
Pat Symonds: "Die Veränderungen im Reifenreglement sind wahrscheinlich die weitreichendsten. Dadurch, dass für Rennen und Qualifying nur noch ein Reifensatz benutzt werden darf, wird der richtige Umgang mit den Pneus entscheidend sein. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Fähigkeit der Teams, die rennentscheidenden Phasen zu ermitteln und dann das Beste aus den Reifen herauszuholen. Dieser Zeitpunkt kann der Start sein, die Mitte oder das Ende eines Rennens - es wird auch von der jeweiligen Strecke abhängen."

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds analysiert für die Medien die technischen Aspekte von Melbourne

Frage: "Wird dies einen Einfluss darauf haben, wie die Rennen gefahren werden?"
Symonds: "Ich denke, wir werden Veränderungen im Rhythmus der Rennen bemerken. In den vergangenen Jahren standen die Grands Prix unter dem Motto 'Vollgas von Anfang bis Ende'. 2005 werden die Fahrer zwar wieder hart attackieren, aber sie müssen bei ihrer Performance den Zustand der Reifen berücksichtigen, damit sie bis zum Ende leistungsfähig bleiben. Ein Fahrer wie Alain Prost beispielsweise konnte den Zustand der Reifen besonders gut einschätzen und die Piloten haben 2005 die Aufgabe, diese Fähigkeit ebenfalls zu entwickeln. Die Geschichte zeigt, dass am Ende eines Rennens nur Fahrer überholen konnten, die ihre Reifen während des Rennens besonders gut behandelt haben - und das kann 2005 ein entscheidender Punkt sein."#w1#

Kräfteverhältnis im Reifenkrieg erst nach Malaysia einschätzbar

Frage: "Werden die neuen Reifenregeln einen besonderen Einfluss auf die Abstimmungsarbeit haben?"
Symonds: "Es wird noch wichtiger sein, dass das Fahrzeug im Hinblick auf Handling und Reifenverschleiß problemlos ist. Jedes Defizit, jede Unkorrektheit wird Tribut vom Reifensatz fordern, der jetzt 350 Kilometer absolvieren muss statt wie in der vorherigen Saison nur einen 80 Kilometer langen Stint. Ich glaube, dass wir die Performance der Reifen erst nach dem zweiten Rennen in Sepang tatsächlich beurteilen können. Melbourne ist eher ein untypischer Kurs und die Bedingungen auf der Rennstrecke verändern sich während des Rennwochenendes stets. Außerdem ist es in Malaysia viel heißer als in Australien und nur nach dem Grand Prix in Sepang können wir etwas über die Dauerhaltbarkeit der Pneus sagen."

Frage: "Inwiefern wird die Regel, dass ein Motor zwei Rennwochenenden halten muss, die Teams beeinflussen?"
Symonds: "Die verschiedenen Rennstrecken beanspruchen den Motor auf unterschiedliche Art und Weise. Unsere Aufgabe besteht darin, herauszufinden, wie das Potenzial des Motors zu jedem Zeitpunkt des Rennwochenendes optimal ausgeschöpft wird. Sobald die Fahrer die Möglichkeit haben, werden sie den Motor weniger beanspruchen, sodass die Leistungsfähigkeit des Triebwerks erhalten bleibt. Dabei werden Fehler, die während des Rennablaufs im Bezug auf den Motor gemacht werden, mit Sicherheit am Ende die Platzierung beeinflussen."

Arbeit am Rennwochenende wird sich verändern

Frage: "Was wird sich für die Teams bei der Vorbereitung auf ein Rennwochenende ändern?"
Symonds: "Allein die Tatsache, dass wir am Freitag nur noch zwei Reifensätze verwenden dürfen, wird eine Menge ändern. In der vorherigen Saison haben wir den ersten Reifensatz benutzt, um an der Stabilität des Fahrzeugs und an dem Basis-Setup zu arbeiten. Dann haben wir die beiden Reifentypen verglichen, die uns zur Verfügung standen. Jetzt müssen wir diesen Vergleich mit einem Fahrzeug machen, das noch nicht optimal ausbalanciert ist, noch dazu auf einer verschmutzten Strecke. Zudem brauchen wir nun mehr Informationen über die Reifen, da sie auf der gesamten Renndistanz - über 300 Kilometer - halten müssen. Das Ergebnis wird sein, dass die Teams, die ein drittes Fahrzeug einsetzen, einen großen Vorteil haben, da sie mehr über die Strecke lernen können, ohne auf die Reifen zurückzugreifen, die sie für den Vergleich brauchen. Die anderen Teams werden sich am Freitag zurückhalten, da die Strecke vormittags noch verschmutzt ist. Und wir werden kaum eines der vier Top-Teams als erstes auf der Strecke sehen."

Traktion zählt wieder zu den Stärken des Renault-Teams

Frage: "Ist der 'Albert Park Circuit' in Melbourne auf den R25 zugeschnitten?"
Symonds: "Der Kurs erfordert hohe Bremsstabilität und eine gute Traktion aus langsamen Kurven heraus. Letzteres zählte in der vorherigen Saison zu unseren Stärken und wir glauben, dass es auch in diesem Jahr wieder so sein wird. Wir haben jedoch auch an den Schwächen des Fahrzeugs gearbeitet: Der R25 wird Hochgeschwindigkeitskurven wie in Sepang ebenso meistern wie den etwas langsameren Kurs in Melbourne."

Frage: "Manche Teams und Fahrer sehen Renault beim Saisonauftakt als Favoriten. Wie gehen Sie damit um?"
Symonds: "Es ist sehr schwierig, die Ergebnisse der Wintertestfahrten zu interpretieren. Die verschiedenen Teams testen alle auf ihre eigene Art und Weise. Selbst wenn man Renndistanzen, Unterschiede in der Treibstoffmenge und in der Gummimischung der Reifen einbezieht, kann das zu falschen Schlussfolgerungen führen. Das Einzige, was wir momentan sagen können, ist, dass es dieses Jahr wahrscheinlich enger wird als in den Jahren zuvor. Wie immer wird Ferrari sehr stark sein, McLaren hat beeindruckende Zeiten herausgefahren - sowohl in den Einzelrunden, als auch über die gesamte Renndistanz. BAR und Williams haben gezeigt, dass sie mithalten können."