• 29.10.2009 11:01

  • von Adrian Sutil

Sutil-Kolumne: Die Saison hat sich gut entwickelt

Adrian Sutil schreibt über seine ersten Erfahrungen in Abu Dhabi und lässt die Saison 2009 im Schnelldurchlauf Revue passieren

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Nur noch ein Rennen in Abu Dhabi, dann ist die Formel-1-Saison 2009 vorbei

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

ich bin schon seit Dienstagabend in Abu Dhabi. Eines muss ich gleich vorwegschicken: Ich habe zwar die Strecke, von der alle so schwärmen, noch nicht gesehen, aber die Eindrücke hier hauen mich trotzdem um. Gestern war ich fast den ganzen Tag in unserem Shangri-La-Hotel - wirklich schön übrigens -, denn alleine das ist so riesig, dass man ein paar Tage brauchen würde, um alles zu erkunden.

Von der Strecke selbst kann ich nach dem Circuit-Walk mit den Ingenieuren, der heute auf dem Programm steht, mehr sagen. Ich habe bisher nur ein paar Bilder und Videos im Internet gesehen, aber die sehen schon spektakulär aus! Eine neue Strecke ist sowieso immer eine besondere Herausforderung, obwohl ich sagen muss, dass man sich als Fahrer schon nach den ersten Runden gut darauf einstellen kann. Danach geht es eigentlich nur noch um Feinheiten.#w1#

Hitze kein großes Problem

Dafür ist es gar nicht so irre heiß wie erwartet. Zwar hat es auch in die Nacht hinein mehr als 30 Grad, aber es ist eine sehr trockene Hitze, die man gut aushalten kann. Da sehe ich kein großes Problem. Bahrain war dieses Jahr ja richtig heiß, 40 Grad, aber es war im Auto nicht so schlimm. Außerdem gibt es auf der Strecke hier zwei lange Geraden, wo man sich ein bisschen erholen kann. Insofern brauche ich auch nicht unbedingt eine von diesen Kühlwesten, die ein paar von meinen Kollegen dieses Jahr schon ausprobiert haben. Ich versuche mit meiner Größe sowieso, jedes Gramm Gewicht zu sparen.

Es ist das letzte Saisonrennen, da wollen alle noch mal das Beste rausholen, um positiv in den Winter gehen zu können. Letztendlich macht man aber auch nichts anders als sonst. Ob wir dann zum Abschluss eine Party feiern werden, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Mit dem Feiern hat man es im den Vereinigten Arabischen Emiraten bekanntlich nicht so. Ich weiß von meinem Abu-Dhabi-Besuch 2007, dass es schon ein paar Möglichkeiten gibt, abends etwas zu unternehmen, aber es ist keine Großstadt wie Tokio oder London.

Adrian Sutil

Nach einem schleppenden Beginn lief es in dieser Saison immer besser Zoom

Die Jungs von 'Motorsport-Total.com' haben mich gebeten, diesmal auch ein bisschen die Saison Revue passieren zu lassen. Also gut. Ich muss zugeben: Vor Melbourne war ich sehr guter Dinge, aber wenn man dann die ersten Rennen wieder immer in der vorletzten oder letzten Startreihe steht, verliert man schnell die Hoffnung. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass da noch etwas geht, aber dieses Jahr war total verrückt, sodass man von hinten nach ganz vorne extrem große Sprünge machen konnte - und dann auch wieder ganz schnell nach hinten, wenn die Strecke nicht gepasst hat.

Ich bin überrascht, dass sich die Saison so gut für uns entwickelt hat, aber seit Spa macht es richtig Spaß, weil das Auto echt gut geht. Eigentlich hat dieser Aufwärtstrend schon in Silverstone begonnen, denn dort bekamen wir ein großes Update. Das brachte zwar nicht auf Anhieb das, was wir uns davon erhofft hatten, aber nach und nach konnten wir dieses Potenzial immer besser entfalten. Da habe ich dann gespürt: Jetzt geht was! Ich war aber auch davor schon das ganze Jahr gut aufgelegt. Motivationsprobleme habe ich sowieso nie.

Große Steigerung während der Saison

Denn ganz ehrlich: Auch wenn es am Saisonbeginn noch nicht ganz nach Wunsch lief, so waren wir doch näher dran als 2008. Die Rennpace war ganz gut. Ich weiß, dass ich in einem kleinen Team bin und keine Wunder erwarten darf, aber wenn ich wenigstens kleine Veränderungen sehe, ist das schon okay. Da hat Force India die Erwartungen dann bei weitem übertroffen. Als wir in Silverstone das Update bekamen, sagten mir die Leute im Team: "Wir hatten eigentlich einen größeren Sprung vor." Der kam dann ja auch.

In Spa ging es richtig los. Unser Auto war dort besonders stark, wie mein Teamkollege gezeigt hat. Leider habe ich mich im Qualifying mit den Reifen falsch entschieden, dadurch reichte es knapp nicht für die Top 10. Das wäre der Schlüssel gewesen. Die Pace im Rennen war trotz der Einstoppstrategie extrem schnell. Spa hat mich also geärgert, aber andererseits habe ich gesehen, dass es geht. Und ich habe mir gesagt: "Okay, jetzt musst du das nächste Rennen gut hinbekommen!"


Fotos: Adrian Sutil, Großer Preis von Italien


Monza war dann super. Das Wochenende hat verrückt angefangen. Am Freitagmorgen auf Platz drei - und ich hatte das Gefühl, dass da noch viel mehr drin liegt! Ich war gut aufgelegt. Dann P1 am Freitagnachmittag, P1 am Samstagmorgen. Das wurde schon fast unheimlich. Ich habe mir gesagt: "Shit, jetzt kämpfst du um die Pole-Position!" Das ist dann auch wirklich passiert. Die klare Sicht zur ersten Kurve werde ich nie vergessen.

Auch das Rennen lief wirklich gut: Ich hatte einen guten Start und dann hatte ich das ganze Rennen einen Riesenkampf mit Kimi - mal wieder er! Er ist wohl der größte Kontrahent, den ich in der Formel 1 habe, denn jedes Mal, wenn es bei uns mal läuft und ich vorne dabei bin, treffen wir uns irgendwo. Wir haben beide gepusht und letztendlich wurde es der tolle vierte Platz. Auch wenn ich im Nachhinein zugeben muss: Ich hätte aus Spa oder Monza gerne ein Podium mitgenommen.

Neuer Mann im Team und meine Zukunft

Übrigens haben wir mit Otmar Szafnauer seit São Paulo einen neuen COO, wie ihr vielleicht hier gelesen habt. Er scheint mir ein sehr netter Mensch zu sein, hat viel Erfahrung in der Formel 1, war früher bei BAR und Honda. Ich denke, er ist der richtige Mann für uns. Simon Roberts hat gute Arbeit geleistet, aber dadurch, dass sie derzeit noch parallel arbeiten, erwarte ich da einen reibungslosen Übergang, bis uns Simon im November endgültig verlässt.

Otmar Szafnauer und Vijay Mallya

Unser neuer COO Otmar Szafnauer im Gespräch mit Teamchef Vijay Mallya Zoom

Simon war die Schlüsselfigur zwischen Force India und McLaren-Mercedes. Dieses Jahr haben alle im Team gut gearbeitet, nicht nur er - das ist wie ein Puzzle. Ich bin auch mit meiner Arbeit sehr zufrieden. Aber Simon ist ein sehr positiver Mensch, der seine Leute gut motivieren kann. Ich habe selten jemanden erlebt, der einem so respektvoll gegenübersteht wie er. Hut ab vor dem, was er für uns geleistet hat!

Was meine eigene Zukunft angeht, so verstehe ich natürlich, dass ihr alle schon auf Neuigkeiten brennt. Im Moment weiß ich es selbst noch nicht genau. Eilig hat es keiner, denn der Winter ist lang und es wird sowieso nicht getestet. Es stimmt aber, dass Force India eine sehr gute Option ist, die ich mir durchaus vorstellen kann. Das Team hat ja auch klar gesagt, dass es mit mir weitermachen möchte. Es gibt aber auch noch eine weitere Möglichkeit. Die werden wir nach Abu Dhabi prüfen. Sobald ich etwas Genaues weiß, werde ich es euch wissen lassen!

Euer

Adrian Sutil