Saisonanalyse Teil 6: Patrick Friesacher

Lesen Sie im sechsten Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr von Minardi-Cosworth-Pilot Patrick Friesacher

(Motorsport-Total.com) - 14. Februar, irgendwo in Kärnten: Bei Patrick Friesacher klingelt das Handy - Manager Thomas Frank unterrichtet seinen Schützling vom Stammvertrag bei Minardi-Cosworth. Dabei hatte es wenige Tage zuvor nur nach einem Engagement als Testfahrer ausgesehen, doch bei Nicolas Kiesa zahlten einige Sponsoren nicht, weshalb urplötzlich ein Cockpit frei wurde.

Titel-Bild zur News: Patrick Friesacher mit seiner Freundin Evi

Von seiner Freundin Evi kann sich Patrick Friesacher derzeit trösten lassen...

Tags darauf zerriss Teamchef Paul Stoddart bei einer Pressekonferenz im Veldener Casino am Wörthersee theatralisch den Testfahrervertrag - und als Friesacher seine Unterschrift unter den neuen Deal setzte, kullerte ihm das eine oder andere Tränchen über die Backen. Der zu dem Zeitpunkt noch 24-Jährige hatte sich soeben einen Bubentraum erfüllt und hatte offensichtlich noch keine böse Vorahnung davon, was später auf ihn zukommen würde...#w1#

Sponsorendeals: Wie gewonnen, so zerronnen...

'F1Total.com' fragte damals nach, ob ihn theoretisch dasselbe Schicksal wie Kiesa ereilen könnte, doch Friesacher winkte demonstrativ ab: "Nein, das wird sicher nicht passieren!" Denkste: Bereits im Mai geriet er mit seinen Zahlungen an Minardi in Verzug, weil einige der Sponsoren nur per Handschlag zugesagt hatten, und nach dem Grand Prix von Großbritannien am 11. Juli war der Traum von der Formel 1 erst einmal ausgeträumt.

Sportlich zog sich der Österreicher, der vor der Königsklasse des Motorsports vor allem durch seine beiden Formel-3000-Siege in Budapest 2003 und 2004 aufgefallen war, angesichts seiner spärlichen gut 400 Testkilometer an Erfahrung recht gut aus der Affäre, zumal er bei der Premiere in Melbourne wegen des Skandals um Minardis Vorjahresautos am Freitag nicht trainieren konnte. Dennoch kam er als 17. ins Ziel - und seine beste Rennrunde war schneller als jene von Christijan Albers.

Friesacher bot anschließend immer wieder starke Leistungen, konnte allerdings realistisch betrachtet nur an seinem Teamkollegen gemessen werden. In den Qualifyings setzte er sich gegen den Niederländer mit neun zu acht knapp durch, allerdings verpasste er in Indianapolis die Chance, beim denkwürdigen Sechs-Auto-Rennen auf sich aufmerksam zu machen - auch, weil in den USA ein Boxenstopp in die Hose ging und seine Strategie deshalb nicht aufgehen konnte.

In den Straßen von Monaco geigte Friesacher groß auf

Sein eindeutiges Saisonhighlight setzte er mit einem sensationellen Wochenende in Monaco - bereits im neuen PS05-Chassis -, an dem er den 13. Startplatz herausfightete und in der schnellsten Rennrunde Albers um mehr als eine Sekunde deklassierte, im Rennen selbst allerdings mit einem Unfall ausschied. Eine ähnlich starke Performance wäre ihm mit Sicherheit auch auf seiner Heimstrecke in Ungarn zuzutrauen gewesen, doch dort saß bereits Robert Doornbos im Cockpit.

Patrick Friesacher

In Monaco setzte Patrick Friesacher sein absolutes Glanzlicht der Saison 2005 Zoom

Bei seinen elf Auftritten konnte der sympathische Punkrock-Fan also durchaus mit gutem Speed punkten, allerdings rief er sein volles Potenzial - wohl bedingt durch die praktisch nicht vorhandenen Testmöglichkeiten im Winter - nur sehr unregelmäßig ab. Dass in den letzten Wochen seiner Saison auch noch die österreichischen Medien verrückt spielten, weil die Gerüchte um die ausständigen Zahlungen immer akuter wurden, dürfte seiner mentalen Verfassung kaum geholfen haben.

Derzeit bemüht sich Friesacher, der sich nach dem Politikum um seine Sponsoren von Manager Frank getrennt hat, um einen Testvertrag bei einem anderen Team, wobei er noch keine konkreten Kontakte in der Hand hat. Auch bei Red Bull, wo er einst noch vor Christian Klien als heißeste Nachwuchshoffnung aus der Alpenrepublik gehandelt wurde, stehen im keine Türen mehr offen, seit er aus dem Nachwuchskader des Energydrink-Herstellers ausgestiegen ist...

Analyse der 'F1Total.com'-Experten:

Marc Surer: "Friesacher hat unheimlich gute Ansätze gezeigt. Ich hätte ihn gern länger gesehen. Seine guten Leistungen zu Beginn gegen Albers sind aber schwer einzuschätzen, weil man nicht weiß, wie es Ende des Jahres ausgesehen hätte. Von den Minardi-Fahrern in diesem Jahr war er wahrscheinlich der schnellste."

Hans-Joachim Stuck: "Vom ihm habe ich zu wenig gesehen, daher kann ich ihn nicht beurteilen."

Statistiken zu Patrick Friesachers Saison:

Fahrerwertung: 21. mit 3 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 11 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 0 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 17,7 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 13. (Monaco)
Bestes Ergebnis Rennen: 6. (USA)
Gefahrene Führungsrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Ausfallsrate: 55 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 3 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 800 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 0 (Gesamtübersicht)

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