Stuck: "Immer besser der Fuchs als der Hase"
Formel-1-Experte Hans-Joachim Stuck analysiert im Interview, warum Räikkönen noch Weltmeister wird und wie es um Ferrari bestellt ist
(Motorsport-Total.com) - Als ehemaliger Formel-1-Pilot und heutiger TV-Experte für unsere Kollegen von 'Premiere' zählt Hans-Joachim Stuck zu den Stammgästen im Fahrerlager. Mit seinen blumigen Kommentaren ist er eine Bereicherung für jede Rennübertragung - und gegenüber einer 'F1Total.com'-Boxengassenreporterin gab er heute auch für uns seinen Senf zu einigen aktuellen Themen ab.

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Für Hans-Joachim Stuck ist Kimi Räikkönen Favorit auf den WM-Titel 2005
Frage: "Hans, nach dem Qualifying sieht es hier nach einem Zweikampf zwischen McLaren-Mercedes und Renault aus. Wer hat da deiner Meinung nach Vorteile?"
Hans-Joachim Stuck: "Ich sehe ganz klar einen großen Vorteil für McLaren-Mercedes, die schon seit vielen Rennen einen wahnsinnigen Speed haben. Es mangelt manchmal ein bisschen an Zuverlässigkeit, aber wenn die das im Griff haben, müsste Räikkönen morgen eigentlich gut sortiert sein."#w1#
Frage: "Glaubst du, dass er die Weltmeisterschaft noch umdrehen kann?"
Stuck: "Davon bin ich überzeugt! Irgendwie sagt mir das innere Gefühl, dass der Kimi das noch packt! In einer WM ist man immer besser der Fuchs als der Hase. Alonso hat schon gezeigt, dass er Fehler macht - in Montréal zum Beispiel. Das ist zwar bei Kimi auch so, aber irgendwie spüre ich, dass McLaren-Mercedes das ganz knapp schaffen wird."
Frage: "Dein Eindruck von der Strecke, von der Stadt Istanbul?"
Stuck: "Ich bin von allem total beeindruckt! Ich habe mir auch von Istanbul etwas anderes vorgestellt. Es ist toll hier - nicht nur schön, sondern auch die Leute sind nett und umgänglich. Man muss auch sagen, was Hermann Tilke hier mit seinen Leuten hingestellt hat, sucht seinesgleichen: eine Strecke, die fahrerisch hoch anspruchsvoll ist, wie man im Qualifying gesehen hat. Ein kleiner Wehrmutstropfen sind vielleicht diese riesigen Auslaufzonen, die das Formel-1-Fahren ein bisschen weniger spannend machen, wenn man es mit Strecken wie Spa vergleicht. Klar: Sicherheit geht vor, aber wenn Fahrfehler passieren und man dann einfach über die Auslaufzonen fahren kann, nimmt das der Formel 1 ein bisschen was von ihrer Präzision weg. Aber man muss ganz klar sehen: Safety first!"
Frage: "Einer, der die Auslaufzone heute gebraucht hat, war Michael Schumacher. Kannst du dir erklären, was bei denen schief läuft?"
Stuck: "Nein, das verstehe ich wirklich nicht. Vor allen Dingen ist für Außenstehende schwer einzuschätzen, ob es am Auto oder am Reifen liegt. Eines kann man mit Sicherheit sagen: An Michael liegt es nicht! Aber was das ganze System Ferrari angeht, steckt irgendwo der Hund drin. Sie halten sich an keine Testbeschränkungen, testen wie die Wahnsinnigen - und werden trotzdem nicht besser! Das finde ich unverständlich..."
Frage: "Der Abstand zu Jordan-Toyota ist ja auch geschrumpft, also kann man nicht mehr sagen, dass es nur der Reifen ist..."
Stuck: "Das habe ich auch schon befürchtet, denn auf der Geraden fehlen ihnen ja auch schon zehn km/h. Irgendwo ist da einfach der Wurm drin."
Frage: "Du glaubst auch nicht, dass sich daran in diesem Jahr noch viel ändern wird?"
Stuck: "Das haben wir vor Budapest auch gesagt - und schon war Michael wieder vorne mit dabei. Das kann man in der heutigen Zeit nicht mehr sagen, weil die Formel 1 so schnelllebig geworden ist. Von Hero to zero und umgekehrt geht so schnell, dass man das nicht vorhersagen kann."

