So stimmt man am Nürburgring ein Formel-1-Auto ab
Fokus Setup: Auf was es in Sachen Fahrwerkseinstellungen am Nürburgring ankommt und warum die Motoren nicht allzu stark strapaziert werden
(Motorsport-Total.com) - Auch wenn Überholmanöver in der Königsklasse des Motorsports generell schwierig sind, so bietet der Nürburgring dennoch einige gute Möglichkeiten, so zum Beispiel am Ende der Start- und Zielgeraden oder auch vor der für die Formel 1 besonders eng gestalteten NGK-Schikane. Darüber hinaus wartet die Heimat des Großen Preis von Europa aber auch mit Erste-Gang-Haarnadelkurven sowie ultraschnellen Passagen auf, die in der sechsten oder sogar in der siebenten Welle passiert werden können. Das vielleicht markanteste Charakteristikum dieser Strecke jedoch ist das oftmals unberechenbare Eifelwetter, das selbst im Sommermonat Juli alle vier Jahreszeiten im flotten Wechsel aufbieten kann.

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Der Nürburgring gilt als Herausforderung, aber nicht für die Motoren
Auf dem Nürburgring gehen die Formel-1-Rennwagen mit besonders steil eingestellten Flügeln an den Start, um möglichst viel aerodynamischen Abtrieb zu generieren. Dies verbessert nicht nur die Kurvengeschwindigkeiten in den zahlreichen mittel- und superschnellen Passagen, sondern gewährleistet vor der ersten Kurve und der NGK-Schikane auch eine hohe Bremsstabilität.#w1#
Speziell in den schnellen Wechselkurven der Ford-Passage, des Michael-Schumacher-S sowie der Kumho- und Bit-Kurve kommt es zugleich auf ein gut ausbalanciertes Fahrverhalten an, um möglichst viel Schwung auf die jeweils folgende Gerade mitzunehmen. Daher zählt es zu den speziellen Aufgaben der Renningenieure, den eigenen Boliden eine Untersteuertendenz in den mittelschnellen Biegungen auszutreiben.
Nicht nur in dem besonders langsamen Streckenabschnitt gleich nach dem Start, sondern auch in den schnelleren Passagen des Eifelkurses kommt es auf unmittelbare Reaktionen auf Lenkbewegungen und schnelle Richtungswechsel an. Aufgrund der vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten, mit der die Kurven zwei bis vier durchfahren werden, kann die Aerodynamik in diesem Streckenabschnitt kaum Unterstützung gewähren - hier kommt es vor allem auf mechanischen Grip an.
Eine wichtige Kenngröße für die Leistungsfähigkeit der Formel-1-Renner stellen auch in der Eifel die Reifen dar. Bridgestone als einziger Ausrüster wird den Teams die weiche und mittelharte Mischung aus seiner Potenza-Familie anbieten. Über die Art ihrer Verwendung entscheidet nicht zuletzt das Wetter: Sollten die für diese Region bislang dominierenden ungewöhnlich kühlen Temperaturen auch das Rennwochenende auszeichnen, werden alle Starter gleichermaßen darum bemüht sein, speziell der weicheren Mischung das gefürchtete Körnen (Graining) abzugewöhnen.
Motor:
Werden die Chassisingenieure im Zeichen der (Nür-)Burg speziell gefordert, so dürfen ihre Motorenkollegen einem vergleichsweise ruhigen Grand Prix entgegenblicken: Die Eifelrennstrecke stellt keine besonders hohen Anforderungen an die Achtzylinder. So sorgt zum Beispiel die Lage des Traditionskurses in rund 500 Meter Höhe für einen Leistungsverlust von gut fünf Prozent, wodurch sich die Belastung auf mechanische Teile wie etwa die Kolben reduziert.
Auch der Vollgasanteil pro Runde liegt mit 56 Prozent unterhalb des Durchschnittswerts von zirka 61 Prozent. Zugleich arbeiten die Rennmotoren kaum länger als zehn Sekunden am Stück unter Volllast, ein eher geringer Wert. Größere Aufmerksamkeit widmen die Spezialisten dem Ansprechverhalten bei geringen Drehzahlen, um das Herausbeschleunigen aus den langsamen Passagen zu optimieren - insbesondere die Ausfahrt aus der Dunlop-Kehre, die in eine flotte Bergaufpassage mündet, steht im Mittelpunkt des Interesses.
Die für den Nürburgring charakteristischen Höhenunterschiede und schnellen Richtungswechsel stellen den Ölkreislauf der Aggregate vor keine Probleme. Etwas schwieriger präsentieren sich vereinzelte unebene Passagen sowie der Ausgang der NGK-Schikane: Hier dürfen die Motoren nicht zu oft in den bei 19.000 Touren obligatorischen Drehzahlbegrenzer laufen, denn dies kann unter Umständen Schäden verursachen.

