Schumacher: "Bewegten uns auf einem schmalen Grat"

Der Bahrain-Triumphator im Siegerinterview über sein fast perfektes Rennen, die Anlage in Bahrain und Rosenwasser am Podest

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, du hast zum dritten Mal hintereinander für Ferrari gewonnen, aber die Kunst dabei ist, es mit einer halben Minute Vorsprung nach außen hin auch noch leicht aussehen zu lassen. War es für dich im Cockpit so einfach, wie wir glauben?"
Michael Schumacher: "Es war harte Arbeit, denn die Bremsen waren ziemlich am Limit und wir mussten ein Auge auf die Reifen werfen. Man konnte sehen, dass beide Reifenfirmen mit Blasenbildung zu kämpfen hatten, also bewegten wir uns auf einem schmalen Grat. Daher habe ich nicht allzu hart attackiert, ich wollte nicht in Schwierigkeiten geraten und dadurch sah es nach außen vielleicht weniger spektakulär aus. Ich bin aber nur ein paar Sekunden vor Rubens ins Ziel gekommen, nicht eine halbe Minute."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher dominiert die Formel 1 2004 wie selten zuvor

Frage: "Das hat sich natürlich auf das Team bezogen."
Schumacher: "Nein, aber es war ein riesiges Wochenende. Wir haben uns durchgearbeitet, manchmal war es zäh. Am Freitag sahen wir gut aus, dann hatten wir unter veränderten Bedingungen am Samstag gewisse Probleme, die Balance hinzubekommen, aber im entscheidenden Moment passte alles ganz genau. Wir fuhren auf die ersten beiden Startpositionen und belegten im Rennen die Plätze eins und zwei. Das ist natürlich ein Traumresultat!"#w1#

Vibrationen nach Verbremser in der ersten Kurve

Frage: "Die erste Kurve sah recht interessant aus für uns. Hast du deine Räder blockiert?"
Schumacher: "Ja. Klarerweise sind die Reifen da noch kalt gewesen, vor allem die Vorderreifen, und ich blockierte das kurveninnere Vorderrad. Kurz die Bremse aufzumachen war etwas, das ich mir nicht leisten konnte, weil ich vom Bremspunkt her schon am Limit war, also musste ich das Blockieren durchziehen. Dadurch sind Vibrationen entstanden, die es für mich ganz interessant gemacht haben, die neun Runden, die ich mit diesem Fleck am Reifen fahren musste. Es hat aber am Ende gut funktioniert."

Frage: "Ist das Überrunden ein Problem, wenn man so konzentriert ist?"
Schumacher: "Das größte Problem war ehrlich gesagt, auf der Linie zu bleiben, denn abseits der Ideallinie war es sehr rutschig. Wenn du nur ein bisschen weiter außen warst, was mir wegen der verschlissenen Bremsen ein paar Mal passiert ist, war es schon sehr kritisch. Am Ende des Rennens, beim Überrunden von Juan, war ich kurz abseits der Linie und prompt hatte ich in der nächsten Kurve massive Probleme."

Frage: "Gab es überhaupt keine Schwierigkeiten?"
Schumacher: "Doch, da gibt es noch eine lustige Geschichte. Ich habe kurz vor dem Rennen festgestellt, dass ich mein Amulett im Hotel vergessen hatte. Da ist noch jemand schnell losgeflitzt und hat es mir geholt. Das hat vielleicht den Ausschlag gegeben."

Frage: "Wie hat das Rosenwasser bei der Siegerehrung geschmeckt?"
Schumacher: "Es riecht sehr gut, muss ich sagen. Normalerweise riechen wir Fahrer nach der Siegerehrung ein bisschen eigenartig, aber heute ist der Geruch sehr angenehm..."

Frage: "Kannst du jetzt ein paar Worte zu diesem ersten Grand Prix in Bahrain verlieren?"
Schumacher: "Ich finde, sie haben hier superbe Arbeit geleistet. Sie haben eine Strecke vorbereitet, die interessant zu fahren ist, technisch sehr anspruchsvoll, eine große Herausforderung. Auch die Organisation in Sachen Boxen und verfügbarer Platz war fantastisch. Die Fans und alle anderen Leute haben uns sehr warmherzig willkommen geheißen. Für uns alle war es daher eine nette Erfahrung und wir freuen uns darauf, hierher zurück zu kommen."

Nie über das Limit zu gehen als Erfolgsrezept

Frage: "Alles sah so einfach aus, aber in Wahrheit warst du am Limit, richtig?"
Schumacher: "Ja. Das war das Geheimnis des Wochenendes - es nicht übertreiben und immer innerhalb des Limits oder genau darauf zu sein. Darum hat man kaum Korrekturarbeit beim Lenken gesehen, sondern ich fuhr recht ruhig."

Frage: "War es ein Vorteil, dass es heute kühler war als an den Trainingstagen, denn eure Reifen sind bei solchen Bedingungen normalerweise begünstigt?"
Schumacher: "Ich weiß nicht, wer von der Konkurrenz auf weichen oder harten Reifen war, denn das spielt da sicher eine Rolle. Soweit ich weiß, war Montoya aber auf weichen Reifen, also hatte er diesen Vorteil auch. Für die Jungs mit harten Reifen kann es möglicherweise ein kleiner Nachteil gewesen sein."

Frage: "Bei den letzten drei Premieren neuer Strecken stand ein Ferrari auf der Pole und dann gab es auch noch einen Ferrari-Doppelsieg. Ist das Zufall oder bereitet ihr euch besser vor als die Anderen?"
Schumacher: "Es ist insofern Zufall, als wir kein besonderes Erfolgsgeheimnis haben - abgesehen von der genauen Vorbereitung und davon, dass wir ein sehr gutes Auto haben und ein sehr gutes Team und unsere Möglichkeiten ausschöpfen. Ich habe keine andere Erklärung dafür, würde das aber nicht so interpretieren, dass die anderen Teams am Wochenende keinen guten Job gemacht haben. Das würde ich nicht sagen."

Frage: "Mit dem dritten Reifensatz hast du anfangs Zeit auf Rubens verloren. Danach bist du wieder davon gezogen. Gibt es dafür eine Erklärung?"
Schumacher: "Ein paar Mal war der Verkehr auf der Strecke recht unangenehm und vielleicht war das gerade da, ich weiß es nicht. Während einiger Phasen im Rennen war Rubens aber sehr stark unterwegs. Dann war ich wieder schneller. Das hat hin und her gependelt."

Bremsen mussten "im Auge behalten" werden

Frage: "Hast du dir wegen der Bremsen Sorgen gemacht?"
Schumacher: "Wir mussten sie schon im Auge behalten und ein bisschen schonen, aber unsere Vorhersagen waren genau richtig."

Frage: "Du bist auf dem Weg zu deiner siebenten Weltmeisterschaft. Gibt es überhaupt noch etwas Neues zu erreichen für dich?"
Schumacher: "Ich möchte nicht darüber sprechen, was oder was nicht passieren könnte, aber Tatsache ist, dass ich den Sport liebe und ihn ausüben werde, solange das der Fall ist."

Frage: "Für uns sieht der Saisonbeginn wieder ein bisschen nach 2002 aus. Fühlt es sich für dich auch so an? Drei Siege in Serie..."
Schumacher: "So kann man das schon vergleichen, da habe ich gar nichts dagegen... (lacht)"

Frage: "Es war wieder ein perfekter Saisonstart."
Schumacher: "Das stimmt schon, aber ich schätze, die Rivalen werden sich bald steigern und wieder in den Wettbewerb eingreifen. Das hängt aber nicht von uns ab. Es sind erst drei von 18 Rennen gefahren, da kann noch eine Menge passieren."

Frage: "Wir kommen jetzt wieder nach Europa und die Entwicklung der Autos läuft dann wieder in vollen Touren an. Steckt in eurem Auto noch genügend Potenzial für solche Weiterentwicklungen?"
Schumacher: "Bei der momentanen Situation haben wir logischerweise weniger Potenzial als die Anderen, unser Auto schneller zu machen, aber wir werden es trotzdem versuchen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Konkurrenten aufholen werden und darauf sollten wir uns besser vorbereiten, sonst haben wir dieselbe Situation wie im Vorjahr und ich würde lieber ein bisschen komfortabler als letztes Jahr die Saison beenden."