Sutil spricht Klartext: "Das ist kein Qualifying mehr"

Force-India-Pilot Adrian Sutil macht seinem Unmut Luft: Warteschlangen im Qualifying, Egoismus der Piloten und nutzlose Strafen für Blockaden

(Motorsport-Total.com) - Adrian Sutil ist seit Monaten nicht gerade vom Glück geküsst. Der Gräfelfinger konnte das Potenzial seines Force India wegen diverser Zwischenfälle nur selten komplett abrufen. Auch im Qualifying zum Großen Preis der USA in Austin klebte ihm das Pech an den Fingern. Einmal blieb er im Verkehr hängen, beim letzten Versuch in Q1 brach die Bremsscheibe. Konsequenz: Startplatz 17 am Sonntag und viel Frust. Die eigenen Erlebnisse vom Samstag nimmt Sutil zum Anlass, ein grundsätzliches Problem anzusprechen.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil spricht ein grundsätzliches Problem direkt und ehrlich an Zoom

Der Egoismus mancher Fahrerkollegen im Qualifying geht dem Deutschen seit Monaten auf die Nerven. Der eine zuckelt gemütlich in der Einrollrunde, der nächste achtet nicht auf Kollegen, wiederum ein anderer hält alle auf, um sich genügend Platz für die schnelle Runde zu verschaffen. "Es war eine Katastrophe, das gesamte Qualifying eine Katastrophe", blickt Sutil auf die Vorgänge am Samstag in Austin zurück.

"Ich bin neben Alonso durch die Kurve gefahren. Der hat mich dann in der dritten Kurve wieder überholt. Das war wie ein Rennen fahren. Das war im gesamten Training so", schildert der Formel-1-Rückkehrer eine der vielen zweifelhaften Aktionen auf der Strecke. "Und wenn du mal eine einigermaßen freie Runde hast, dann kommst du in die letzte Kurve und da stehen dann drei Autos. Stehen einfach da - links und rechts."

"Es haben alle geschlafen. Keiner hat aufgepasst, wenn ein anderer gekommen ist. Klar, jetzt werden Strafen verteilt. Dann landetet ein Chilton von Platz 22 auf Platz 22. Das ist lächerlich", klagt der Deutsche. "Ich hatte heute ein Auto, das für die Top-10 gut gewesen wäre. Ich hätte Achter sein können und bin nun auf Platz 17 - Schweinerei. Es gibt für alles eine Regel hier, aber keine Regel, die besagt, dass man auf der Strecke immer über 100 km/h fahren muss."

Der Erste ist der Schuldige, die anderen die Deppen

"Es ist immer eine Kettenreaktion. Der Erste einer Gruppe lässt einen riesigen Abstand, viel zu groß eigentlich. Der Hintermann braucht dann auch wieder einen Mindestabstand. Und der nächste Fahrer wiederum auch. Da geht einem die Zeit aus und auch die Distanz auf der Strecke, wo man das alles hinbekommen muss. Die Strecke ist aber fast sechs Kilometer lang. Das kann doch nicht sein", sagt Sutil, der meint, dass nicht immer die Richtigen bestraft werden.

"Der eigentlich Schuldige ist immer der Erste, der einen Abstand lässt, sodass da 20 Autos dazwischen passen. Nur wegen dem fangen andere an, ebenfalls langsamer zu machen", meint er. Sutil nennt keine Namen, sagt aber dennoch, dass es durchaus erfahrene Piloten aus dem Vorderfeld seien, die diesen zweifelhaften Egoismus an den Tag legen. "Man kann so etwas ansprechen, aber ich glaube nicht, dass alle 22 Fahrer zur Vernunft kommen. Vielleicht liege ich ja auch falsch. Ist aber meine Meinung."

Nico Hülkenberg, Fernando Alonso

Austin: 5,5 Kilometer Strecke reichen nicht für 22 Formel-1-Autos? Zoom

"In Monaco haben wir das Problem auch, in der letzten Kurve. Da bleibst du stehen. Da musst du die Kupplung ziehen und stehen bleiben. Das kann ja nicht sein", nennt Sutil ein weiteres Beispiel abseits des aktuellen Rennwochenendes in Austin. "Das ist teilweise gefährlich. Da stehen welche herum - Wahnsinn. Man kann das gar nicht so schnell realisieren, wer wie schnell ist. Plötzlich steht dann einer vor einem."

Nicht nur der Faktor Sicherheit spiele in seinen Gedanken eine Rolle, sondern auch Fairness und Sportsgeist, so der Deutsche. "Wenn man sich dann mal die Resultate anschaut, nach dem Motto 'Wer ist hier der Beste', dann stimmt es nicht. Das ist dann kein Sport mehr", sagt er. "Das ist ja kein Qualifying mehr. Qualifying bedeutet für mich, dass der Schnellste vorne startet, der Langsamste hinten. Jeder bekommt eine faire Chance. Wir haben aber keine faire Chance, denn so ist es eine Lotterie."