Stewart: Hamilton kann ein echter Champion werden

Ex-Weltmeister Jackie Stewart hofft, dass Lewis Hamilton nicht nur auf der Rennstrecke ein Champion wird, sondern auch als Charakter

(Motorsport-Total.com) - Jackie Stewart ist längst geouteter Lewis-Hamilton-Fan, allerdings wünscht er seinem britischen Landsmann nicht nur sportlichen Erfolg, sondern auch charakterliche Größe. Michael Schumacher sei nämlich ohne Zweifel ein überragender Rennfahrer gewesen, seine vielen kontroversen Aktionen hätten seine Karriere aber mit einem negativen Beigeschmack versehen.

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart sieht in Lewis Hamilton einen großen Formel-1-Champion

"Die großen Namen der Formel 1", erklärte der Ex-Weltmeister bei einem PR-Termin für 'RBS', "waren alle sauber und hatten gute Manieren, zum Beispiel Juan Manuel Fangio, Stirling Moss und Jim Clark. Daher wünsche ich mir für Lewis Hamilton, dass er ein großer Champion wird - das wünsche ich ihm mehr als die Weltmeisterschaft."#w1#

Stewart nennt Hamilton ein Genie

"Ich finde, Lewis macht den Eindruck eines Genies." Jackie Stewart

"Ich glaube, das kann er erreichen. Von den Millionen, die einen Führerschein haben, verdienen tausende mit dem Motorsport Geld, aber nur 22 schaffen es in die Formel 1. Unter diesen 22 sind vielleicht sechs etwas Besonderes, zwei oder drei wirklich außergewöhnlich - und einmal im Leben taucht ein Genie auf. Ich finde, Lewis macht den Eindruck eines Genies", so Stewart.

Ferner zeigte er sich überrascht über die acht Podestplätze en suite, die der McLaren-Mercedes-Rookie, der ja auch die Fahrer-WM anführt, schon erreicht hat, "aber früher oder später wird diese Serie enden, sei es durch einen mechanischen Defekt, einen Zwischenfall in der ersten Kurve, ein Benzinleck oder schlechtes Wetter."

Gerade am kommenden Wochenende in Silverstone, wo sich alle so viel vom Shooting-Star aus Großbritannien erwarten, wäre ein erster Rückschlag natürlich besonders bitter: "Ich hoffe nur, dass dann nicht alle den Kopf hängen lassen und enttäuscht sind. Ob du nun Boxer bist, Jockey oder ein Fußballteam - du kannst nicht ewig gewinnen. Es taucht überall mal ein Problem auf", sagte Stewart.

Auf Hamilton kommt jetzt viel zu

"Plötzlicher Ruhm und viel Geld sind schwer zu verkraften." Jackie Stewart

Gegenüber der 'BBC' fügte er an: "Er hat noch wenig von der Furore gesehen, die er verursacht. Dieser Rausch und diese Euphorie werden ihn auf die Probe stellen. Plötzlicher Ruhm und viel Geld sind schwer zu verkraften. Da brauchst du echte Werte und den Blick auf das Wesentliche. Er wird mehr Geld verdienen als jeder Sportler vor ihm, er kann größer werden als Federer und Tiger Woods."

Der 68-Jährige glaubt jedoch, dass Hamilton von der Einstellung her bodenständig genug ist, um nicht abzuheben: "Ich denke, er hat seine Augen und Ohren weit offen, ich glaube, er denkt richtig." Außerdem sei ihm hoch anzurechnen, dass er sich Ratschlägen nicht seines Egos wegen verschließt, sondern diese jederzeit annimmt und versucht, daraus zu lernen.

"Diejenigen, die glauben, dass sie keine Fragen stellen oder nichts mehr lernen müssen, gewinnen vielleicht mal ein Rennen, aber nicht mehr", so Stewart. "Lewis will, dass man ihm hilft. Wenn du Menschen um dich herum scharst, die mehr wissen als du selbst und die schon einmal erfolgreich waren, dann kannst du davon nur lernen und profitieren."

Stewart sieht Parallelen zur eigenen Karriere

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton feierte im sechsten Formel-1-Rennen seinen ersten Sieg Zoom

"Lewis hat sechs Grands Prix gebraucht, um zu gewinnen. Bei mir waren es acht. Als ich meinen ersten Sieg feierte, war ich ganz überrascht, weil ich meine Konkurrenten immer viel stärker als mich selbst eingeschätzt hatte. Lewis ist sicher auch überrascht, weil er auf einmal vor Alonso und Räikkönen liegt. Coulthard und Button stellte er über Nacht in den Schatten", lobte er.

Apropos David Coulthard und Jenson Button: Hamilton soll das erreichen, was die beiden nie geschafft haben, nämlich Weltmeister werden. Das würde dem selbsternannten Mutterland des Motorsports gut tun: "Wir brauchen einen Weltmeister", seufzte Stewart. "Wir hatten seit Damon (Hill, 1996; Anm. d. Red.) keinen mehr, aber Lewis hat alles, was man dafür braucht."

Aber: "Ich glaube, wir haben das Ende von Alonso, Massa und Räikkönen noch nicht gesehen. Schon in zwei, drei Grands Prix kann alles ganz anders sein, denn so eine WM-Führung ist schnell wieder dahin. Die Sache ist jedenfalls noch lange nicht gegessen, denn es sind noch neun Rennen zu fahren und wir haben von Alonso noch nicht alles gesehen, glaubt mir!"