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Saisonanalyse Teil 28: Red-Bull-Cosworth
Lesen Sie im 28. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr des Red-Bull-Cosworth-Teams
(Motorsport-Total.com) - Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Red Bull den Jaguar-Rennstall von Automobilhersteller Ford übernommen hat. Am 15. November 2004 wurde der Deal offiziell bekannt gegeben, nachdem sich Energydrink-Milliardär Dietrich Mateschitz mit seinem Angebot gegen andere Interessenten wie Hyundai oder Stahlmagnat Alexander Shnaider durchgesetzt hatte.

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Die Roten Bullen aus Österreich mischten die Formel 1 2005 gehörig auf
Favorisiert wurde das Gebot des Österreichers, weil er zwar keinen prallen Geldkoffer auf den Tisch legen wollte, dafür aber einen konkreten Sanierungsplan vorweisen konnte - Jaguar war damals sowohl finanziell wie auch sportlich schwer angeschlagen, die Moral in der Fabrik in Milton Keynes auf dem absoluten Tiefpunkt. Wäre Red Bull nicht als neuer Eigentümer eingesprungen, hätte Ford das Projekt wohl einstampfen müssen.#w1#
Mit Purnell und Pitchforth wurde ein Exempel statuiert
Skeptisch beäugt wurde das Engagement des vier Milliarden Euro schweren Unternehmens mit Sitz in Fuschl am See bei Salzburg zunächst allerdings nicht nur von der britischen Presse, sondern zum Teil auch von der Belegschaft, die monatelang nicht wusste, ob und wie es überhaupt weitergehen würde. Als Mateschitz dann auch noch die respektierte Führungsachse bestehend aus Tony Purnell und David Pitchforth vor die Tür setzte, schrieben die Medien sogar von einer "Austro-Mafia".
Doch klar war, dass sich angesichts der anhaltenden Erfolglosigkeit der Truppe, die 2000 aus dem ehemaligen Stewart-Rennstall hervorgegangen war, auf jeden Fall etwas ändern musste - und mit der Entlassung zweier ehemaliger Entscheidungsträger verschaffte sich die neue Führungsriege um Mateschitz und dessen Motorsportberater Helmut Marko gleich einmal Respekt. Der Belegschaft wurde signalisiert: So kann es nicht weitergehen - aber wer gut arbeitet, darf bleiben.
Von Österreich aus wurde mit Arden-Eigentümer Christian Horner der jüngste Teamchef der Formel 1 als Leiter für die Fabrik in Milton Keynes verpflichtet, während Mike Gascoynes ehemaligem Schüler Mark Smith und Opel-DTM-Mann Günther Steiner, der in der Lauda-Ära schon einmal für Jaguar tätig war, die Technikabteilung anvertraut wurde. Anfang Februar bekommt dieses Duo in Form von Stardesigner Adrian Newey prominente Verstärkung.
Red Bull ging mit einem umbenannten Jaguar an den Start
Der RB1, mit dem McLaren-Mercedes-Altstar David Coulthard und Christian Klien in Australien die Saison eröffneten, basierte technisch auf dem noch von Jaguar entwickelten Fahrzeug. Red Bull schaffte es aber, die menschliche Seite des Teams binnen kürzester Zeit wieder auf Vordermann zu bringen, während man gleichzeitig hinter den Kulissen alles für die Saison 2006 in die Wege leitete, in der man bekanntlich erstmals voll angreifen möchte.
Dass Regen im ersten Qualifying am Samstag dann gleich bei der Premiere der rasenden Getränkedosen die Startpositionen fünf und sechs einbrachte und dass Coulthard dann sogar im Rennen die Topteams ärgern und als Vierter fünf Punkte einfahren konnte, kam für alle überraschend - und Klien rundete mit seiner bis dahin wahrscheinlich besten Vorstellung in der Formel 1 als Siebenter den Einstandserfolg ab.
Zuverlässigkeit spülte Coulthard/Klien oft in die Punkteränge
Coulthard/Klien profitierten zu Saisonbeginn von den Zuverlässigkeitsproblemen der Konkurrenz, während ihr RB1 wie ein Uhrwerk lief. In Malaysia schafften es wieder beide Piloten in Qualifying und Rennen unter die besten Acht, und in Bahrain sicherte sich Klien mit einer beeindruckenden Vorstellung den siebenten Startplatz. Dass er dann jedoch bereits vor dem Start auf dem Grid stehen blieb, war der erste echte Rückschlag für Red-Bull-Cosworth.

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Relaxt: Liuzzi, Coulthard und Klien verstanden sich hervorragend... Zoom
In Imola, Barcelona, Monte Carlo und am Nürburgring kam im Zuge der speziell bei den betroffenen Piloten umstrittenen Cockpitrotation erstmals Vitantonio Liuzzi zum Zug, der bei seinem Debüt dank des Tankskandals um BAR-Honda prompt einen Punkt holte. Anschließend konnte der Italiener die nach seiner überragenden Formel-3000-Saison 2004 hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen, weshalb Klien ab Montréal nicht mehr ausgewechselt wurde.
Weil das Team mit einem wesentlich geringeren Budget als die großen Werke auskommen musste und weil Cosworth den guten Basismotor nur schleppend weiterentwickelte, fiel man ab Juni in den Leistungen doch etwas ab. Speziell der in seinem Auftreten erfreulich erfrischende Coulthard schaffte es jedoch mit seiner immensen Routine, die in der Aufbauphase besonders von den Ingenieuren geschätzt wurde, immer wieder in die Punkte zu fahren.
Führungsrunden am Nürburgring und in Suzuka
Ein absolutes Highlight setzte der Schotte beim Grand Prix von Europa am Nürburgring, als er wegen eines langen ersten Stints im Rennen kurzzeitig sogar in Führung lag und am Ende trotz einer unnötigen Durchfahrstrafe als Vierter über die Ziellinie rollte - ein Resultat, das bis Saisonende nicht mehr wiederholt werden konnte. Ermutigend: Red-Bull-Cosworth blieb nie länger als drei aufeinander folgende Grands Prix ohne Punkte.
Die österreichisch-britische Crew bewies in ihrem ersten Jahr auch, dass man nicht eine Neuentwicklung nach der anderen vorstellen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben, sondern sie spezialisierte sich darauf, aus den gegebenen Möglichkeiten das Maximum herauszuholen. Dass Cosworth auf das in Nordamerika eingeführte V10-Upgrade keine weiteren Ausbaustufen mehr folgen ließ, wirkte sich auf die Performance nicht negativ aus, wie Klien als Fünfter in Shanghai unter Beweis stellte.
Aufgrund der BAR-Honda-Schlappe von Imola hätte es unterm Strich für Red-Bull-Cosworth beinahe für den sechsten WM-Rang bei den Konstrukteuren gereicht, letztendlich fehlten darauf aber vier Punkte. Immerhin hatten Mateschitz' Jünger aber das Team von Peter Sauber, von dem man sich als Sponsor nach einer langjährigen Zusammenarbeit im Winter getrennt hatte, sicher im Griff - ein wichtiger Prestigeerfolg.
Red Bull brachte den Spaß ins Formel-1-Fahrerlager zurück
Noch mehr Aufsehen als die sportlichen Resultate produzierte aber der Auftritt der unbeschwerten Truppe, die den Spaß ins Fahrerlager zurückbrachte und keine Kosten und Mühen scheute, um die Marke Red Bull ihrem dynamischen Image entsprechend zu präsentieren. Diese Strategie begann mit der Megaparty mit Popstar Pink in Melbourne, setzte sich fort über das gigantische Motorhome und wurde mit Features wie einem Modelcontest und einer eigenen Fahrerlagerzeitung gepflegt.
Mateschitz setzte auf sein Formel-1-Projekt jedoch sogar noch eins drauf, übernahm auch das Minardi-Team von Paul Stoddart und wird daher 2006 sogar mit zwei Rennställen in der Königsklasse des Motorsports vertreten sein. Für Red-Bull-Ferrari werden Coulthard und Klien sowie Freitagstestfahrer Neel Jani an den Start gehen, während die Scuderia Toro Rosso die Youngsters Liuzzi und Scott Speed mit Cosworth-V10-Motoren einzusetzen gedenkt.
Analyse der 'F1Total.com'-Experten:
Marc Surer: "Der RB1 war der beste Jaguar, den es je gegeben hat! Es ist so: Nimm den Leuten Geld weg und gib ihnen stattdessen neue Motivation - und schon läuft es! Größtenteils sind es noch dieselben Leute wie bei Jaguar, aber das Team macht jetzt einen viel motivierteren Eindruck. Wahrscheinlich arbeiten die Mechaniker mit den ganzen Mädchen in der Box besser..."
Hans-Joachim Stuck: "Für mich die Aufsteiger des Jahres! Was die hinbekommen haben, ist erstaunlich, denn ihnen hat niemand diese Ergebnisse zugetraut. Außerdem haben sie frischen Wind in die Formel 1 gebracht, ein paar alte Zöpfe abgeschnitten. Wenn es ein Punkteschema geben würde, würde ich sagen: 100 Punkte für Red Bull!"
Statistiken zur Saison des Red-Bull-Cosworth-Teams:
Teamwertung: 7. mit 34 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 18 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 0 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 0 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 7,4 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 4.
Bestes Ergebnis Rennen: 4.
Gefahrene Führungsrunden: 2 (Gesamtübersicht)
Ausfallrate: 14,0 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 42 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 27.223 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 4 (Gesamtübersicht)

