• 30.08.2004 09:46

  • von Fabian Hust

"Routinierte Freude" über den siebten WM-Titel

Langsam aber sicher scheinen die WM-Titel zur Routine zu werden, sowohl für Schumacher und Ferrari als auch für seine Fans

(Motorsport-Total.com) - "Jeder Titel fühlte sich anders an", meinte Michael Schumacher nach dem Belgien-Grand-Prix, in dem er mit seinem zweiten Platz den Sack vorzeitig zumachte. Ein wenig euphorischer als sonst jubelte der Kerpener bei seiner Zieldurchfahrt. Dieses Mal gab es aber weder Tränen der Freude noch musste das Lenkrad seines Autos vor lauter Jubelausbrüchen daran glauben. Das Gewinnen von WM-Titeln scheint für den Deutschen langsam zur Routine zu verkommen. Es war ja auch sein siebter Titel und der fünfte in Folge - so viele holte der große Juan Manuel Fangio in seiner ganzen Karriere.

Titel-Bild zur News: Ferrari-Team

Das Ferrari-Team brauchte ein paar Sekunden, bis es auftaute...

"Auf der Pressekonferenz haben mich die Journalisten gefragt, warum ich mich gar nicht so richtig freue, aber - ich freue mich, sehr sogar, aber irgendwie hatte sich das alles so schnell nach dem Rennen noch gar nicht gesetzt", berichtet Michael Schumacher auf seiner Internetseite. "Ich bin noch ganz ergriffen, ich kann es wohl noch gar nicht fassen." Die gebremste Freude direkt nach dem Rennen hatte vielleicht einen guten Grund: "Wahrscheinlich, weil ich das Rennen nicht gewonnen hatte."#w1#

Nicht nur das Gewinnen von Titeln ist für Michael Schumacher längst Routine geworden, der 35-Jährige gewann bis Spa auch zwölf der ersten 13 Rennen, da war die Enttäuschung doch recht groß, ausgerechnet den Titelgewinn ohne Sieg feiern zu "müssen" und das auch noch auf seiner Lieblingsstrecke, wo er so gerne gewonnen hätte: "Man kann nicht immer gewinnen, heute hatte Kimi einfach eine super Pace, ich kam nie nah genug heran, um ihn anzugreifen. Da muss man den McLaren-Mercedes einfach Respekt zollen. Sie haben einen tollen Job gemacht und verdient gewonnen."

Ferraris Technischer Direktor Ross Brawn hatte nach dem Rennen den Eindruck, dass Michael Schumacher im Rennen den Sieg nicht um jeden Preis einfahren wollte: "Ich denke, dass Michael ein sehr vorsichtiges Rennen fuhr und versuchte, keine unnötigen Risiken einzugehen. Er wusste, dass er das Rennen vor Rubens beenden muss und das hat er getan." Der Deutsche meinte nach dem Rennen: "Bei den kommenden Rennen können wir nur noch Spaß haben, da muss ich nicht mehr auf den Titel achten."

Auch in der Ferrari-Box brauchte es einige Sekunden, bis die große Freude durchbrach. Irgendwie lag auch hier den Teammitgliedern das verlorene Rennen zunächst schwer im Magen. Dann füllte man selbigen jedoch lautstark im Motorhome mit Schampus. "Jetzt wird erst mal anständig gefeiert!", so Michael Schumacher, der keinen Hehl daraus machte, dass er einen über den Durst trinken wird. "Ein Transporter hat sich von Köln auf den Weg hierher gemacht", kündigte Manager Willi Weber nach dem Rennen die feucht fröhliche Sause an.

In Kerpen feierte der harte Kern der Schumacher-Fans den Titel. In der Heimatstadt des Rekordrennfahrers versammelten sich rund 400 Fans, in der Vergangenheit waren es auch schon einmal 3.000 gewesen. "Für uns ist das Feiern eben schon Routine", wird Kerpens Bürgermeister Ralf Valkysers von der 'dpa' zitiert. Die Fans waren sich eben sicher, dass Schumacher den Titel gewinnen würde. Es wurde ein packendes Finale vermisst, wie einst gegen Mika Häkkinen.

Auch abseits des Rathausplatzes wurde gefeiert, mit Flaggen, die aus den Fenstern hingen und ein paar dutzend Autos fuhren hupend durch die 60.000-Einwohner-Stadt. Der Rathaussaal konnte übrigens nicht zum Feiern verwendet werden, er war frühzeitig für ein Damen-Schachturnier vermietet worden. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Ferrari-Stadt Maranello. Auch hier fiel die Freude über den Titelgewinn deutlich zurückhaltender aus als in den Jahren zuvor.

Für die Fans war es schade, dass sie den Titel ohne ihr Idol feiern mussten: "Wir würden uns wünschen, dass er sich bei seinen Kerpener Fans mal wieder blicken lässt. Der letzte offizielle Besuch ist schon drei Jahre her", so der Bürgermeister von Kerpen. Zu gerne würden die Fans "ihrem Mischael" zujubeln, so wie es die Fans anderer Sportler oder Mannschaften oftmals tun können. Der Ferrari-Pilot wird sich zumindest bei den Ferrari Racingdays (3.-5. September) auf dem Nürburgring seinen Fans zeigen.