• 23.11.2002 10:56

  • von Fabian Hust

Suganuma: Reifenreglement ist ein Sicherheitsrisiko

Bridgestones Technischer Manager spricht im Interview über die Entwicklungsarbeit sowie über das neue Reifenreglement

(Motorsport-Total.com) - In der kommenden Woche gehen die Testfahrten auch für Reifenhersteller Bridgestone wieder los. Bridgestones Technischer Manager Hisao Suganuma blickt im Interview auf die vergangene Saison zurück, spricht über die Entwicklungsarbeit, die man in den letzten Monaten gemacht hat sowie über das neue Reifenreglement.

Titel-Bild zur News: Hisao Suganuma

Auf Hisao Suganuma kommt noch viel Arbeit zu...

Frage: "Was ist es für sie und ihre Ingenieure für ein Gefühl, in der kommenden Woche wieder auf die Strecke zu gehen?"
Hisao Suganuma: "Wir sind sehr aufgeregt und optimistisch. 2002 war eine historische Saison und sie endete mit dem 70. Sieg für Bridgestone mit einem Höhepunkt beim Großen Preis von Japan. In gewisser Weise war es schade, dass die Saison hier schon zu Ende war. Die Pause hat es uns aber erlaubt, uns kurz zu erholen und ich hoffe nun, dass wir dort wieder beginnen können, wo wir aufgehört haben."

Frage: "Was ist seit dem Japan-Grand-Prix passiert, sowohl im Technischen Center in Tokio als auch in der Motorsport-Basis in Großbritannien?"
Suganuma: "Während unsere Ingenieure in Großbritannien, die zu Rennen und Tests reisen, eine Pause machen und ihre Batterien wieder aufladen konnten, haben die in Japan stationierten Ingenieure ihre Arbeit fortgesetzt. Das Wichtigste war es gewesen, dass wir sofort nach Suzuka an einer sorgfältigen Zusammenfassung der Saison in allen Aspekten gearbeitet haben, sowohl aus Sicht des Technischen Centers als auch aus der Sicht der Jungs von der Strecke. Dies hat jeder Seite geholfen, zu verstehen, was während der Saison passiert ist und wie sich die Entwicklung für nächstes Jahr entwickeln wird. Wir haben auch mit unseren Teams ein paar Aufgaben erledigt. Diese Art von Diskussionen ist immer hilfreich, denn das hilft uns sicher zu stellen, dass wir die Wünsche der Teams verstehen und dass sie verstehen, wie sie die Bridgestone-Reifen am besten nutzen."

"Wir haben gute Fortschritte gemacht"

Frage: "Die Entwicklungsarbeit für 2003 hat dank Michael Schumacher und dem Titelgewinn von Ferrari früher als normal begonnen. Auf was hat man sich bei der Arbeit zunächst konzentriert und welche Fortschritte konnten erzielt werden?"
Suganuma: "Wir haben mit der Basis unserer Entwicklungsarbeit schon begonnen, bevor wir die Meisterschaft gewannen und sind nach unserem Zeitplan vorgegangen. Sogar nach Frankreich und Ungarn gab es noch viele Rennen zu fahren. Wir wussten, dass unser Gegner stark war, wir mussten also für die verbleibenden Rennen unsere Entwicklung fortsetzen. Es war wichtig, in der zweiten Saisonhälfte weiterhin zu gewinnen und ich bin froh sagen zu können, dass uns dies gelungen ist. Der Fokus bei der Entwicklung war die Steigerung der Haftung und Konstanz und wir haben gute Fortschritte gemacht, was uns für das kommende Jahr zuversichtlich gemacht hat."

Frage: "Seitdem sie mit der Entwicklung der 2003er-Reifen begonnen haben, haben sich die Regeln verändert. Wie hat dies die Entwicklung im Technischen Center beeinflusst?"
Suganuma: "Was die Trockenreifen angeht, so ist es immer noch unser Ziel, die beste Spezifikation herzustellen, die zu allen unseren Teams passt, so dass in diesem Zusammenhang die Entwicklung nicht beeinflusst wird. Was die Regenreifen angeht, so könnte unsere kürzliche Entwicklung schon beeinflusst werden. Um einen guten Regenreifen zu entwickeln ist es wichtig, die Balance zwischen der Steifheit des Profils und der Steifheit der Mischung zu finden. Da wir jetzt nur noch einen Regenreifen haben können, könnten wir ein neues Profil entwickeln, das in der Lage ist, mit einer weiten Bandbreite an Nässe zurechtzukommen. Deshalb könnte sich auch die Mischung verändern."

"Wetterbedingungen und Streckencharakteristik sind wichtig"

Frage: "In der kommenden Woche beginnen die Wintertests, die Bridgestone-Teams werden sich auf Barcelona, Valencia und Jerez konzentrieren. Was sagen sie zu dieser Streckenwahl?"
Suganuma: "Wetterbedingungen und Streckencharakteristik sind wichtige Faktoren bei den Wintertests. Zu niedrige Temperaturen sind zu andersartig im Vergleich zu dem, was wir während der Saison erwarten können, das könnte für unsere Entwicklungsarbeit nicht gut sein. Die drei spanischen Strecken sind wichtige Teststrecken, denn sie bieten verschiedene Anforderungen an unsere Reifen, die die verschiedenen Rennstrecken ebenfalls bieten. Die Ergebnisse, die wir bei diesen Tests sammeln, werden für unsere zukünftige Arbeit aus diesem Grund sehr nützlich sein."

Frage: "Was wird das Ziel für den Test in der kommenden Woche sein?"
Suganuma: "Es gibt noch ein paar offene Dinge von den letzten Tests, die wir angehen müssen. Aber wir haben auch eine Menge Arbeit auf Grund unserer Analyse der letztjährigen Leistung zu erledigen. Auch wenn wir von 2001 auf 2002 ein paar große Schritte nach vorne gemacht haben, gibt es ein Gebiet, auf dem wir meiner Meinung nach im Besonderen weitere Fortschritte machen können."

Neues Reglement ein Sicherheitsproblem

Frage: "Und was sind ihre Ziele für die drei vor Weihnachten erlaubten Testwochen?"
Suganuma: "Um die Mitte des Dezembers herum würde ich gerne eine Basis für unsere Spezifikation für 2003 haben, auf dessen Basis wir mit den Teams für ihre neuen Autos arbeiten können. Grundsätzlich würde ich gerne die Richtung identifiziert haben, in die wir gehen müssen."

Frage: "Kommen wir noch einmal auf die neuen Regeln zurück. Was denken sie über die Reduzierung der Regenreifen auf nur noch eine Mischung?"
Suganuma: "Persönlich würde ich mindestens zwei Regenmischungen pro Rennen erlaubt haben. Die Reduzierung der Regenreifen auf nur noch eine Spezifikation wirkt sich auf die Sicherheit aus. Wetterbedingungen sind komplett unvorhersagbar. Auch wenn die Entscheidung, welche Mischung man zu jedem Rennen mitbringt, sehr sorgfältig vorgenommen werden wird ? schlussendlich könnte das Wetter nicht so wie erwartet sein und die Reifen könnten mit den Bedingungen nicht zurechtkommen. Meiner Ansicht nach ist eine Wahl des Reifens notwendig, aber wir müssen innerhalb des gegebenen Reglements arbeiten, dies stellt deshalb eine neue Erfahrung für uns dar."

Frage: "Auf der anderen Seite erlaubt das neue Reifenreglement mehr Spezifikationen für jedes Rennen. Wie glauben sie, werden die neuen Regeln in Wirklichkeit funktionieren?"
Suganuma: "Die neuen Regeln für Trockenreifen beeinflussen nicht die Anzahl der Reifensätze, die bei zehn pro Fahrer bleibt, aber sie erlauben eine größere Anzahl von Spezifikationen, zwei pro Team. Es könnte auch sein, dass die Größe, die Form oder die Konstruktion bei den einzelnen Teams unterschiedlich ist. Das bedeutet natürlich mehr Arbeit für uns, mehr Entwicklungsarbeit und mehr Tests. Wir werden hart arbeiten, um den bestmöglichsten Reifen herzustellen, wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben. Dadurch werden wir meiner Meinung nach herausfinden, dass die beste Spezifikation am Ende zu den meisten, wenn nicht sogar zu allen, unserer Autos passen wird. Das Reglement wird sich ändern und wie immer respektieren wir die Entscheidung der FIA und schauen nach der besten Lösung für Bridgestone und unserer Teams. Aus diesem Grund ist eine gute Kommunikation zwischen uns noch wichtiger, so dass wir klar verstehen, was die anderen brauchen. Das wird mit Sicherheit der Schlüssel zum Erfolg für die kommende Saison sein."