• 13.10.2006 09:47

  • von Inga Stracke

Stracke an der Strecke: Von Flip Flops und Karaoke

'F1Total.com'-Reporterin Inga Stracke berichtet über die traditionelle Karaoke-Party nach dem Rennen und Ihre Erlebnisse in Suzuka und Tokio

(Motorsport-Total.com) - Hallo liebe Formel-1-Fans!

Titel-Bild zur News: Suzuka

Zum letzten Mal Suzuka und Tokio im Doppelpack, 2007 geht es nach Fuji

Sayonara Suzuka - irgendwie schon schade, dass wir nächstes Jahr dort nicht mehr hinkommen! Nach jahrelangem Murren und Schimpfen haben wir uns doch alle dort eingewöhnt und aus der Not eine Tugend gemacht.

Soll heißen, uns mit der einzigen Bar im Umkreis der Strecke angefreundet, ebenso mit den winzigen, engen Karaoke "Log Cabins" und den lautstarken Sing-Darbietungen sämtlicher Formel-1-Mitglieder.#w1#

Log Cabins

In den Log Cabins wurde nach dem Rennen fleißig gesungen Zoom

Nach dem Rennausfall ist Michael Schumacher ja gleich noch Sonntagabend abgehauen - schade, schade, das war wirklich Pech. Ich konnte es ehrlich gesagt kaum glauben, als er uns nach dem Rennen mit recht gefasstem Gesichtsausdruck gegenüber stand und erklärte: "Ich weiß, dass es danach keine Möglichkeit mehr für mich gibt. Ich habe alles versucht in diesem Jahr, wir zusammen, und es hat halt nicht sollen sein. Wir haben gemeinsam schon viel erreicht, und darauf dürfen wir stolz sein, zufrieden. Wenn das jetzt nicht klappt, davon geht die Welt nicht unter."

Fans

Die Fans hatten sich vergeblich für Michael Schumacher in Schale geworfen Zoom

So kenne ich ihn in all den Jahren nicht! Noch nie hat er aufgegeben, wenn noch ein Funken Hoffnung da war - und die rechnerische Möglichkeit. Klar, die Chance ist winzig, aber sie ist da - die meisten, mit denen ich nach dem Rennen im Fahrerlager gesprochen habe, konstatierten schließlich "das gleiche kann in Sao Paulo Fernando Alonso passieren". Schumis japanischen Fans drücken ihm sowieso ganz fest die Daumen, hatten sie sich doch vor dem Rennen so in Schale geschmissen.

Tja, die Karaokewettbewerbe fanden jedenfalls ohne Schumi statt. Alonso habe ich auch nicht gesehen, aber den habe ich ganz am Rande bemerkt noch nie auf einer Party gesehen. Und ich muss sagen, die Entscheidung zwischen Vitantonio Liuzzi, der sicherlich den Sing-Marathon gewinnt, und Scott Speed, der ein zweiter Eminem ist, fällt mir schwer!

Vitantonio Liuzzi

Vitantonio Liuzzi ist für seinen eigenwilligen Look bekannt Zoom

Zumindest hatte Liuzzi die fraglichere Klamotte an: Rosa Pulli, schiefe Kappe und eine Jeans die so tief hing, dass man die pinkfarbene Boxer sah - bei ihm nichts außergewöhnliches, er hat ja seinen eigenen, auffälligen Kleidungsstil, den er auch im Fahrerlager skrupellos zur Schau stellt.

Wer noch alles gesungen hat: Die Südamerika-Franktion mit Felipe Massa und Rubens Barrichello heizte uns mit brasilianischen Liedern ein, und irgendwann standen wir Bayern mit Nick Heidfeld da und sangen "Viva Bavaria"!

Der Rest versank im japanischen "Asahi-Bier" - dosenweise! Dabei hätten wir so gerne noch einmal Schumi mit "My Way" gehört - er wollte ja gleich heim, aber ich glaube die Karaoke-Kobolde haben ihm einen Streich gespielt, seine Falcon hatte ein Problem, er musste noch eine Nacht in Japan verbringen und am Montag Linie zurück fliegen...

In Japan pulsiert das Leben in den Städten Zoom

Ich gebe zu, mir hat Japan diesmal richtig gut gefallen - abgesehen von dem Theater, das der Manager meines Suzuka Hotels beim Auschecken machte, weil ich nicht einsehen wollte, dass er die Zimmerpreise im Laufe des Wochenendes variabel mal eben angehoben hatte. Vor allem Tokio, das ist auf der Reise von Shanghai nach Suzuka besucht habe und richtig klasse fand.

Nach dem Lärm und der aggressiven Hektik Shanghais war Japan eine Wohltat. Generell habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Japaner mehr Stolz haben und zeigen, bei dem, was sie machen. Dies fällt zum Beispiel auf, wenn man die Taxifahrer beider Länder vergleicht. Wird man in Shanghai eher angemault und oft mal als "dummer Ausländer" mehrmals im Kreis gefahren, damit man mehr zahlt, ist der japanische Taxichauffeur richtig stolz auf seinen Beruf. Mit weißen Handschuhen, sich auf Knopfdruck des Fahrers öffnender Passagiertür hinten, sprechendem Taxi und - nicht zu vergessen - weißen Häkeldeckchen auf den Plastiküberzogenen Sitzen machen sie richtig was her, und jeder Wagen ist auf Hochglanz poliert. Bis aufs letzte Staubkörnchen im Innenraum gereinigt.

Vor meinem Hotel in Suzuka gab es einen kleinen Wasserfall Zoom

Übrigens, mein "Tokio Hotel" hatte sogar einen eigenen Wasserfall! Und das Essen! Super lecker, Sushi, Nudeln, hauchdünnes Fleisch, das man sich selbst in heißer Brühe kocht, und was verwenden die Köche der Luxusrestaurants in Tokio? Gutes deutsches Salz aus Bad Reichenhall!

Tokio ist sensationell! Quirlige Einkaufsstraßen mit den Geschäften sämtlicher Luxusdesigner der Welt münden in riesigen Parks mit hundertjahralten Bäumen und einem beeindruckendem Schrein, der einen um eben diese hunderte von Jahren in der Zeit zurück reisen lässt.

Das laute Elektronikviertel Akihabara ist genauso sehens- und hörenswert, wie der Imperial Palace. Abends lassen die hart arbeitenden Tokioter dann offensichtlich den Bär tanzen, noch in Schlips und Anzug steuern sie das nächste Restaurant an, oder die daneben liegende "Spielhölle" mit unzähligen lauten Spielautomaten - vorwiegend einarmigen Banditen -, und die nächste Sake-Bar.

Meine Japanreise hat auch einmal mehr gezeigt, dass man im Leben niemals auslernt. Bei verschiedenen Anlässen durfte ich die wunderschön gestylten Geishas in ihren Originalkostümen bewundern und konnte nicht umhin, festzustellen, dass die Damen zu ihrer kunstvollen Haartracht und den einzigartigen Kleidern weiße Socken und - Flip Flops trugen.

Schau an: Selbst in Japan wird mit Salz aus Deutschland gewürzt... Zoom

"Slippah", wie die Dinger in Hawaii genannt werden, oder Pluggis (Australien) sind ja nun inzwischen fast überall bekannt - ich liebe sie und habe eine ganze Reihe davon -, aber dass sie wohl ursprünglich das Schuhwerk der Geishas waren und von Japan aus sozusagen die Welt erobert haben, war auch mir neu! Gut nur, dass wie sie inzwischen eher ohne Socken tragen.

So, ich freue mich jetzt auf eine kurze Pause zwischen den Rennen und gönne mir auf dem quasi direktem Weg von Japan nach Sao Paulo einen kurzen Abstecher ins Paradies: die Hawaii-Insel Maui. Es gibt für mich keinen schöneren Fleck auf dieser Erde! Surf's up...

In diesem Sinne Aloha und Hang Loose,
Eure Inga Stracke von der Strecke