• 14.02.2005 09:55

  • von Fabian Hust

Schwammiges Reglement sorgt schon für Aufsehen

Es ist noch kein einziges Rennen mit dem 2005er Reglement gefahren, da sorgt das neue Regelwerk schon für Aufsehen

(Motorsport-Total.com) - Grau ist alle Theorie. Wie sich das neue Formel-1-Reglement in der kommenden Saison auf der Strecke auswirken wird, weiß noch niemand. Kommt es zu Ungereimtheiten, werden die Teams schwammige Definitionen zu ihren Gunsten ausnutzen und bringt das neue Qualifying-Format die erwünschte Aufwertung des Rennwochenendes für den Formel-1-Fan?

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

In dieser Saison darf an der Box - eigentlich - nur noch getankt werden...

Mussten die Motoren im vergangenen Jahr ein Grand-Prix-Wochenende halten, werden es in diesem Jahr zwei sein. Es ist anzunehmen, dass das eine oder andere Team mit dieser Regelung vor allem in den ersten Rennen große Probleme haben wird. Das neue Reglement sieht aus diesem Grund vor, dass ein Motor gewechselt werden darf, wenn ein Auto im ersten Rennen der "Zwei-Rennen-Phase" die Zielflagge nicht sieht, ohne dass man beim Rennen darauf von zehn Plätzen weiter hinten starten muss.#w1#

Im Reglement heißt es: "Jeder Fahrer, der beim ersten der zwei Rennen nicht ins Ziel kommt, kann das zweite mit einem anderen Motor bestreiten, ohne sich eine Strafe zuzuziehen." Dies könnte dazu führen, dass Fahrer, die außerhalb der Punkte liegen, ihr Auto gegen Rennende absichtlich abstellen, um einen Ausfall zu provozieren. In diesem Fall zählt nicht die 90-Prozentregel sondern einzig, ob ein Auto die Ziellinie überquert hat oder nicht. Der Fahrer hätte dann beim kommenden Rennen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, da das Team mehr Drehzahl und damit mehr Leistung freigeben könnte.

Der Automobilweltverband FIA hat angekündigt, dass er Auffälligkeiten genau unter die Lupe nehmen wird. Im Klartext: Fällt ein Fahrer oder ein Team auffällig oft im ersten der beiden Rennen aus oder ist kein offensichtlicher Ausfallgrund zu erkennen, sprich es ist davon auszugehen, dass das Auto absichtlich abgestellt wurde, könnte die FIA das Reglement anpassen und Strafen verhängen. Diese Ausnahmeregelung gilt übrigens auch nur für das Rennen, nicht für das Training oder das Qualifying. Geht ein Motor also am ersten Rennwochenende im Freien Training hoch und muss gewechselt werden, muss sich der Fahrer in der Startaufstellung um zehn Plätze weiter hinten aufstellen.

Dieser Tage wird wild über dieses Schlupfloch im Reglement spekuliert, sogar von mutwilligen Motorenplatzern ist die Rede, die aber wohl keiner der Motorenhersteller dulden würde. Zudem stellt sich die Frage, warum es die Regelung, dass bei einem Ausfall im ersten der beiden Rennen ein frischer Motor ohne Konsequenzen gewechselt werden darf, überhaupt existieren muss. Zumindest dürfte dies den kleinen Teams helfen, denn die Top-Teams dürften diesen "Trick" aus Imagegründen wohl kaum anwenden.

"Freiräume" bietet das Reglement den Teams auch in Bezug auf die neue Reifenregelung, die besagt, dass für das Qualifying und das Rennen nur ein einziger Reifensatz verwendet werden darf. Ausnahmen gibt es bei Regen und wenn ein Reifenwechsel aus Sicherheitsgründen notwendig ist. Doch genau hier gibt es einige Unsicherheiten. Was ist, wenn sich der Fahrer einen Bremsplatten geholt hat und nun starke Vibrationen auftreten? Was ist, wenn der Fahrer über Trümmerteile gefahren ist oder sich über einen scharfkantigen Randstein gedreht hat?

"Es ist Gewiss im Sinne der FIA, wenn man Reifen, die verbraucht sind, als Sicherheitsrisiko einstuft und daher wechseln darf", so Patrick Head, Anteilseigner des BMW WilliamsF1 Teams, gegenüber der 'motorsport aktuell'. "Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass sich die FIA-Kommissare sehr genau davon überzeugen werden, ob der Wechsel auch wirklich vonnöten war. Sobald solche Reifenwechsel etwas häufig vorkommen, wird es Zoff geben. Das neue Reifenreglement ist ein latenter Brutherd für Streitigkeiten."

Man darf also gespannt sein, ob die Teams das schwammige Reglement zu ihren Gunsten nutzen werden. Auf der einen Seite können es sich gerade die Top-Teams eigentlich nicht leisten, sich durch solche "Tricks" einen Vorteil zu verschaffen, auf der anderen Seite kann man sich gerade durch einen Reifenwechsel im richtigen Moment einen eklatanten Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass solche Themen häufig heißer gekocht als gegessen werden und oftmals ein neuer Regelpassus hinzugefügt wird, bevor ein Team einen Vorteil aus dem schwammigen Reglement zieht.