• 20.08.2005 14:43

Das Interview zum Qualifying mit Michael Schumacher

Nach seinem Dreher im Einzelzeitfahren sieht es für Michael Schumacher in Istanbul nicht gut aus - Resignation dringt langsam doch durch

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, du hast dich auf deiner schnellen Runde im Mittelsektor gedreht. Was war los?"
Michael Schumacher: "Rutschig war es, zu rutschig..."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Für Michael Schumacher ist das Rennen in Istanbul schon vor dem Start gelaufen

Frage: "Aber das wusste man ja, dass es rutschig sein würde..."
Schumacher: "Etwas mehr als ich gedacht habe! Ich habe nichts anders gemacht als in den anderen Runden. Wir wussten, dass Kurve neun etwas schwieriger sein würde, weil es dort ein bisschen mehr Wind gab. Ich meine, dass ich das berücksichtigt hatte, aber anscheinend nicht genug."#w1#

Keine großen Hoffnungen für das Rennen

Frage: "Was kann man da jetzt bis morgen noch reparieren?"
Schumacher: "Da ist nicht viel zu reparieren! Wenn man von hinten losfährt, muss man schauen, was überhaupt noch geht."

Frage: "Werdet ihr jetzt den Motor wechseln, noch einmal ans Auto gehen und dafür von ganz hinten starten?"
Schumacher: "Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Das ist deine Idee, aber ich weiß noch nicht, ob es auch unsere sein wird..."

Frage: "Aber wäre das angesichts der Situation nicht eine gute Idee?"
Schumacher: "Reden wir mal mit dem Ross (Brawn; Anm. d. Red.)!"

Frage: "Wie enttäuscht bist du jetzt?"
Schumacher: "Ich bin nicht so enttäuscht, wie man meinen könnte, denn es hat sich in den Freien Trainings angedeutet, dass wir zu langsam sind. Dass ich mich gedreht habe und dass ich jetzt von ganz hinten losfahren muss, war sicherlich noch der krönende Abschluss."

Frage: "Was ist dir nach dem Dreher durch den Kopf gegangen? Hast du innerlich geflucht?"
Schumacher: "Nein. Dafür bin ich zu lange dabei, als dass ich anfangen würde zu fluchen."

Viele Dreher "unverständlich" für Schumacher

Frage: "Es hat viele Dreher in diesem Qualifying gegeben. Waren die Bedingungen anders als im Training?"
Schumacher: "Ja, es war im Qualifying etwas schwieriger zu fahren. Die Gründe dafür kenne ich auch nicht unbedingt. Es mag etwas damit zu tun haben, dass die Strecke zwischen zwei Sessions immer wieder ein bisschen Schmutz aufnimmt. Immer dann, wenn man neu hinausfährt, gibt das Probleme, aber dennoch ist es für mich unverständlich, warum speziell im Qualifying so viele Fahrer ein Problem hatten."

Frage: "War es bei dir Wind, war es Dreck, war es ein Fahrfehler?"
Schumacher: "Es war auf jeden Fall so, dass wir die Kurve nicht getroffen haben. Die Gründe dafür weiß ich nicht wirklich. Der Wind war ein bisschen stärker als heute Morgen. Ich habe versucht, das zu berücksichtigen, aber offensichtlich haben einige Fahrer - mich eingeschlossen - nicht genug Rücksicht darauf genommen."

Frage: "Riskiert man im Qualifying vielleicht ein bisschen mehr als sonst?"
Schumacher: "Man versucht sicher, die Situation auszureizen, aber das tun wir im Freien Training sicherlich auch."

Frage: "In Budapest gab es wieder Grund zur Hoffnung für dich. Was hat sich seither verändert?"
Schumacher: "Das ist schwierig. Wir können es uns selber auch nicht erklären. Wir haben in den drei Wochen gearbeitet und entwickelt - weniger am Auto, aber sicherlich an den Reifen. Trotzdem können wir es hier nicht umsetzen. Aus irgendwelchen Gründen bieten die Reifen nicht den Grip, den wir in Ungarn hatten."

Schumacher nur noch "Favorit für Platz 10"

Frage: "Du hast auch schon Rennen von ganz hinten gewonnen. Wie wahrscheinlich ist das morgen?"
Schumacher: "In diesen Rennen war ich dann aber auch im Training generell schnell genug. Jetzt bin ich mit einer der Favoriten auf den zehnten Platz oder so ungefähr. Insofern ist es nicht gerade viel versprechend, was uns morgen erwartet."

Frage: "In den Trainings hatte Bridgestone einen klaren Reifennachteil. Siehst du das für das Rennen ähnlich?"
Schumacher: "Das ist ziemlich offensichtlich. Ich glaube nicht, dass ich dazu noch etwas sagen muss."

Frage: "Du hast die härteren Reifen. Könnte das für die Renndistanz ein Vorteil sein?"
Schumacher: "Um ehrlich zu sein: Wir wären mit den weichen Reifen auch nicht schnell genug gewesen. Wir sind schon das ganze Wochenende viel zu langsam, was überraschend ist, denn Hockenheim und Ungarn schien ein guter Trend zu sein, aber jetzt ist da ein Rückschlag zu erkennen."

Frage: "Sind es dieselben Reifen wie in Ungarn, die ihr hier einsetzt?"
Schumacher: "Ich möchte nicht mehr ins Detail gehen, aber es liegt sicherlich mehr an den Reifen als an den anderen Bereichen."

"Waren zu keiner Zeit konkurrenzfähig"

Frage: "Istanbul ist eine neue Strecke, die die anderen Fahrer zwar genauso gut kennen wie du, aber kann es sein, dass du auf die Renndistanz gesehen wegen deiner Erfahrung Vorteile haben wirst? Kannst du deinen Fans Hoffnung machen?"
Schumacher: "Da muss ich leider ein bisschen süffisant lächeln, denn wer von den Fans das Training verfolgt hat, der weiß, dass wir hier zu keiner Zeit konkurrenzfähig waren. Das hat sich im Qualifying auch fortgesetzt. Wenn ich die Runde zu Ende gefahren wäre, wäre ich irgendwo von Platz sieben aufwärts gelandet. Das wäre zwar nicht ganz hoffnungslos gewesen und da hätte ich noch ein Pünktchen ergattern können, aber die Aussichten und die Ziele für uns sind sicherlich andere."

Frage: "Hast du die Ideallinie für das Rennen morgen schon herausgefunden?"
Schumacher: "Ja. Ich glaube nicht, dass ich ein Problem mit der Ideallinie habe. Jetzt im Qualifying habe ich eben mal eine andere probiert (lacht)! Spaß beiseite: Daran liegt es sicher nicht, denn wir hatten alle Zeit genug, um uns auf die Strecke einzustellen."

Frage: "Gibt es aus deiner Sicht genügend Überholmöglichkeiten auf dieser Strecke, um morgen das Resultat noch zu verbessern?"
Schumacher: "Nicht wirklich, nein."

Frage: "Dein Betreuer Balbir Singh ist dieses Wochenende zum letzten Mal dabei. Hast du ein paar Abschiedsworte für ihn?"
Schumacher: "Private, ja - wenn ihr Journalisten mir das erlaubt. Das Wichtigste ist, dass ich einen guten Freund in ihm gefunden habe, und das wird sich auch nicht ändern."

"Magische Hände" von Balbir Singh werden "Schumi" fehlen

Frage: "Er hat sich ja mit magischen Fingern um dich gekümmert, nicht wahr?"
Schumacher: "Mit sehr magischen..."

Frage: "Fußballer Thomas Hässler gibt am Montag sein Abschiedsspiel. Stimmt es, dass du gerne mitspielen wolltest, aber nicht kannst?"
Schumacher: "Ich wollte ursprünglich mitspielen und habe mich auch schon darauf gefreut, aber unser Testkalender ist ziemlich eng gesteckt und da waren jetzt drei Wochen Pause, daher reicht es für mich nicht. Dennoch wünsche ich ihm viel Spaß! Er ist ja ein alter Mitspieler. Er wäre gerne mal zum 1. FC Köln nach Hause gekommen, wo ich ihn sicher besucht hätte, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!"

Frage: "Er ist einer der Großen des deutschen Fußballs. Siehst du das auch so?"
Schumacher: "Thomas Hässler war sicherlich einer der ganz Großen. Er ist 1990 immerhin Weltmeister geworden. Wir haben das eine oder andere Mal auch schon zusammen gekickt. Ein ganz sympathischer Kerl!"