• 18.01.2002 10:44

  • von Fabian Hust

Schumacher: "Manchmal war Mika einfach zu schnell!"

Michael Schumacher spricht ausführlich über die Winterpause, das neue Auto und seine alten und neuen Gegner

(Motorsport-Total.com) - Bestens gelaunt präsentierte sich Michael Schumacher diese Woche bei den traditionellen Skitagen von Ferrari in Madonna di Campiglio. Bereits am Montag dieser Woche hatte sich der vierfache Formel-1-Weltmeister früher als erwartet aus dem Urlaub zurückgemeldete und in Fiorano einige Runden samt neuem Streckenrekord abgespult.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher blickt der neuen Saison gut gelaunt entgegen

Dass der Familienvater sich früher als geplant wieder in den F2001 setzte, hatte einen Grund: "Wenn man schon so lange in der Formel 1 gearbeitet hat, dann weiß man genau, was man tun muss, um sich auf die kommende Weltmeisterschaft vorzubereiten. Dieses Mal war es jedoch ein wenig anders, da ich fast nie während den letzten Jahren so viel Zeit ohne Fahren verbracht habe. Ich spielte viel Fußball und hatte meinen Spaß dabei und ich war in guter Stimmung, besonders wegen der guten Ergebnisse in der letzten Saison und der langen Pause, die wir in diesem Jahr hatten. Ich entspannte mit meiner Familie und lud meine Batterien für die kommende Saison auf, die hoffentlich eine weitere großartige Saison für uns werden wird."

"Fahre noch so lange, wie es geht"

Dabei läuft der Ferrari-Pilot nach eigenem Bekunden keine Gefahr, nach 53 Siegen und vier WM-Titeln an Motivation zu verlieren: "Das ist nie ein Problem für mich. Wenn man bedenkt, dass nur 24 Fahrer aus der ganzen Welt in der Formel 1 gegeneinander antreten, dann ist es schon befriedigend genug, dabei zu sein und in einem Top-Team zu sein ist das beste, was dir passieren kann. Motorsport ist mein Leben. Das war schon immer so gewesen und ich wollte das schon immer so haben. Das ist keine Frage der Motivation. Ich fahre Rennen, weil ich es liebe."

Obwohl Michael Schumacher eigentlich alles erreicht hat, über ein dickes Konto verfügt und Familie hat, denkt der Wahlschweizer über einen Rücktritt noch nicht nach: "Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Man hat mich schon oft danach gefragt, aber noch ist es nicht Zeit, darüber nachzudenken. So lange ich noch fahren kann, werde ich dies auch tun."

"McLaren ist ein unbekannter Faktor"

Und was erwartet sich der Ferrari-Pilot von der kommenden Saison? "Ich denke, dass der meiste Druck von meinem Bruder und seinem Teamkollegen kommen wird. McLaren ist ein unbekannter Faktor, da sie ihren Reifenpartner gewechselt haben und wir aus diesem Grund nicht genau wissen, wie schnell sie sich an diesen Wechsel anpassen können."

Schumacher weiter: "Ich denke, dass McLaren und BMW-Williams für uns die größte Bedrohung darstellen werden und ich gehe davon aus, dass der BMW-Motor in diesem Jahr sogar noch stärker werden wird, zusätzlich wird Williams die Reifen besser verstehen. McLaren war bei den Testfahrten sehr schnell, aber das ist normal, wenn man mit dem letztjährigen Auto fährt. Wir müssen abwarten und sehen, wo alle mit ihren neuen Autos stehen."

"Coulthard ist ein sehr starker Fahrer"

Und wie schätzt Michael Schumacher die anderen Teams von Renault, Jaguar und Honda ein? "Es gibt keinen Grund, warum man nicht denken sollte, dass sie keine Top-Teams werden könnten, da sie alles dazu Notwendige haben. Jedoch braucht man dazu Zeit und nachdem letztes Jahr Gesehenen ist es unrealistisch zu denken, dass sie in kurzer Zeit einen sehr großen Schritt nach vorne machen können und um den Titel mitfahren. Das ist lediglich meine Meinung und natürlich kann ich falsch liegen."

Während Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya für Michael Schumacher die Hauptgegner darstellen, hat der Deutsche aber natürlich auch noch zwei andere Fahrer auf der Rechnung: "Coulthard ist ein sehr starker Fahrer und er wird eine Gefahr darstellen. Wir müssen abwarten und sehen wie schnell David und auch Kimi Räikkönen sein werden."

"Manchmal war Mika einfach zu schnell!"

In der kommenden Saison wird einer seiner langjährigen Gegner nicht mehr im Starterfeld zu finden sein: Mika Häkkinen. "Manchmal war Mika einfach zu schnell!", grinst Michael Schumacher. "Vielleicht wäre mein Leben etwas einfacher gewesen, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Aber was seine Menschlichkeit angeht, so wird man ihn vermissen. Er war immer ein großartiger und fairer Gegner."

Mit Ferrari hat Schumacher sein richtiges Team gefunden und ähnlich wie Häkkinen wird er dort wohl bis zu seinem Karriereende bleiben: "Ich würde nie ein Team ohne gute Gründe verlassen. Wir haben ein wunderbares Team, das nicht nur konkurrenzfähig sondern auf der menschlichen Seite auch sehr stark ist. Ich bin mit dem Management und den Mechanikern befreundet und ich sehe, dass ich noch für viele Jahre bei Ferrari bleiben werde. Es mag vielleicht nicht sehr realistisch aussehen, aber ich kann nicht sehen, dass sich mein Leben sehr viel ändern wird als es momentan ist."

"Wir haben fast immer die gleiche Meinung"

"Wir sind ein sehr vereintes Team", fährt der 33-Jährige fort. "Wir reden eine Menge. Über die Jahre hat das Team niemals eine Entscheidung gefällt, die meiner Meinung nach schlecht für das Team war und das Team hatte nie das Gefühl, das ich eine Entscheidung traf, die schlecht war. Wir haben fast immer dieselbe Meinung. Das Team wird von Jean Todt und Luca di Montezemolo geleitet und keiner von beiden hat mich jemals gefragt, eine Entscheidung für sie zu treffen. Sie machen großartige Arbeit."

Und auch mit Rubens Barrichello als Teamkollegen ist der erfolgreichste Formel-1-Pilot aller Zeiten zufrieden: "Rubens ist ein wichtiger Teil des Teams. Von dem, was ich sehen kann, erhält er vom Team die gleiche Unterstützung, die sie auch mir anbieten. Da habe ich überhaupt keine Zweifel. Ferrari ist ein großes Team und gut dazu in der Lage, mit zwei Autos zu fahren. Es gibt keinen Unterschied bei dem Material, das sie uns zur Verfügung stellen. Das Team ist sehr glücklich mit der Arbeit, die Rubens verrichtet und es hat eine gute Beziehung zu ihm. Wir beide arbeiten gut zusammen. Manchmal haben wir vielleicht vereinzelte Probleme, aber es ist normal, dass man andere Meinungen hat. Jedoch ist die Situation sehr klar und wir beide haben ein großartiges Arbeitsverhältnis."

"Machte mir ein wenig Sorgen"

Arbeiten ist ein gutes Stichwort. Damit begann Michael Schumacher nämlich mit seinem ersten Test am Montag früher als erwartet: "Ich wollte einfach nur sicher stellen, dass ich immer noch einen Rennwagen bewegen kann! Ich war jetzt so lange aus dem Cockpit draußen, dass ich ein wenig besorgt war. Ich hatte das Gefühl, dass ich auf der Strecke fahren muss und aus diesem Grund rief ich Todt an und fragte, ob ich testen könne. Sie gaben mir die Möglichkeiten, die letzten Änderungen am Getriebe und ein paar anderen Teilen auszuprobieren."

"Ich bin glücklich, wie die Testarbeit verlaufen ist", so der zweifache Familienvater weiter. "Die neuen Teile, die wir ausprobiert haben, führen zur Verbesserung der Leistung. Was die Zuverlässigkeit angeht, so haben wir mit dem neuen Getriebe nach der Winterpause ein paar Probleme gehabt, weil es eine komplett neue Lösung ist. Es ist schön zu sehen, dass wir eine Menge Runden fahren konnten und die letzten Tests waren sehr wichtig."

"Komplett neues Auto"

Und was kann Schumacher schon über das neue Auto verraten? "Es wird ein komplett neues Auto sein, auch wenn die Änderungen nicht radikal sein werden. Es ist definitiv eine Weiterentwicklung des letztjährigen Autos und kein völlig neues Projekt. Manchmal muss man mit einem weißen Papier beginnen. Dieses Mal haben wir auf Grund unserer Erfahrungen der vergangenen Saison es einfach mit ein paar neuen Ideen kombiniert. Die Aerodynamik wird komplett anders sein. Wir haben ein neues Getriebe und einige neue Teile. Aus diesem Grund denke ich sagen zu können, dass es ein komplett neues Auto ist."

Auch Michael Schumacher bestätigt, dass es theoretisch möglich sein wird, mit dem alten Auto in die neue Saison starten zu können: "Unser Programm zielt auf die Verwendung des neuen Autos im ersten Rennen ab. Es stimmt aber, dass wir die Möglichkeit haben, das letztjährige Auto zu verwenden, wenn wir dies benötigen sollten, wovon ich aber nicht ausgehe. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Melbourne mit dem neuen Auto sein werden."

"Hatte ein paar Pfunde zugelegt?"

A propos Melbourne ? im letzten Jahr überschlug sich Michael Schumacher dort im Kiesbett, vielleicht ein Grund, etwas an den Strecken zu ändern? "Ich bin klar ein Favorit von Asphalt. In Fiorano haben wir bereits die Strecke daran angepasst und ich denke, dass es eine großartige Lösung ist. Aber wir haben noch eine Menge zu lernen. Es wird weiterhin Unfälle geben und die Sicherheit wird ein fundamentales Element sein. Es gibt immer Raum für Verbesserungen."

Zum Abschluss ließ sich Michael Schumacher noch einiges über seine Hobbies entlocken: "Der Grund, weswegen ich keine Zeit hatte, während der Pause Sport zu treiben ist, dass ich zum ersten Mal meine 'Sommerferien' im Winter hatte. Ich war mit der ganzen Familie auf Mauritius und wir entspannten uns ganz locker in T-Shirts. In der ersten Woche trieb ich ein wenig Sport und aß eine Menge ? ich merkte, dass ich ein paar Pfunde zulegte? Ich steuerte dem sofort entgegen und trieb ein wenig Sport. Auf Mauritius spielte ich auch ein wenig Fußball und fuhr mit meiner Frau Rad. Leider ist es nicht leicht, im Winter Radfahren zu gehen und ich spielte hauptsächlich in der Halle Fußball. In Norwegen fuhr ich zum ersten Mal ein wenig Langlauf und es war eine interessante Erfahrung. Abgesehen davon habe ich eine Menge Zeit in der Sporthalle verbracht, was ich auch im Sommer viel tue, wenn ich zu Hause bin."