Scheckter: Lieber Weltmeister als Alkoholiker
Der Formel-1-Champion von 1979 wird 60 Jahre alt: Jody Scheckter krönte eine bewegte Karriere letztendlich mit dem ersehnten Titelgewinn
(Motorsport-Total.com/SID) - Als Jody Scheckter am 9. September 1979 mit einem Sieg in Monza seinen einzigen Weltmeistertitel perfekt machte, ahnte noch niemand, dass sein Name auch mehr als zwei Jahrzehnte später in der Formel 1 noch in aller Munde sein würde. Erst Michael Schumacher "befreite" den Südafrikaner, der am Freitag 60 Jahre alt wird, 21 Jahre später mit dem Titelgewinn im Jahr 2000 von dem Titel "Letzter Ferrari-Weltmeister".

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Jody Scheckter in Aktion: Der Südafrikaner holte sich 1979 denFormel-1- WM-Titel
Auf jeden Fall ist Scheckter, der als bis dato einziger Afrikaner den WM-Titel gewann, der letzte Champion, den der legendäre Firmengründer Enzo Ferrari noch selbst in seinem Team erlebte. Nach dem Titelgewinn vor seinem kanadischen Teamkollegen Gilles Villeneuve blieb Scheckter Ferrari und der Königsklasse nur noch ein weiteres Jahr treu. Nach einer Saison mit nur zwei WM-Zählern beendete er mit gerade einmal 30 Jahren seine Karriere.#w1#
Dass er überhaupt so alt werden würde, hätten dem Heißsporn zu Beginn seiner Laufbahn viele nicht zugetraut. Der Sohn eines Renault-Autohändlers aus der südafrikanischen Hafenstadt East London war lange ein Hasardeur und Crash-Pilot.
Nachdem er 1970 für den Gewinn der Formel-Ford-Serie in seiner Heimat 300 britische Pfund und zwei Tickets nach England bekommen hatte, fuhr er dort zunächst in der Formel Ford und der Formel 3 und debütierte 1972 in Watkins Glen bei McLaren in der Formel 1.

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Jody Scheckter war lange Zeit der bis dato letzte Ferrari-Weltmeister in der Formel 1 Zoom
Im Jahr darauf beförderte Scheckter in seinem erst dritten Rennen in Frankreich den amtierenden Weltmeister Emerson Fittipaldi von der Strecke. Beim darauf folgenden Grand Prix in Silverstone verursachte er in der ersten Runde den bis dahin größten Massenunfall der Formel 1, bei dem acht Autos völlig zerstört wurden und der Italiener Andrea de Adamich einen Beinbruch erlitt.
Den von der Fahrergewerkschaft geforderten Ausschluss Scheckters verhinderte McLaren nur, indem das Team seinen Fahrer selbst für die nächsten vier Rennen aus dem Verkehr zog. Nach der Saison wechselte Scheckter zu Tyrrell, wo er in drei Jahren vier Siege holte - darunter den einzigen mit dem legendären sechsrädrigen Tyrrell P34 - und zweimal WM-Dritter wurde.
1977 heuerte er beim neuen Team des austro-kanadischen Öl-Milliardärs Walter Wolf an, gewann sensationell gleich das erste Rennen und wurde nach zwei weiteren Siegen Vize-Weltmeister hinter Niki Lauda. Weil es danach mit Wolf wieder bergab ging, folgte Scheckter im Sommer 1978 dem Werben von Enzo Ferrari und verwirklichte seinen Traum vom WM-Titel.

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Vor wenigen Jahren stieg Scheckter in Mugello noch einmal in seinen Ferrari Zoom
Erstaunlicherweise gelang ihm sein größter Erfolg vor allem deshalb, weil er sein Temperament in den Griff bekommen hatte und dadurch viel konstanter war als sein meist schnellerer Teamkollege Villeneuve. "Scheckter hat sich selbst beigebracht, seine Fähigkeiten und sein Potenzial weise zu koordinieren, zu planen und dabei immer schon das Ergebnis im Kopf zu haben", lobte Commendatore Ferrari.
Scheckter selbst hatte vor dem Wechsel zu Ferrari gesagt: "Entweder werde ich Weltmeister oder Alkoholiker." Nach seinem Rücktritt baute ein ruhiger und abgeklärter Scheckter, dessen Sohn Tomas es bis zum Formel-1-Testfahrer bei Jaguar brachte und danach in die IndyCar-Serie wechselte, in den USA eine Firma für Schuss-Simulatoren auf, die er einige Jahre später für rund 100 Millionen Dollar verkaufte.
Danach wurde der "Baby-Bär", wie er in der Anfangszeit seiner Karriere oft genannt wurde, in England zum Bio-Bauern. Aus dem zunächst lediglich für die Selbstversorgung gedachten Hof wurde schnell ein Betrieb mit 100 Mitarbeitern.

