Stirling Moss: Eine Rennlegende wird 80
Die Formel-1-Weltmeisterschaft gewann er nie, dafür aber jede Menge Sympathien: Stirling Moss feiert am Donnerstag seinen 80. Geburtstag
(Motorsport-Total.com) - Als Stirling Moss 1962 an der Glover-Trophy teilnahm, war alles wie immer - doch nach dem Rennen in Goodwood sollte nichts mehr so sein wie davor: Ein schwerer Unfall beendete die einmalige Karriere des britischen Rennfahrers, der die Formel-1-Weltmeisterschaft insgesamt viermal als Zweiter abgeschlossen hat. Den Lebensmut hat Sir Stirling Moss aber trotzdem nicht verloren.

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Siegertyp, aber nie Weltmeister: Stirling Moss feiert heute seinen 80. Geburtstag
Selbst an seinem 80. Geburtstag gönnt sich der frühere Rennfahrer keine Pause: "Bewegung ist für mich wie Ruhe", sagt Moss. "Ich habe mir erst kürzlich meinen Terminkalender genau angesehen: Zwischen Juli und Silvester liegen nur drei Wochenenden, an denen ich keine Verpflichtungen habe." Es ist eben wie damals, als er als aktiver Pilot zum Teil mehrere Rennen an einem Tag bestritt.#w1#
Von Yorkshire in die ganze Welt
Doch bis dahin war es ein langer Weg für den Mann, der nach dem Heimatort seiner schottischen Mutter benannt ist. "Das habe ich meinem Vater zu verdanken", erläutert Moss diesen speziellen Umstand. "Meine Mutter wollte mich Hamish nennen - kann man sich das vorstellen? Mein Vater wischte das vom Tisch und meine Mutter schlug Stirling vor, denn das ist der Ort, wo sie herstammte."
Moss, der dem Rennsport in den folgenden Jahren seinen Stempel aufdrücken sollte, beschäftigte sich als junger Bursche zunächst überhaupt nicht mit Autos, sondern war vielmehr von der Fliegerei angetan: "Ich war ein Kind des Krieges", meint der 80-Jährige rückblickend. "Ich wurde 1929 geboren und hatte ein großes Interesse an den Flugzeugen, die über uns hinwegfegten", so Moss.
"Für den Motorsport interessierte ich mich erst mit 16. Ich las ein Buch von Prince Bira, der ein außerordentlich guter Amateur war und einiges an Geld machte - er war aber kein Profi. Ich dachte mir: 'Das hört sich nach einem sehr spannenden Business an', und so habe ich damit angefangen", berichtet Moss - auf einem ehemaligen Flugplatz in Yorkshire begann schließlich seine Rennkarriere.
Den WM-Titel jagt Moss vergeblich
Wie viele weitere Rennen diesem ersten Lauf folgten, weiß Moss nicht einmal mit Sicherheit zu sagen. Zwischen 1948 und 1962 dürfte der Jubilar aber durchaus auf rund 500 Rennteilnahmen gekommen sein - aus vielen dieser Veranstaltungen ging der Brite als Sieger hervor. Auch in der Formel 1 hinterließ er einen bleibenden Eindruck, gewann 16 Grands Prix - aber niemals den WM-Titel.

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Stirling Moss in Monza 1951: Der Brite war einer der größten Rennfahrer seiner Zeit Zoom
1955, 1956 und 1957 belegte Moss am Saisonende jeweils den zweiten Rang hinter Juan-Manuel Fangio, 1958 wurde er gar nur um einen Punkt von seinem britischen Landsmann Mike Hawthorn geschlagen. Als er 1962 in Goodwood Gas gab, hatte er die drei vergangenen Saisons jeweils auf dem dritten WM-Rang abgeschlossen: "Ich war auf dem Zenit meiner Karriere", so Moss.
Doch der Stern des Rennfahrers Moss sank am 23. April 1962 abrupt: In der Fordwater-Passage von Goodwood erlitt der damals 32-Jährige einen folgenschweren Unfall, als er mit seinem Lotus in einem Erdwall einschlug und im Wrack des Rennwagens eingeklemmt wurde. Trotz Koma und teilweiser Lähmung seiner linken Körperhälfte wollte er aber unbedingt wieder zurückkehren.
Nach Goodwood 1962 ist die Magie verflogen
Am 1. Mai 1963, etwa ein Jahr nach seinem Crash, bestieg Moss wieder ein Rennauto und versuchte sich erneut auf dem Goodwood-Kurs - alleine. Nach 30 Minuten privaten Trainings stellte der Brite sein Auto ab und stieg aus - aus dem aktiven Rennsport auf höchstem Niveau: "Ich trete zurück", sagte Moss unmittelbar nach seinem Test. Er fühlte sich im Fahrzeug einfach nicht mehr wohl.
Von einem Tag auf den anderen brach für einen der besten Rennfahrer seiner Zeit eine Welt zusammen. "Das war mein großes Problem", bestätigt Moss. "Ich trat mit 32 Jahren zurück und hatte keine Ahnung von nichts. Ich dachte mir: 'Entweder werde ich Makler oder Abgeordneter.' Das sind die einzigen Berufe, in denen man es zu etwas bringen kann, selbst wenn man gar nichts weiß."
"Als Abgeordneter hätte ich keine gute Figur gemacht, also bin ich in die Immobilienbranche gegangen", schildert der viermalige Vizeweltmeister seinen weiteren Werdegang. "So musste ich meinen Lebensunterhalt also mit Arbeit bestreiten - das hat mich fast umgebracht. Ich hatte mir doch eigentlich ausgerechnet, noch 20 Jahre lang Rennen zu fahren", gibt Moss zu Protokoll.
Mit Ehefrau Susie in Feierlaune
Seine Zeit als Grand-Prix-Pilot hat Moss nämlich sehr genossen: "Meine Lebensqualität war deutlich höher als die von Jenson Button oder Lewis Hamilton", sagt die 80-jährige Rennlegende rund 46 Jahre nach ihrem Rücktritt vom aktiven Motorsport. "Ich musste damals ja schließlich nur erscheinen, den Wagen fahren und konnte danach wieder den Mädchen hinterher jagen", so Moss.

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Gern gesehene Gäste im Fahrerlager: Stirling Moss mit Ehefrau Susie in Monaco Zoom
Doch auch diesem Treiben wurde schon bald ein Riegel vorgeschoben - noch heute sind Susie und Stirling Moss ein glückliches Ehepaar. "Sie ist meine Datenbank: Ich vergesse alles und sie kann sich alles merken", meint Moss. "Wir gehen überall gemeinsam hin. Wir sind seit über 30 Jahren verheiratet und es gab seither nicht eine einzige Nacht, die wir nicht zusammen verbracht hätten."
Seiner Ehefrau hat es Moss auch zu verdanken, seinen 80. Geburtstag bereits mehrfach gefeiert zu haben: "Die erste Party zu diesem Zweck stieg schon zwölf Wochen, bevor es überhaupt soweit war", berichtet Moss amüsiert. "Ich bin abergläubisch und mochte diesen Gedanken ganz und gar nicht - aber was soll's. Es war eine schöne Fete", muss der ehemalige Rennfahrer rückblickend gestehen.
In Goodwood schließt sich der Kreis
So gerne sich Moss an seine aktive Zeit im Rennsport zurückerinnert, so gerne greift der 1990 in die International Motorsports Hall of Fame aufgenommene Brite auch heute noch ins Lenkrad. Ob bei der Ennstal-Classic oder bei einem historischen Rennen in Spa-Francorchamps - wenn Sir Stirling Moss ein Rennfahrzeug bewegt, dann ist er wieder in dem Element, das er über viele Jahre hinweg hervorragend beherrschte.
Auch in Goodwood ist Moss gelegentlich unterwegs. Vor beinahe einem halben Jahrhundert hätte ihn dieser Kurs fast sein Leben gekostet - und dennoch zieht es den heute 80-Jährigen immer wieder an diesen Rennplatz. "Wenn ich dort fahre, merke ich erst, um wie viel schneller ich gewesen bin, als ich noch jung war", sagt Moss. Einer der größten Helden seiner Zunft ist er allerdings noch immer.

