• 06.03.2004 14:37

  • von Fabian Hust

Symonds: "Charakteristik des Rennens ändert sich"

Renault-Chefingenieur Pat Symonds erklärt, wie sich die Regeländerungen auf das Rennen am Sonntag auswirken könnten

(Motorsport-Total.com) - Die Ingenieure der Formel-1-Teams standen und stehen an diesem Wochenende vor großen Herausforderungen. Es gilt, das neue Reglement so gut wie möglich umzusetzen. Los ging es schon am Freitag, wo man sich praktisch bereits für den Reifen entscheiden musste, den man am Samstag und Sonntag verwenden möchte. Die Reifenwahl ist laut dem neuen Reglement bis Samstag um 9 Uhr zu treffen.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds (Chefingenieur von Renault)

Pat Symonds erwartet ein durchweg spannendes Rennen

Dann stellte sich auch die Frage, mit welcher Spritmenge man in das Vor-Qualifying geht: "Ich glaube, dass alle Piloten sehr vorsichtig ans Werk gingen und nicht alle Teams mit geringer Spritladung fuhren. In unserem Fall entschlossen wir uns, so viel Kraftstoff einzufüllen, wie die Fahrer auch im entscheidenden Lauf an Bord haben würden", so Pat Symonds, Chefingenieur der Franzosen, auf 'renaultf1.com'.#w1#

Rennstrategie muss zur Not in Sekunden angepasst werden

Da zwischen Teil 1 und Teil 2 des Qualifyings nur eine extrem kurze Pause ist, mussten die Teams dann auf Basis der in Teil 1 gefahrenen Zeiten entscheiden, auf welche Strategie man im Rennen setzen möchte und mit welcher Spritmenge man somit in den zweiten Teil geht. Darunter leiden Teams wie Minardi oder Jordan. Aufgrund ihrer fehlenden Konkurrenzfähigkeit haben diese Teams so wenig Zeit, dass sie sogar mit den Tankanlagen für das Rennen auftanken müssen, um wieder rechtzeitig auf die Strecke gehen zu können - da bleibt kaum Raum für taktische Überlegungen.

Die Teams hatten die Qual der Wahl. Auf der einen Seite ist es prinzipiell sinnvoll, im ersten Teil des Abschlusstrainings mit einem leichten Auto zu fahren, um im Qualifying möglichst als Letzter auf die Strecke gehen zu können. Damit hat man mehr Zeit für Veränderungen am Setup und in der Regel auch eine schnellere Strecke zur Verfügung. Auf der anderen Seite ist es für das Finden eines perfekten Setups und für den Fahrer besser, wenn er mit der gleichen Benzinmenge fährt, sprich auch im 1. Teil mit relativ viel Sprit an Bord fährt.

Erstes Zeitfahren zwangsläufig langweilig

"In dieser Saison müssen wir oftmals Entscheidungen ohne solch eine hervorragende Datenbasis treffen, wie sie uns 2003 zur Verfügung stand", erklärt Symonds, warum es besser ist, wenn man diese eine Runde unter Rennbedingungen nutzen kann. "Wir gewöhnen uns erst hier wirklich an die neuen Abläufe und die damit verbundenen Herauforderungen. Das zeigte sich zum Beispiel im ersten Zeitfahren heute, das sich als nicht besonders spannend herausstellte."

Richtige "Attacken" wird man in Teil 1 zum Leidwesen der Fans wohl nie sehen, ein Ausrutscher, bei dem der Fahrer nicht mehr aus eigener Kraft an die Box zurückkommt, bedeutet ein Startverbot im zweiten Qualifying-Teil und damit den letzten Startplatz im Rennen. Kein Fahrer ist gewillt, einen Ausrutscher zu riskieren, deshalb fahren alle Piloten im ersten Teil mit dem notwendigen Respekt.

Noch weiß niemand, wo man genau steht

Da auch in diesem Jahr im Qualifying mit der Spritmenge gefahren wird, mit der man auch in das Rennen starten wird - es gilt vor dem Rennen ein absolutes Tankverbot - weiß auch Renault nicht, wo man wirklich steht. Eigentlich hatte man sich vom Qualifying mehr erwartet, doch die vergleichsweise schlechten Rundenzeiten könnten damit zusammenhängen, dass man mehr Sprit als die direkte Konkurrenz an Bord hatte.

"Größere Sprünge in der Streckentemperatur von einem Tag zum anderen sind in Melbourne nicht ungewöhnlich", verweist Symonds auf eine weitere Unbekannte. "Es könnte sein, dass die Reifen auf einigen Autos besser, auf anderen schlechter funktionieren als heute und sich auch im Rennen wechselhaft verhalten. Das verspricht einen spannenden Grand Prix und birgt beste Voraussetzung für das, was wir alle sehen wollen: viele Überholmanöver."

Rennstrategie dürfte deutlich unterschiedlicher ausfallen

Im vergangenen Jahr stoppten die ersten acht Fahrer - also alle Piloten in den Punkten - zwei Mal. Das wird nach Einschätzung des 50-Jährigen 2004 nicht so sein: "Ich schätze, dass wir in diesem Jahr verschiedene Strategien sehen werden. Die Anhebung des Tempolimits in der Boxengasse von 80 auf 100 km/h macht hier in Melbourne einen Unterschied von 2,8 Sekunden aus. Außerdem wurde die Einfahrt zu den Boxen umgebaut: Die Schikane fiel weg, sodass wir auch deswegen schnellere Tankstopps erleben werden."

Deshalb geht der Brite davon aus, dass sich "der Charakter des Rennens ändern wird". Es sei gut möglich, dass einige Teams drei Mal stoppen werden. "Morgen soll es kühler werden als heute. Ich schätze, dass wir dann nicht nur abweichende Strategien sehen werden, sondern dass die Reifen auf den verschiedenen Autos je nach Stadium des Rennens auch unterschiedlich gut funktionieren werden. Solche Verhältnisse tragen immer zu einem interessanten Rennverlauf bei", hofft Symonds auf einen spannenden Grand Prix.

Risiko und Spannungsfaktor Start

Ein Plus an Adrenalin könnte das Verbot der Startautomatik mit sich bringen: "Natürlich haben alle Piloten das Losfahren trainiert. Aber die Starts bergen immer noch eine technische Möglichkeit, sich von anderen Teams abzusetzen. Wir hoffen, dass vorne niemand seinen Motor abwürgt, denn das führt zu gefährlichen Situationen, wenn die hinteren Starter mit viel Geschwindigkeit ankommen. Aber unterschiedlich gute Starts kommen nun zwangsläufig vor, und das dürfte zu spannenden Situationen in den ersten Kurven führen."