• 12.06.2002 10:59

  • von Marcus Kollmann

Schumacher: Die Weltmeisterschaft ist noch nicht vorbei

Der Ferrari-Pilot über den ausgebliebenen Zweikampf mit Montoya in Kanada und warum es verfrüht ist schon jetzt vom Titel zu sprechen

(Motorsport-Total.com) - 6 Siege von acht möglichen, dazu ein dritter und ein zweiter Platz und mit 70 WM-Punkten derzeit unangefochten in der Fahrerwertung in Führung liegend, für Michael Schumacher sind die Weichen in punkto Titelverteidigung unweigerlich gestellt. Die Ausgangslage in der sich der Wahl-Schweizer und sein Rennstall befindet ist zur Saisonhalbzeit formidabel, doch nach dem Erfolg in Kanada, für Ferrari war es der 150. Sieg, gibt sich der Champion zurückhaltend. Die Weltmeisterschaft ist schließlich noch nicht entschieden, wenngleich Schumachers Vorsprung in der Fahrerwertung und Ferraris Führung in der Konstrukteurswertung einem ein anderes Bild vermitteln.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher jubelt über seinen Sieg in Kanada im F2002

"Schumi" freute sich über den Sieg sehr, doch vom Titel will er noch nichts wissen

"Wir hatten einfach Glück, denn Montoya hat uns quasi sechs Punkte geschenkt", erklärte Michael Schumacher in Rückblick auf das Rennen in Montreal und bedauerte zugleich den technisch bedingten Ausfall des Kolumbianers: "Es war wirklich schade, dass ich mir kein Rennen mit ihm zum Ende mehr liefern konnte. Aber traurig war ich deshalb nicht", verriet der vierfache Weltmeister, dass er gerne seinen Ruf als derzeit bester Formel-1-Pilot wohl gerne dadurch untermauert hätte, in dem er seinen kolumbianischen Widersacher vor den Augen zig Tausender Fans an der Rennstrecke und weiterer Millionen vor den Fernsehgeräten abgehängt hätte. Verständlich ist aber, dass er andererseits dem nicht allzu sehr nachtrauert, denn Zweikämpfe mit Montoya bürgen Risiken - das hat die Vergangenheit mehr als einmal gezeigt. Zweikämpfe bei Tempo 330 auf der langen Geraden des Circuit Gilles Villeneuve sind ebenfalls gefährlich, weiß Schumacher noch aus der Zeit als sein härtester Gegner bei Williams Damon Hill hieß. Am Ende zählt aber schließlich nur der Sieg und den holte sich der Deutsche - und zwar eindeutig. Dass der Zweitplatzierte nur 1,1 Sekunden hinter dem Ferrari-Piloten die schwarz-weiß-karierte Flagge sah, lag jedoch nur an der lockeren Fahrt des Ferrari-Piloten zum Ende hin, der im Laufe der letzten Runden seinen seinen deutlichen Vorsprung von rund 20 Sekunden zum Wohle des Materials gegen etwas langsamere Rundenzeiten eingetauscht hatte. Nicht etwas dass der F2002 schlapp gemacht hätte, aber warum soll man etwas unnötig riskieren wenn weit und breit niemand in Schlagdistanz ist der einem den sieg wegschnappen kann?

Reifenfaktor Grund für Schumachers Zurückhaltung

Doch so beeindruckend die Chancennutzung Michael Schumachers in diesem Jahr bislang ist, eines steht fest; die viel befürchtete Formel-Langeweile hat es in dieser Saison bisher noch nicht gegeben. Der F2002 mag zwar das beste Auto im gesamten Feld sein, doch der "Reifenkrieg" zwischen Bridgestone und Michelin mischt vor jedem Grand Prix die Karten neu. Deswegen bleibt Schumacher auch weiterhin zurückhaltend wenn es um den Titel geht - obwohl er weiß, dass seine Konkurrenten 43 WM-Punkte hinter ihm liegen und selbst bei Punktegleichstand die Anzahl der Siege, zweiten, dritten Plätze und so weiter eindeutig für ihn spricht. Doch dass es allen Anschein zum Trotz immer anders kommen kann als man denkt, diese Erfahrung machte Schumacher in der Saison 2000, als er in Frankreich einem technischen Defekt zum Opfer fiel und in Österreich und Deutschland wegen Rennunfällen mit dem eigentlichen Rennausgang nichts mehr zu tun hatte und es noch einmal für ihn eng wurde.

Das mag auch die Erklärung sein warum er gleich nach seinem Sieg in Kanada die Euphorie bremste. "Ich sehe keinen Grund, warum ich schon sagen sollte die Weltmeisterschaft wäre entschieden. Das ist einfach noch nicht der Fall. Es ist wichtig, dass wir weiterhin hart arbeiten und kämpfen, sodass sich die Dinge zu unseren Gunsten entwickeln", motiviert der 33-Jährige in seiner ganz persönlichen Art das Ferrari-Team weiterhin nach Verbesserungen im Tausendstel-, Hundertstel- oder gar Zehntelsekundenbereich zu suchen. Die Konkurrenz schläft schließlich auch nicht.

"Die Weltmeisterschaft ist erst entschieden, wenn für die Gegner mathematisch keine Chance mehr besteht", so "Schumi" sinngemäß. "Wir haben noch 9 Rennen vor uns und somit werden noch 90 Punkte vergeben. Aber mein Vorsprung ist natürlich schon beruhigend, doch er ist noch nicht groß genug, weshalb ich noch nicht an den Titel denke", machte der 168-fache Grand Prix-Teilnehmer zum Abschluss darauf aufmerksam, dass er trotz seines beruhigenden Punktepolsters weiterhin enorm motiviert ist und nur dann auf Sicherheit fahren wird wenn es der Situation angemessen ist.