Saisonanalyse Teil 7: Christijan Albers
Lesen Sie im siebenten Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von Minardi-Cosworth-Pilot Christijan Albers
(Motorsport-Total.com) - Obwohl die Niederlande nicht unbedingt als klassische Formel-1-Nation gelten, hat es Jos Verstappen mit dem größten Fanclub der Welt geschafft, die Königsklasse des Motorsports auch bei den Oranjes salonfähig zu machen. Davon profitierte in der zurückliegenden Saison Christijan Albers, der der neue Grand-Prix-Star bei unseren Nachbarn ist.

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Christijan Albers mit Freundin Liselore, die ihrem Liebling oft die Daumen drückte
Der 26-Jährige wurde bereits im Dezember 2004 vom Team offiziell bestätigt und hatte damit im Gegensatz zu seinen Stallkollegen Patrick Friesacher und Robert Doornbos ausreichend Gelegenheit, sich auf seine erste Saison vorzubereiten. Albers spulte im Winter an sieben Testtagen mehr als 1.200 Kilometer ab und saß damit in etwa dreimal so viel im Auto wie Friesacher. Allerdings hätte ihm noch mehr Zeit zur Eingewöhnung bestimmt gut getan.#w1#
Umstellung vom Touren- auf den Formelwagen als Handicap
Sein größtes Handicap war zweifellos die Tatsache, dass er zuvor vier Jahre in der DTM absolviert hatte, parallel dazu aber nur sporadisch Formel-1-Tests. Dadurch musste er seinen Fahrstil in relativ kurzer Zeit radikal umstellen, obwohl er vor dem Tourenwagensport durchaus achtbare Resultate in Formelklassen erreicht hatte: 1999 sicherte er sich den prestigeträchtigen Deutschen Formel-3-Titel, ehe er auch in der DTM zum Spitzenfahrer avancierte und 2003 sogar Vizemeister wurde.
Albers' Ziel war jedoch schon immer die Formel 1, weshalb er eine gut dotierte Vertragsverlängerung als Mercedes-Werksfahrer ausschloss und stattdessen das Risiko auf sich nahm, in einem Minardi-Cosworth die Grand-Prix-Welt von hinten aufzumischen. Der Auftakt in Melbourne verlief jedoch ernüchternd: Ein Getriebeschaden beendete sein Premierenrennen, und auch die schnellste Runde des Niederländers war langsamer als jene seines Teamkollegen.
Insgesamt zog Albers in den Qualifyings gegen Friesacher knapp den Kürzeren, allerdings passte er sich im Laufe der Saison immer besser an die Formel-1-Fahrweise an, wodurch er seine Highlights erst spät setzen konnte. In Montréal qualifizierte er sich fast aus eigener Kraft für den 15. Startplatz, wenngleich er im Rennen mit drei Runden Rückstand kein Land sah. Eine Woche später hatte er dann Friesacher sicher im Griff, was ihm Platz fünf beim Bridgestone-Grand-Prix in Indianapolis einbrachte.
Doornbos war für Albers nie eine echte Gefahr
Sein bestes Qualifying-Ergebnis lieferte Albers beim vorletzten WM-Lauf in Suzuka ab, wo er 13. wurde - wenn auch in erster Linie dank der ungewöhnlichen Wetterbedingungen. Darüber hinaus hatte er ab Hockenheim seinen zweiten Teamkollegen Doornbos unter Kontrolle. Apropos Doornbos: Mit seinem Landsmann verstand sich Albers überhaupt nicht, weil sich die beiden Oranjes auch hinsichtlich der Sponsorenanwerbung immer wieder in die Quere kamen.
Von den drei Minardi-Cosworth-Piloten machte der WM-19. jedenfalls den reifsten Eindruck, wenngleich ihn wohl so mancher Experte vom Speed her schneller erwartet hätte. Allerdings muss man ihm ein Lehrjahr mehr als jedem anderen Piloten einräumen, da der Umstieg vom Tourenwagen in die Formel 1 mit Sicherheit nicht einfach zu bewältigen ist. Sein grundsätzlich vorhandenes Talent konnte Albers aber unter Beweis stellen.
Zukunft bei Midland-Toyota oder als Testfahrer denkbar
Was seine Zukunftsaussichten angeht, sind die Chancen auf ein Stammcockpit seit der Übernahme des Minardi-Teams durch Red Bull gesunken, weil 2006 Vitantonio Liuzzi und Scott Speed für die Truppe aus Faenza an den Start gehen werden. Als letzte Option bleibt also ein Engagement bei Midland-Toyota, was auch gar nicht so unwahrscheinlich ist, schließlich gilt der 26-Jährige als einer der Wunschkandidaten von Teamchef Colin Kolles.
Theoretisch wäre sogar ein Wechsel zu Williams-Cosworth denkbar, denn seit sich Frank Williams für kommende Saison auf das Duo Webber/Rosberg festgelegt hat, sieht sich Antonio Pizzonia nach einem Renncockpit in den USA um. Sollte der Brasilianer dabei fündig werden, müsste jemand seine Nachfolge als dritter Mann bei der Crew aus Grove antreten - und angeblich hat Albers-Manager Lodewijk Varossieau diesbezüglich schon seine Fühler ausgestreckt.
Analyse der 'F1Total.com'-Experten:

© Minardi
Bei der Straßendemo in Rotterdam wurde Christijan Albers wie ein Popstar gefeiert Zoom
Marc Surer: "Er hat sich unheimlich gesteigert. Am Anfang hat man gemerkt, dass er sich schwer tut, was auch verständlich ist, wenn man vom Tourenwagen- in den Formelsport wechselt. Das war trotz seiner Formel-3-Erfahrung ein Riesenschritt. Später wurde er aber konstant immer besser."
Hans-Joachim Stuck: "Bei den Nachzüglern kann man die Leistung immer schwer einschätzen, aber er hat sich im Verlauf der Saison auf jeden Fall gesteigert. Manchmal hätte man vielleicht ein Highlight erwartet, das dann doch nicht gekommen ist, aber mit einem Minardi ist das halt auch nicht so einfach."
Statistiken zu Christijan Albers' Saison:
Fahrerwertung: 19. mit 4 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 19 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 0 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 17,3 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 13. (Japan)
Bestes Ergebnis Rennen: 5. (USA)
Gefahrene Führungsrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Ausfallsrate: 32 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 9 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 2.092 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 3 (Gesamtübersicht)

