Sauber: "Haben uns vom Speed her deutlich gesteigert"
Im Interview zum Saisonabschluss zieht Peter Sauber Bilanz über das Jahr 2004 und spricht über die Entwicklung des C24
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Peter, wie sieht deine Saisonbilanz aus?"
Peter Sauber: "Ich denke, dass wir eine sehr positive Bilanz ziehen können. Genau wie vor einem Jahr haben wir den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM erreicht, aber von der Performance her konnten wir einen großen Schritt machen. 2003 haben wir gerade mal 19 Zähler gewonnen, alleine zehn davon im Regenrennen von Indy. In diesem Jahr sammelten wir 34 Punkte, und zwar kontinuierlich durch unsere eigene Leistungsfähigkeit. Wir sind heute in einer sehr viel stärkeren Position als vor einem Jahr. Wichtig ist vor allem, dass unsere Leistungskurve im Laufe der Saison nach oben zeigte. Diesen Schwung wollen wir nun ins kommende Jahr mitnehmen.

© Sauber
Peter Sauber will den Herstellern weiterhin das Leben schwer machen
Frage: "Liegt der Fortschritt nur am Windkanal?"
Sauber: "Es wäre gewiss falsch zu sagen, das läge nur am Windkanal, aber er ist sicher der wichtigste Faktor. Wir haben ihn im März in Betrieb genommen und dann kontinuierlich Fortschritte erzielt. Um ganz ehrlich zu sein waren wir selber überrascht, wie schnell wir profitieren konnten. Ich freue mich jetzt schon auf den C24, den ersten Sauber-Rennwagen, der komplett im neuen Windkanal entwickelt wird."#w1#
Sauber besiegte zwei der größten Automobilkonzerne
Frage: "Die Formel 1 wird von den Werksteams dominiert. Wie siehst du die Zukunft von Sauber-Petronas?"
Sauber: "Durch die Präsenz von sieben Weltkonzernen sind in den letzten Jahren die Budgets förmlich explodiert, was natürlich die Sache für unabhängige Teams nicht leichter macht. Wir arbeiten mit einem limitierten Budget, das nicht einfach durch einen Automobilhersteller aufgestockt wird. Dennoch kann sich Sauber-Petronas als unabhängiges Team gut behaupten. Es ist uns auch in dieser Saison wieder gelungen, die Werksteams der zweit- und drittgrößten Automobilhersteller der Welt, Toyota und Ford, hinter uns zu lassen, und zwar mit deutlich größerem Abstand als früher. Sollten in absehbarer Zukunft zudem Schritte in Richtung Kostenreduktion auf der Reglementseite folgen, dann würde das unsere Wettbewerbsfähigkeit sogar weiter steigern, weil wir es gewohnt sind, Mittel besonders effizient einzusetzen."
Frage: "Wie beurteilst du die Leistungen deiner beiden Piloten?"
Sauber: "Ich bin mit beiden Piloten sehr zufrieden. Giancarlo hat genau das gebracht, was ich erwartet hatte. Er ist schnell, konstant und macht wenig Fehler. Felipe verfügt ebenfalls über eine sehr gute Grundschnelligkeit und hat sich bezüglich Konstanz im Laufe der Saison deutlich gesteigert. Im Überholen ist er ein Ausnahmetalent. Wohl kaum ein anderer Pilot hat in dieser Saison mehr Konkurrenten überholt als Felipe. Er ist ein Fighter, und ich bin überzeugt, dass wir im nächsten Jahr viel Freude an ihm haben werden. Übrigens: Ein wesentlicher Faktor, warum sich andere Teamchefs plötzlich für Giancarlo interessierten, war sicher, dass wir ihm ein schnelles Auto zur Verfugung stellten. Für seine Zukunft wünsche ich ihm alles Gute. Vielleicht wird er ja auch mal mit etwas Wehmut zur Sauber-Box hinüber schauen."
Frage: "Und im nächsten Jahr kommt Jacques Villeneuve. Nach seinen ersten Grands Prix für Renault wurden Stimmen laut, du hättest dich zu früh festgelegt..."
Sauber: "Für mich war das alles keine Überraschung, ich hatte Jacques im Vorfeld auch darauf hingewiesen. Sein Comeback verlief so, wie ich es erwartet hatte. Es ist ganz normal, dass ein Formel-1-Pilot nach einem Jahr Absenz und dazu noch in einem neuen Team eine gewisse Anzahl Renn- und Testkilometer benötigt, um die volle Leistung erbringen zu können. Ich mache mir keine Sorgen: Jacques wird bereits bei den Wintertests optimal in Form sein, und ich freue mich auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit."
Sauber will sich "weiter nach vorne orientieren"
Frage: "Was fehlt Sauber noch zu einem Spitzenteam?"
Sauber: "Der größte Unterschied zwischen Sauber-Petronas und den Top-Teams liegt in den finanziellen Mitteln, was sich vor allem in deutlich weniger Testkilometern und Windkanalstunden unsererseits niederschlägt. Wenn ich mir beispielsweise die Boxenstopps in der abgelaufenen Saison anschaue, oder die Zuverlässigkeit unserer Autos, dann gehören wir in diesen Disziplinen bereits heute zu den Besten. Und auch vom reinen Speed her haben wir uns deutlich gesteigert. Unsere Performance insbesondere in den Rennen war in diesem Jahr nicht selten auf dem Niveau von BMW-Williams oder McLaren-Mercedes. Die Nachteile auf der finanziellen Seite kompensieren wir durch eine gute Organisation und eine sehr hohe Effizienz. Die Budgets der Konkurrenz halten uns nicht davon ab, uns nach vorn zu orientieren."
Frage: "Wo steht ihr mit der Entwicklung des neuen Autos?"
Sauber: "Wir sind mit dem C24 genau im Zeitplan. Die Entwicklung des neuen Getriebes ist bereits weit fortgeschritten. Zudem arbeiten wir derzeit sehr intensiv im Windkanal, um die Einschränkungen im Bereich der Aerodynamik so gut wie möglich zu kompensieren. Soviel kann ich schon verraten: Was ich bis jetzt gesehen habe, stimmt mich zuversichtlich!"

