• 26.05.2002 19:33

  • von Fabian Hust

Schumacher: "David hat den Sieg verdient"

Schumacher spricht im Interview ausführlich über sein Rennen, die aufregende Heckansicht Montoyas und das Duell mit Coulthard

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher auf der offiziellen FIA-Pressekonferenz über sein Rennen in Monte Carlo.

Titel-Bild zur News: Schumacher und Coulthard

Schumacher grautliert David Coulthard zu einem starken Rennen

Frage: "Du hast einen Großteil des Rennens damit verbracht, dir aus der Nähe das Heck von Juan-Pablo Montoyas Auto anzuschauen. Glaubst du, dass du ihm hättest wegfahren können, wenn du vorbeigekommen wärst?"
Michael Schumacher: "Ich denke, dass ich das geschafft habe. Wir waren an der Box und sie ebenfalls, ich bin mir nicht sicher, ob er schon an der Box war oder nicht, aber ich denke, dass wir schnell genug waren, um nach dem Boxenstopp vorne zu bleiben. Es ging natürlich um David, der eine große Lücke zwischen Montoya und sich selbst aufgebaut hat. Ohne den Verkehr, den wir nach den ersten Runden nach unserem Boxenstopp hatten, wäre das nicht der Fall gewesen. Es wäre sehr eng geworden. Aber dennoch, sie haben großartig gearbeitet und heute den Sieg wirklich verdient."

Frage: "Aber als du direkt hinter Davids Auto lagst, dachtest du, dass es einen Moment geben könnte, in dem du an ihm vorbeigehen könntest und dachtest du im Hinblick auf Montoyas Ausfall auch daran, dass du bei einer Zielankunft einen 33-Punkte-Vorsprung haben würdest?"
Schumacher: "Ich war mir beidem bewusst und machte weiterhin Druck, denn in Monaco ist nichts sicher und man muss wirklich bis zur letzten Kurve Gas geben und das habe ich dann auch getan. Ich versuchte eine Möglichkeit zu erhalten, aber er fuhr ein tolles Rennen und gab mir keine Chance."

Frage: "War der Verkehr für dich ein Problem?"
Schumacher: "Nein. Die Jungs haben heute sehr gut gearbeitet und sind uns nicht im Weg gestanden. Das war sehr gut."

Frage: "Bist du dem Auto vorne gefolgt oder hast du deine eigene Linie gewählt?"
Schumacher: "Man tut immer das, was notwendig ist. Manchmal fährt man seine eigene Linie, manchmal folgt man dem Vordermann."

Frage: "Du musst nach den vielen Runden ziemlich in Trance gewesen sein?"
Schumacher: "Nicht wirklich, denn es war ziemlich unterhaltsam, Juan zuzuschauen. Er berührte ein paar Leitplanken, er blockierte die Räder, rutschte seitlich weg. Er fuhr ein wenig über dem Limit. Ich dachte manchmal, dass er kurz davor ist, einzuschlagen und wenn ich zu dicht hinter ihm herfahre, dies zu einem Problem führen könnte. Aber er tat es nicht, er konzentrierte sich, aber wir beide waren nicht schnell genug, um mit David mitzuhalten."

Frage: "Wie war das Auto heute?"
Schumacher: "Gut, ich hatte keine Probleme."

Frage: "Hat man dich über den Rauch von Davids Auto informiert?"
Schumacher: "Ich konnte es sehen. Ich informierte sogar das Team darüber."

Frage: "Was war deine Reaktion, dachtest du, dass er es nicht mehr lange durchhält?"
Schumacher: "Nicht zwangsläufig. Man hat das auch schon andere Male gesehen. Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass etwas nicht stimmt, aber ganz klar ist die Möglichkeit gegeben und man muss das beobachten und darauf achten, ob Öl auf der Strecke ist. Es ist nie sicher, was passieren wird."

Frage: "Hast du heute wirklich erwartet, Zweiter zu werden? Denkst du, dass du hättest Erster werden können oder wolltest du nur das Rennen zu Ende fahren und so viele Punkte wie möglich holen?"
Schumacher: "Man versucht immer alles. Das Rennen ist sehr lange und durch die Boxenstoppstrategie wussten wir, dass wir uns verbessern können. Man glaubt also nie, dass man dort ins Ziel kommt, wo man sich im Moment befindet. Man muss immer positiv denken."

Frage: "Schauen wir noch einmal auf das Qualifying zurück. Glaubst du, dass die Bridgestone-Reifen zu konservativ waren oder haben sie zu viel riskiert?"
Schumacher: "Im Vergleich zum Rennen waren wir aus irgendeinem Grund nicht stark genug. Wir waren im Rennen sehr gut, man kann also nicht sagen, dass sie zu konservativ oder zu aggressiv waren. Nein. Einfach durch den Unterschied der Reifenhersteller können sie sich so verhalten ? sehr gut für eine Runde, vielleicht nicht so konstant und vielleicht bei den anderen anders herum. Wir sahen dies im Qualifying in Österreich. Im Qualifying war es sehr eng im Vergleich zum Rennen."

Frage: "Sind die Vorkommnisse von Österreich nun vergessen und kannst du dich nun voll auf die Weltmeisterschaft konzentrieren?"
Schumacher: "Um ehrlich zu sein habe ich schon vor dem Rennen so gedacht. Klar denkt man über so etwas nicht nach, wenn man im Auto sitzt. Da konzentriert man sich nur auf die Arbeit. Leider kommen solche Dinge vor, aber das ist Teil des Lebens."

Frage: "Dein Fazit nach dem 7. Formel-1-Rennen des Jahres?"
Schumacher: "Alles in allem dürfen wir zufrieden sein mit dem 2. Platz. Wir haben sechs wichtige Punkte im Kampf um die Weltmeisterschaft gewonnen. Speziell im Verhältnis zu meinen direkten Konkurrenten Ralf und Montoya habe ich den Vorsprung noch ein bisschen ausgebaut. Das ist das Wichtigste."

Frage: "Hat es Spaß gemacht, in Monaco zu fahren?"
Schumacher: "Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Es gab verschiedene Momente, in denen ich ziemlich nah dran war, ein Überholmanöver zu starten, aber es hat nicht gereicht. Insofern war es schon recht interessant, denn ich war das ganze Rennen über beschäftigt. Was in Monaco in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen ist."

Frage: "Warum hat es nicht zum 6. Sieg in Monte Carlo gereicht?"
Schumacher: "Es gab keine Möglichkeit auf der Strecke, am McLaren- Mercedes vorbeizukommen. Wir haben es über die Strategie versucht, und das hätte auch aufgehen können. Aber hätte, wenn und aber - das zählt nicht. Letzten Endes sind wir zufrieden, dass wir die 6 Punkte geholt haben."

Frage: "Wie lange haben Sie an den Sieg geglaubt?"
Schumacher: "Bis zur vorletzten Kurve, denn da gibt es die letzte Möglichkeiten zum Überholen, wenn noch einer einen Fehler macht. Ich habe es bis zum Schluss versucht, aber David hat mir keine Chance gegeben."