Schumacher: "Es wird ein heißer Ritt"

Michael Schumacher spricht im Interview über seine Chancen auf dem Hungaroring - Mercedes arbeitet in die richtige Richtung

(Motorsport-Total.com) - Vier Siege hat Michael Schumacher in seiner Karriere auf dem Hungaroring gefeiert. Dazu zählt der unvergessene Triumph von 1998, als der Deutsche eine clevere Strategie seines heutigen Teamchefs Ross Brawn umsetzte und McLaren besiegte. Im Jahr 2001 stellte der Rekordweltmeister bereits im August seinen zweiten Titel mit Ferrari klar. In dieser Saison mischt "Schumi" nicht ganz vorne mit. Zuletzt auf dem Nürburgring wurde sowohl er, als auch sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg überrundet. Im Interview spricht Schumacher über seine Chancen auf dem Hungaroring und die derzeitige Situation bei den Silberpfeilen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher hat in Ungarn schon einige große Erfolge gefeiert

Frage: "Du hast in Ungarn schon viele Erfolge gefeiert und auch eine WM gewonnen. Mit welchen Erinnerungen kommst du an den Hungaroring?"
Michael Schumacher: "Die Erinnerungen sind natürlich schön. Vor genau zehn Jahren habe ich hier den zweiten Titel mit Ferrari sichergestellt. Das sind natürlich schöne Erinnerungen, aber ich kenne auch alle anderen Rennen, wie beispielsweise 1998, die schon einzigartig waren. Ungarn ist fahrerisch und technisch eine große Herausforderung. Die Strecke hat sich verändert, denn es gibt eine längere Gerade. Wir haben jetzt KERS und DRS. Überholen ist in diesem Jahr verstärkt möglich. Ich freue mich auf das Rennen, weil es sicher ein heißer Ritt werden wird."

Frage: "Michael, wie süß würde ein Sieg zum aktuellen Zeitpunkt schmecken?"
Schumacher: "Es würde sich anders anfühlen, aber ich denke nicht, dass wir von Siegen sprechen sollten. Man kann natürlich immer mit einem Podium spekulieren, wenn viele Leute vor einem ausfallen. Unsere Leistungsfähigkeit hat man auf dem Nürburgring gesehen. Das ist das Paket, das uns zur Verfügung steht. Wir liegen auf den Plätzen sieben und acht. Jenson (Button; Anm. d. Red.) fiel zwar aus, aber wenn wir ein normales Rennen haben - ich mich nicht drehe und der Reifensatz bei Nico passt - dann können wir unter normalen Umständen Siebter und Achter werden. Von dort ist es ein langer Weg auf das Podium."

Frage: "Wie schwierig war das Ergebnis vom Heimrennen zu verdauen? Der Hungaroring hat eine andere Streckencharakteristik. Kann man in Ungarn mehr erwarten?"
Schumacher: "Wir schauen natürlich immer nach vorne. Im Großen und Ganzen ist es natürlich das Auto, das wir am Nürburgring hatten, aber es gibt eine andere Rennstreckencharakteristik. Das Wetter spielt eventuell eine Rolle. Insofern startet man ein Wochenende immer optimistisch. Das tun wir auch hier, aber realistisch gesehen sind unsere Ziele Platz sieben und acht."


Fotos: Großer Preis von Ungarn, Pre-Events


"Wenn wir das schaffen, dann muss man sagen, dass wir das Optimum erreicht haben. Auf der anderen Seite haben wir auf dem Nürburgring nicht das Optimum erreicht. Ein McLaren fiel aus, weshalb die Plätze sechs und sieben das Optimum für uns sein hätte müssen. Wir werden natürlich daran arbeiten, für uns das Maximum herauszuholen. Wenn man noch etwas Glück hat - wer weiß, was dann passiert."

Frage: "Der Reifenverschleiß war in diesem Jahr ein großes Problem für Mercedes. Adrian Sutil kam mit dem Force India mit einem Stopp weniger vor euch ins Ziel. Ist das ein Bereich auf den ihr auch an diesem Wochenende konzentriert?"
Schumacher: "Das ist einer der Bereiche. Ob es der Bereich ist, bin ich mir nicht zu 100 Prozent sicher. Meiner Meinung nach hätte ich Adrian ohne Dreher geschnappt und wäre vor ihm gewesen. Das wäre möglich gewesen. Dann wäre es um die richtige Strategie gegangen. Wir haben uns in diesem Bereich schon verbessert. Auf dem Nürburgring war es sehr kalt, also ging es nicht um das Überhitzen der Reifen, das uns normalerweise plagt. Die meisten Probleme sollten durch die Updates mittlerweile behoben sein."

¿pbvin|512|3919||0|1pb¿Frage: "Du hast vorhin gemeint, dass ein Podium nicht möglich ist. In Kanada hatte es geregnet und ein paar Autos sind ausgefallen. Dort warst du in Podestnähe."
Schumacher: "Wie gesagt, bei unvorhergesehenen Bedingungen weiß man nie was passieren wird. Realistisch gesehen wird es am Sonntag laut Wetterbericht nicht regnen. Wir müssen Punkte holen und unseren vierten Platz in der Konstrukteursweltmeisterschaft absichern. Das ist das realistische Ziel und daran arbeiten wir."

Die Entwicklungsrichtung stimmt bei Mercedes

Frage: "Wie zufrieden bist du mit der bisherigen Saison?"
Schumacher: "Man muss sich natürlich immer an der Konkurrenz messe und die Situation im Verhältnis sehen. Wir wollten uns verbessern, keine Frage. Es ist uns nicht gelungen. Das wurde schon oft thematisiert. Zaubern können wir nicht, sondern nur daran arbeiten und uns stetig verbessern. Der Verbesserungsprozess hat angefangen. Der zeigt sich auch, nur ist vorne die Dichte im Verhältnis zum letzten Jahr größer geworden."

"Das ist vielleicht die Erklärung, warum es bei den Punkten nicht ganz so rosig aussieht, wie im Vorjahr. Faktum ist, dass wir ganz klar nicht da sind, wo wir sein wollen. Um dahin zu kommen, haben wir die richtigen Schritte eingeleitet. Ob sie greifen, werden wir in Zukunft herausfinden. Dass der Zweikampf im Mittelfeld etwas intensiver ausfällt, und manchmal ein paar Teile abfallen, dass glaube ich gehört dazu. In der Statistik der Überholmanöver steh ich eh weiter vorne als hinten. Insofern kann ich ganz gut damit leben."

Frage: "Ihr sucht fieberhaft neue Leute. Ist das vorausplanend für die kommende Saison?"
Schumacher: "Wir haben auch in den ersten beiden Jahren sukzessive neue Mitarbeiter eingestellt. Es ist klar, dass wir noch mehr Stärke und Manpower benötigen, um unsere Ziele zu erreichen und um mit den drei Topteams in Zukunft mithalten und sie überholen zu können. Wir müssen jede Menge aufholen, um da vorne hinzukommen. Das heißt, man muss zu dem normalen Programm noch die Zusatzarbeit leisten. Das schaffen wir in Zukunft hoffentlich mit einem vergrößerten und verstärkten Team. Dennoch ist es wichtig, innerhalb des Resource Restriction Agreements zu bleiben. Das sind alles Dinge, die man berücksichtigen muss.

¿pbvin|512|3917||0|1pb¿Frage: "Wie viel Arbeit fließt schon in das nächstjährige Auto?"
Schumacher: "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir auf das nächstjährige Auto abzielen, aber wir können und wollen das aktuelle Auto noch verbessern. Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die dieses Auto noch schneller machen können, aber hauptsächlich fürs nächste Jahr schon gedacht sind."

Frage: "Um Weltmeister zu werden, muss man in erster Linie auch seinen Teamkollegen schlagen. Was musst du tun, damit du regelmäßig vor Nico bist?"
Schumacher: "Das ist sehr wohl möglich. Gerade was die Rennsituation angeht, bin ich meiner Meinung nach nicht soweit weg. An den Resultaten ist das nicht unbedingt festzumachen, aber ich kenne die Gründe dafür. Ich bin mit mir da vollkommen im Reinen. Klar, um Erster zu werden muss man zuerst seinen Teamkollegen im Griff haben. Lassen wir uns überraschen."

Frage: "Nico fährt am Sonntag sein 100. Rennen. Wie ist er als Typ so für dich?"
Schumacher: "Wir harmonieren im Team sehr gut und geben eine Richtung vor. Das ist für das Team sehr hilfreich. Man kann natürlich anführen, warum die Resultate nicht da sind, aber das muss man nicht. Für meine Begriffe geht es in die richtige Richtung. Mit Nico ist das wesentlich einfacher, weil wir die gleichen Bedürfnisse haben, um das Auto schneller zu machen. Das sticht heraus. Wir kennen uns aber nicht gut genug, um auf private Eigenschaften einzugehen."

Frage: "Im Vergleich zu deiner ersten Karriere wirkst du nicht so verbissen und bist viel entspannter. Man sieht dir den Spaß mehr an. Ist das dein neues Lebensmotto?"
Schumacher: "Ich bin sicher eine Portion relaxter als ich das früher war. Gar keine Frage. Ich habe einfach viel mehr Erfahrung und weiß einfach, was wann notwendig ist. Ich weiß, wann ich konzentriert sein muss und wann ich auch einmal loslassen kann."

Schumacher drückt Vettel die Daumen

Frage: "An den Stammtischen wird viel darüber diskutiert, wann Sebastian Vettel Weltmeister wird und ob er überhaupt noch zu schlagen ist. Was wäre dein Beitrag zu dieser Diskussion?"
Schumacher: "Ich muss gestehen, dass ich mich von solchen Diskussionen eigentlich fern halte (lacht; Anm. d. Red). Ich drücke ihm auf jeden Fall die Daumen."

Frage: "Glaubst du, dass er noch abgefangen wird?"
Schumacher: "Die Formel 1 ist sehr facettenreich. Er hat ein beruhigendes Punktepolster, aber sicher sein darf man sich bis zum Schluss nie."

Frage: "Du kennst die Situation, in der sich Sebastian gerade befindet. Wie schwierig ist es da als Team, die Konzentration aufrecht zu halten?"
Schumacher: "Das ist sicherlich eine große Herausforderung. Eigentlich kann er die WM jetzt nur noch verlieren. Das ist natürlich der Punkt, an dem man darüber nachdenkt, wo man Fehler vermeiden muss und sich auch einmal mit einem vierten Platz begnügen muss. Am Ende werden die Punkte zusammengezählt. Das ist ausschlaggebend. Ich sehe jetzt keine großen Probleme auf sie zukommen, aber es ist natürlich eine nervenaufreibende Situation."